Briefwechsel Johann Philipp von Wurzelbau


Kurzinformation zum Brief  
Autor Wurzelbau, Johann Philipp (1651-1725)
Empfänger Junius, Ulrich (1670-1726)
Ort Nürnberg
Datum 25. November 1699
Signatur Universitätsarchiv Leipzig: Ms 01322, Bl. 404r-405r

HochgeEhrter Herr


In Antwort meines HochgeEhrten Herrn unterschiedlicher sehr werthen, sage anvorderist schuldigsten danck vor sovielfältige communicationes so wohl des von Hl. Kirch[1] observirten Cometen[2] , alß auch observationum eclipseos Solis nupero, hoffend das pacquet mit 7 exemplarien der meinigen,[3] so auf 10 diß beÿ den HHl. Endterischen[4] zum Einschlag übergeben, inzwischen eingelanget seÿn werde, sollte mein HochgeEhrter Herr deren mehr verlangen, könnde damit prontantto: aufwarten: so habe auch von Hl. Schulteis[5] alhier das pacquet worinnen Hoockii Conamen[6] et Epistolae Kepleri ad Bartschium[7] seithero erhalten, auch albereit mit Lust durchlesen, deren belauff mein HochgeEhrter Herr mir auf neuen Conto sagen wolle und nachdeme vernehme daß die Biblia Junii et Tremellii[8] von accurater Wech[e]lischen edition auch albereit gebunden daselbst zu haben, alß stelle zu MHHl. dexteritet[9] selbige in bestmöglichen preis für mich zu erhandeln und förderlich zu übersenden, so ich alles samt darob ergehenden Unkosten mit danck erstatte.   An Hl. Dr. Eisenschmidt[10] und vermittelst dessen ferner addresse habe heut frühe die übersande adumbrationem[11] des vorhabenden Operis Ephemeridum sowohlen nach Straßburg alß Paris expedirt, Wann nur Hl. D:r Eisenschmidts abermahlige Unpäßlichkeit indessen remittirt und die schleunige Antwort nicht verhindert, so hoffe bald verlangte Nachricht zu geben, ich habe auch zugleich sowohlen Herrn de la Hire Tabulas Astronomicas[12] alß auch Hl. de Febure Ephemeridis[13] in duplo anzuschaffen gebeten. Meines hochgeEhrten Herrn jüngstes von 28 diß ist par negligance[14] der Postbedienten mir erst verschienen dienstag Mittags da die Post Corti[?] abzugehen in procincta albereit war eingeliefert worden, dahero, wie gerne ich mit der verlangten antwort aufs schleunigste hette bedient seÿn wollen, es bishero habe müssen ausstehen lassen.   Belangend nun das Calender Werck, so ist

[Bl. 404v]
freÿlich albereit in[...?] 2 Monat oder wohl länger beÿm Reichstag festgestellt worden, künfftig Jahr nach verflossenen 18 Februarii alten Calendern die tagzehlung für nechsteintretend Jahr 1700. mit dem Neuen Calender zu conformiren, allermassen daselbst zu Regenspurg zu menniglicher Nachrichtung ein sonderlich schemati ablang 8to edirt an die HHl. Endterischen alhier übersandt worden, worauß die praefation und was nach der Veränderung in dene heiligen Tagen differirt, extrahirt hiebeÿ copialiter übersende: Von diesen schemate haben gedachte HHl. Endterische dem Hl. Kirchen nachricht gegeben, der aber, wie ich vernehme überaus übel damit zufrieden und viellieber wünschen möchte, es hetten die Evanglischen Stände den Gregorianischen Calender platthin angenommen oder würden ihn noch annehmen alß daß nach anleitung des Schematii die Zeitverbesserung der Astronomorum Untersuchung und dahero besorgenden vielerleÿ differnden calculationen untergeben werden sollte. So viel ich vernehme hat Er auch einen Entwurff nach Seiner meinung übersandt welcher auch albereit denen Reichs-Ständen insinuirt[15] worden. Ob aber was darauf erfolgt oder zu gewarten, werde vielleicht noch vor Schluß diß von mehr besagten HHl Endterischen mich berichts erholen.   Daselbsten vernehme nun daß Herrn Kirchen eingesandtes zu Regenspurg nicht wohl aufgenommen, auch dem communicatori verweißlich aufgerucket werde, daß durch privat correspondenz dergleichen sachen tractirt werden, welche, da man dem publico zum besten bedacht wäre, vielmehr an behörigen Orten angebracht hetten werden sollen. Wolle solchemnach mein HochgeEhrter Herr auch alles diß in vertrauen gemeldetes wohl menagiren und anderst nicht alß sub fide silentii communiciren.   Übrigen bleibt es allerdings beÿ dem concluso Corporis Evangelici festgestellt allermassen solches morgen Sonntags 26 Novembr/ 6 Decembr. in Regenspl. vielleicht auch alhier von denen Canzeln publicirt

