Briefwechsel Peter Kolb


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Francke, August Hermann (1663-1727)[1]
Empfänger Kolb, Peter (1675-1726)
Ort Halle
Datum Ende 1709?
Signatur Franckesche Stiftungen zu Halle. Archiv: AFSt/M 1 C 13a : 6
Transkription Hans Gaab, Fürth; Andreas Henkel, Wunsiedel

H. M Kolben in Cabo

Sehr werthgeschätzter Herr u.
freund,

Deßelben sehr geliebtes vom Monat Majo. a. 1709.[2] hab ich wohl empfangen. Für die große Mühe, so derselbe übernommen, die von dem H M. Gründler[3] vorgelegte fragen so umständl. u. ausführl. zu beantworten, bin ich demselben zum höchsten verbunden, u. wünsche von Hertzen, daß ich solches auf einige Weyse durch angenehme dienste gleich machen könne. Was auch derselbe sonst für Liebe u. Freundschafft denen das letztere u. vorige mal von hier nach Ost=Indien gehenden Freunden[4] erzeiget hat, solches erkenne ich, als ob es mir selbst geschehen wäre mit gebührenden Danck. Es gereichet nicht weniger zu meiner u. meiner Collegen hertzl. Freude, daß wir an meinen gel. Freunde einen unsren gewesenen lieben auditorem[5] an so fernen Orte haben. Gott laße unser Gebeth auf demselben ruhen zu deßen zeitl. u. ewigen Wohlfarth.

Dem publico wird es gar angenehm seyn, wenn mein Herr von den Hottentotten einen Tractat ans Licht geben wird. Ich halte davor, daß solcher am angenehmsten seyn werde, wenn er in Form von Briefen heraus käme und wenn Vers(1) nur ein brief geschrieben würde, von 2. 3. biß 4. gedruckten bogen [verbessert aus: der etwa 4 gedruckte bogen lang wäre oder weniger] oder weniger, so würde

[Bl. 1v]
solches Gelegenheit geben solche Fragen zu formiren, deren Beantwortung zu einer gründlichen Nachricht dienete, so denen in den folgenden Briefen ertheilet werden könte. Daß der H. Gründler demselben ein klein Hauß- u. Feld Apotheckchen gelaßen mit der dazugehörigen instruction H. D. Richters, ist mir Lieb u. wünsche dem Nechsten dadurch einiger Nutzen zu gewachsen, wie, nach deßen Bericht an des H. Valentin Kleinfelds[6] Ehe=frau sich solcher Nutzen zu zeigen angefangen. Diesen sehr gel. Freund H. Valentin Kleinfeld bitt ich von meinetwegen freundlichst zu grüßen, u. ihn vor die mir gesante obligation über 45 Thaler, so derselbe dem Waysen=Hauße geschencket, Danck zu sagen. Es ist zwar ietziger Zeit der Zustand in der Unter=Pfaltz so beschaffen, daß ich nicht weiß, was von solcher Forderung zu hoffen seyn möchte, indeßen werde ich suchen, ob noch was zu erhalten, u. ist dieses das este Geschencke, so aus Affrica ans Waysen=Hauß gekommen, so mir um des willen desto angenehmer gewesen; u. mache ich deraus einen solchen Schluß, daß ehe mich Gott in meinem auf Ihn gesetzten einfältigen Vertrauen solte laßen zu schanden werden, so müste eher Africa das Waysenhauß mit un=

[Bl. 2r]
terhalten helfen, dem Freunde Johannes Roterdam[7] bitte ich auch von mir zu grüßen u. ihm zu melden, daß der Apothecker Hoffstädt bereits vor etl. Jahren gestorben, seine Erben aber sich noch hier befinden. Von dem H. von Kroßick berichte ich meinem werthen freunde, daß derselbe hier zwey Söhne in diesem Jahr in unßerm Paedagogio unterrichten laßen, ich hoffe daß er selbst an meinen werthen Freund werde geschrieben haben. Konte für unsren hortum medicum u. naturalien Cammer des Waysen-Haußes etwas von seminibus u. curiositaeten übersendet werden, so ist meine Adresse in Amsterdam an H. Simler und Kellermann --- u. würde ich sehr dafür verbunden seyen; jedoch verlange ich solches nicht, wenn es mit einiger deßen Beschwerung geschehen solte. In meinem Briefe an H. Johannes Blankenberg[8] habe ich kürtzl. berichtet, in welchem Stande wir jetzt bey dem Waysen=Hauße u. angerichteten Schulen sind. Ich empfehle hiemit meinen werthgeschätzten Herrn u. Freund der Gnade Beschirmung u. Regierung Gottes, u verharre

Gebeth u. Dienste
ergebenster

deßelben
A. H. Francke


P. S.
Hiebey habe zu einiger deßen Er=
bauung ein klein Tractaetl.
fügen wollen.

Einfügung auf Blatt 2r am oberen linken Rand:
Es hat erwähnter Hl. Valentin Kleinfeld ein
- Apotheckchen à 15 fl. Holländische volo[...??] verlangt, solches wird demselbigen hiebey gesendt, die Zahlung ist dafür in austand noch nicht geschihet, wird aber von den H Simmler und Kellermann [...] geschickt werden. Es kommt auch für meinen werhrten Freund zum present ein Apothekgen hiebej.


