Briefwechsel Johann Philipp von Wurzelbau


Kurzinformation zum Brief  
Autor Wurzelbau, Johann Philipp (1651-1725)
Empfänger Junius, Ulrich (1670-1726)
Ort Nürnberg
Datum 25. Februar 1699
Signatur Universitätsarchiv Leipzig: Ms 01322, Bl. 391r-v

[Bl. 392v: Anschrift]
Monsieur
Monsieur Ulric Juni
Mathematicién tres excellent
à Leipzig
franco
Zusatz
per addresse Friedrich Lanckischen
Seel. Erben Leopzig den 28 Febr; 1699
P S.
wird Tit. Herrn Kirchen zur schleunig
en Händigung dienstl. recommendirt

[Bl. 391r]
HochgeEhrter Herr


Dero werthes von 28 Jenner zu beanworten, bin ich bißanhero durch allerhand Geschäffte wider meinen Willen verhindert worden.   Die editio manualis Bartschiani[1] dürffte wohl noch einige Zeit anstehen, weilen Herr D.r Eisenschmidt[2] in Straßburg an einem hefftigen Rheumatismo etliche Monat darnieder gelegen, worvon er noch vor Einem Monat sich dermassen schwach befunden, daß er sich außer Haus zu gehen noch nicht getrauet hette, hoffe aber mit nechsten die erwünschte besserung und völlige restitution zu vernehmen, da dann künfftig von Ihme der Edlen Mathesi nicht wenig promotiones zu hoffen seÿn werden.   Die untersuchung der reliquien von Scriptis Kepleri wie auch der neueren Hugenii, hat nicht Eÿle, und wäre mir leÿd wann mein HochgeEhrter Herr ausser gut eräigender gelegenheit sich übrige mühe aufladen sollte, die Astroscopiam Compendariam[3] habe ich albereit seit etlichen Jahre, bestehet nur in 2 bögen, daferne es albereit versandt mag es dabeÿ sein bewenden haben, und für

[Bl. 391v]
die unterschiedliche schöne extracte will ich hiemit schuldigstem danck abgestattet haben.   Zu verlangter Nachricht diene: daß Hevelii Epistola ad Eichstadium in Einem patent bogen und Kupferblat bestehe, hält in sich die A.° 1649 observirte Sonnenfinsternuß, die Epistola ad Gassendum et Bullialdum hat 2 bögen, begreifft die ☉finsternuß A.° 1652 diesen ist unter einem allgemeinen titel beÿgefügt die Epistolaad Ricciolum de motu Lunae libratorio und der ad Nuncerium de atriusque luminaris defecta A.ni 1654 beede in 18 bögen u. 6 Kupferblaten bestehende.[4]   Herr Kirch[5] hat in lezteren seinem Schreiben unterschiedliche schöne observationes eine darunter die jüngste conjunctionam Saturni et Martis communicirt,[6] berichtet auch daß er mir Trigonometriam Ursini[7] mit gelegenheit übersenden wolle, so ich nun gewärtig bin, ersterwehnte conjunctionem habe ich alhier anderst nicht alß durch die von hefftigen Sturmwinden schnell für übergetriebenen wolcken albereit in defluxu den 24 Decembris durch bloße aestimationem proportionis distantarum folgender massen observieren können: distantia ♀ ♄. 3⅓. ♀ ♂. 3½ ♄ ♂ 1½. ♄ ★ ♑ 2. ♂ ★ 1⅞ distantium Martem inter et fixam aestimavi circ. 1.° 30'. Was an dieser observation abgehet, kan durch beÿgefügte Herrn de la Hire[8] in Paris gehaltene genaue observation ersehet werden.   Ich verharre stets unter Göttlicher Gnaden ergebung.

Meines HochgeEhrten Herrn

Nürnberg
den 25 febrer
1699

Dienstergebenster
JPWurzelbaur


[Bl. 392r]

à Paris á l'Observatoire Royal
le 18 Janvier. 1699.

la derniere conjonction de ♄ et ♂ nous avons trouvée icy plus tôt de plusieurs heures que ne marquint les Ephemerides d'Argolus[9] car malgre le mauvais temps.

1.d Jan: 1699. Vesp: 5.h 45.' distancia inter ♄ et ♂ 6.' 20.''  
    6. 14   5. 45.  
    6. 34   4. 45.  
  horâ 6:ta distancia inter ♀ et ♂ 2.° 9.'
3. d. horâ 6:ta distantiae
  inter ♀ et ♂ 2.° 59.' 20.''  
    ♀ et ♄ 2. 40. 30.  
    ♂ et δ♑ 1. 31. 40.  
    ♄ et δ♑ 1. 48. 20.  
  h.6. 22.' ♄ et ♂ 1. 19. 20.  
4. d. 5.h ♄ et ♂ 1. 55. 30.  


Fussnoten

  1. Das genannte Werk erschien 1700:
    • Tabulae Manuales Logarithmicae Ad calculum Astronomicum, in specie Tabb. Rudolphinarum compendiose tractandum mire utiles. Straßburg: Lerse 1700
  2. Johann Caspar Eisenschmidt (1656-1712) war ein Mathematiker aus Straßburg.
  3. Möglicherweise sind hier die Sternkegel von Wilhelm Schickard (1592-1635)gemeint, die unter dem Titel Astroscopium herauskamen.
  4. Hevelius, Johannes (1611-1687): Johannis Hevelii Epistolae IV.: I. De observatione deliquii solis Anno 1649. habita. Ad [...] Laurentium Eichstadium [1596-1660] [...] II. De eclipsi solis anno 1652 observatâ. Ad [...] Pet. Gassendum [1592-1655] & Ism. Bullialdum [1605-1694] [...] III. De motu lunae libratorio Ad [...] P. Joh. Bapt. Ricciolum [1598-1671] [...] IV. De utriusq[ue] luminaris defectu anni 1654. Ad [...] Petrum Nucerium [...]. Danzig: Mollerus 1654
    Zu Petrus Nuncerius (1606-1693) siehe
    • Keil, Inge: Augustanus Opticus. Johann Wiesel (1583-1662) und 200 Jahre optisches Handwerk in Augsburg. Berlin: Akademie-verlag 2000, S. 105, 144.
    Vgl, hierzu auch den Brief vom Juni 1698.
  5. Zu Gottfried Kirch (1639-1710) siehe
    • Herbst, Klaus-Dieter: Gottfried Kirch. Astronom, Kalendermacher, Pietist, Frühaufklärer. Jena: HDK 2022
  6. Dieses Schreiben ist nicht überliefert.
  7. Ursinus, Benjamin (1587-1633): Trigonometria cum magno Logarithmor. Canone. Köln: M. Guttij 1625
  8. Philipp de la Hire (1677-1719) war ein französischer Mathematiker.
  9. Andrea Argoli (1570-1657) war ein italienischer Mathematiker.

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