[bl. 405r]
werden solle, mit dem Anhang zur ausdrücklichen Nachricht, daß diese Veränderung und Verbesserung des alten Julianischen Calenders zu keinem andern Ende oder Absehen geschehen, alß umb dadurch so viel immer möglich die Zeit und Fest Rechnungen mit dem wahren Lauff der Sonnen und des Mondes zu vereinbaren, und für das künftige alle sonst unmöglich zu hintertreibende confusion zu vermeiden.   Was aber die albereit gedruckte Calender belangt haben die HHl Endter für diejenige so sich dieses veränderten Calenders halben des albereits beÿgedruckten Neuen Calenders nicht bedienen können oder wollen, einen bogen a parte, und auf selbigem zuvorderst einen bericht nach ausweiß des eingangs gemeldten schematis, sodann auf die übrige 11 columnen den verbesserten Calender gedruckt, welcher in so viel theile zerschnitten und auf die ohne dem leehre Seiten der Monaten im SchreibCalender aufgeleimt oder gehefftet werden können. So viel habe zu verlangter Nachricht und durch beÿhülff des Verzugs mit desto mehrern umbständen vermelden können und sollen.   Verharre nechts Göttl. Gnaden ergebung

Meines HochgeEhrten Herrn

Nürnberg
den 25 November
1699.

Dienstergebenster
JPWurzelbaur

P.S. Ob die Tabb. Streetii et Grewodii,[16] und in was preiß zu haben seÿn bitte gelegentlich zu berichten.

Fussnoten

  1. Zu Gottfried Kirch (1639-1710) siehe
    • Herbst, Klaus-Dieter: Gottfried Kirch. Astronom, Kalendermacher, Pietist, Frühaufklärer. Jena: HDK 2022
  2. Es handelt sich um den Kometen mit der offiziellen Bezeichnung 55P/Tempel-Tuttle.
  3. Sol dum ultra Aequatorem descendere videtur, interventu Lunae maximam partem occultatus Terricolis: Sive, quam ipsimet Eclipsin passi appellare malunt, Eclipsis Solis, observata Norinbergae A.O.R. MDCIC. d. 13/23 Septembris horis antemeridd. Nürnberg: Endter 1699.
  4. ↑ Die Endter waren eine bekannte Buchhändlerfamilie aus Nürnberg.
  5. Es handelt sich möglicherweise um den Maler Erhard Schultheiß, der auch als Kunsthändler bezeichnet wurde.
    • Grieb, Manfred: Nürnberg Küstlerlexikon, Band 3. München: Saur 2007, S. 1394-1395
    • Roth, Johann Ferdinand: Geschichte des Nürnbergischen Handels. Dritter Theil. Leipzig: Adam Friedrich Böhme 1801, S. 130-131
    • Tacke, Andreas: "Der Mahler Ordnung und Gebräuch in Nürnberg". München, Berlin: Deutscher Kunstverlag 2001, S. 568-569
  6. Hooke, Robert (1635-1703): Conamen ad motum Telluris probandum ex observationibus astronomi celeberrimi Roberti Hooke Regiae Societatis, apud Londinenses, Socii. S.l. 1679
  7. ↑ Lesung unsicher. Welches Werk hier gemeint ist, ist nich geklärt.
  8. Immanuel Tremellius (1510-1580) war ein zum Christentum konvertierter italienischer Jude, der von 1561 bis 1577 in Heidelberg Vorlesungen über das alte Testament hielt. Hier assistierte ihm Franciscus Junius der Ältere (1545-1602). Die Tremellius-Junius Bibel erschien erstmalig 1579. Es handelt sich um eine reformierte lateinische Ausgabe.
  9. ↑ Dexterität: Gewandtheit.
  10. Johann Caspar Eisenschmidt (1656-1712) war ein Mathematiker aus Straßburg.
  11. adumbratio (lat.): Andeutung, hier: Umriss oder Entwurf. Gemeint ist:
    • Junius, Ulrich: Epistola de dispositione ephemeridum ad Seculum XVIII conticiendarum. Leipzig 1699.
  12. 1687 veröffentlichte der französische Astronom Philipp de la Hire (1640-1718) seine Tabulae astronomicae. 1725 kam davon eine deutsche Übersetzung heraus.
  13. Jean Le Fébure war Mitarbeiter bei den Connaissance des temps ou calendrier et éphémeérides du lever et coucher du soleil, de la lune et des autres planeétes.
  14. par negligance (franz.): aus Nachlässigkeit.
  15. insinuiren: einhändigen.
  16. Thomas Street (Streete, 1621-1689) war ein englischer Astronom. 1660 veröffentlichte er seine Astronomia Carolina, die 1705 von Johann Gabriel Doppelmayr (1677-1750) in einer lateinischen Übersetzung herausgeben wurde.
    Der Autor Grewod konnte nicht identifiziert werden.

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