Fußnoten

  1. Zu Francke siehe die Anmerkung im Brief vom 21.06.1700 an Eimmart.
    Im Brief an Heinrich Plütschau (1677-1752), Bartholomäus Ziegenbalg (1681-1719), Johann Ernst Gründler (1677-1720) und Polycarp Jordan (1677-1728) referiert Francke den Inhalt des vorliegenden Briefes.
  2. Kolbs Brief ist nicht erhalten. Kolb erwähnt den Kontakt mit Francke und die Besuche der Missionare in den Jahren 1706 und 1709 in seiner Autobiographie (Bl. 3v).
  3. Johann Ernst Gründler (1677-1720), zuvor Lehrer an Franckes Pädagogium, reiste 1708/09 zusammen mit Johann Georg Boeving (Bövingh) als Missionar nach Tranquebar, dem heutigen Tharangambadi im südlichen Indien. Nach der Ankunft am Kap (20. April 1709) berichtete Gründler am 4. Mai an August Hermann Francke über die Verhältnisse dort (insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit, unter Sklaven und Hottentotten zu missionieren) und über das Zusammentreffen mit Peter Kolb:
      "Den Hn. M. Kolben, habe ich hier gesprochen, er hat lange keine briefe von dem Hn. von Goseck [Krosigk] erhalten, u. weiß nicht woran er ist. Zu seiner Subsistenz braucht er alle monat 20 rthl. dafür er, wie er sagt, genau haus halten muß. Er wird aber selbst von vielen puncten nachricht an Ew. HochEhrw. überschreiben, welches ihm, wie ich verspüre, lieb ist, daß er dazu gelegenheit bekömmt. Ich habe Ihm ein Memorial mit vielen fragen, welche theils H. Neubauer mir mitgegeben, theils ich selbst auf gesetzet habe, überreichet, darauf er völlige Nachricht überschicken wird. Er wird von Hottentotten so viel communiciren, als noch niemahls bey uns in Europa bekannt gewesen ist von diesem armen Geschlechte. Es ist wohl dieses das aller elendigste Volck in der gantzen welt. [...] Es wird auch gemeldter H. Kolbe von denen Sclaven deren die meisten von Madagascar herauf [?], aber auch noch von anderen heydnischen Orten hierher erkauffet sind, Nachricht geben. Ich war in ihrer Schule [...] Er hat auch versprochen ex regno naturae einiges zu communiciren. Ich erkennete vor gut, ihm das Apothekgl. zu übergeben, weil er unter den hiesigen Einwohnern, alwo auch die vom Schiffe logiren, gute bekanntschafft hat, daß also der Endzweck durch ihn eher erhalten werden möchte als wenn ichs den Prediger offerirt hätte. [...]"  
  4. Ende April 1706 hatten bereits die dänisch-halleschen Indien-Missionare Bartholomäus Ziegenbalg (1682-1719) und Heinrich Plütscho(w)/Plütschau (1676-1752) Kolb besucht und ihn auch in ihrem Bericht kurz erwähnt:
      "Wir haben allhier zugleich einen Hällischen Studiosum angetroffen / M. Colben / welcher von dem Herrn geheimen Rathe / Baron von Croseck / aus Berlin um deswillen hieher geschicket worden / daß er alle Tage das gantze Jahr durch die Observationes Astronomicas dieses Orts aufzeichnen soll. Bey einem Studioso aus Königsberg haben wir unser Logiament."  
    • Merckwürdige Nachricht aus Ost-Indien, Welche Zwey Evangelisch-Lutherische Prediger, Nahmentlich, Herr Bartholomäus Ziegenbalg [...] Und Herr Heinrich Plütscho [...] an einige Prediger und gute Freunde in Berlin überschrieben. Leipzig, Frankfurt 1708, S. 8.
  5. Kolb hatte in Halle auch Vorlesungen bei Francke gehört, vgl. Autobiographie Bl. 2r.
  6. Valentin Kleinfeld gehörte zum engsten Bekanntenkreis Kolbs am Kap (33 Nennungen im Tagebuch 1708).
  7. Johann Rotterdam, ehemaliger Bürgermeister, Hauptopponent des verhassten Gouverneurs van der Stel, gehörte zum engsten Bekanntenkreis Kolbs (37 Nennungen im Tagebuch 1708).
  8. Johannes Blanckenberg gehörte zum weiteren Bekanntenkreis Kolbs, Kolb hatte 1706 seinen Gönner von Krosigk in Berlin um die Einlösung eines Wechsels für Blanckenberg bemüht, vgl. Krosigks Brief vom 03.11.1706 u. ö.

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