Briefwechsel Johann Leonhard Rost


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Rost, Johann Leonhard (1688-1727)
Empfänger Kirch, Christfried (1694-1740)
Ort Nürnberg
Datum 3. Juli 1723
Signatur UB Basel: L Ia 720, Bl. 98r-99v
Transkription Hans Gaab, Fürth

HochEdler, Vest und Hochgelahrter,
  Hochgeehrtester Herr,
   Hochgeschätzter Gönner.


Ew. HochEdl. beÿde Schreiben, samt dem Diplom u: der Medaille von der Hochlöbl Societaet[1] habe ich nebst den 2 Loht Pillen bestens empfangen; es ist mir auch dasjenige ausgerichtet worden, was Sie in Dero letzten durch die HHl. Endters[2] mir haben wißen laßen. Ob ich nun schon der Hochlöbl. Societ. so gleich meinen Danck pro receptione schriftlich überschicket, so habe doch Ew. HochEdl. höchst angenehme Zeilen, ohnmöglich eher beantworten können, weil ich schon seithero den 1 Junii kranck gelegen, und hat mir ein hartnäckigtes Flußfieber,[3] welches hier viele Leute in die andere Welt geschicket, dergestalt zugesetzet, daß ich weder Hand noch Kopf gebrauchen können. Weil ich auch erst diese Woche anfange mich wieder zu erholen u: frische Luft zu schöpfen, so wollen Sie es nicht ungünstig aufnehmen, daß ich diesesmal meinen Brief gantz kurtz mache. Ich bedancke mich aber zu erst, vor Ew. HochEdl. wolgemeinte Gratulation zur erhaltenen dignität beÿ der Hochlöbl. Societaet: und ist mir solche um so viel mehr erfreulicher gewesen, je weniger ich sie mir eingebildet habe. Ich bedancke mich auch vor die überschickten Pillen

[Bl. 98v]
wofür ich die Bezahlung künftige Herbst Meße, durch die HHl Endter werde tuhn laßen, weil Sie Ew. HochEdl. wie sie mir sagten als dann ohnedem Geld übermachten. Wollen Ew. HochEdl. mir mehr Pillen übersenden, so will sie mit Danck annehmen, es mögen derer seÿn so viel als sie wollen, und so oft sie nur einige kriegen können. Sie können sie nur in die Herbst Meße an die HHl. Endters nach Leipzig addressieren, und sich gleich dafür die Bezahlung tuhn laßen, so wol vor die bereits empfangenen 2 Loht als die künftigen, so will es Ihnen hier schon wieder erstatten. Vor die geneigteste Antwort auf meine Oster dubia, bin ich auch sehr obligirt, und bin ich bestens damit zufrieden. Sehr lieb wäre mir gewesen, wenn Ew. HochEdl. mir den Titel von dem dänischen Scripto so Sie refutiret, communiciret hätten, damit ich mir es auch verschaffen könte, weil ich alles von diesem Oster Streit zusammen trage. Ich will hier die Titel von einigen communiciren, die ich zwar selber noch nicht habe, sondern erst danach strebe, außer daß ich das erstere mir oculo fugitivo[4] durchlauffen, weil man mir es nur auf eine halbe Stunde communiciret hat. Sie lauten also:

1.) Animadversionen P. Josephi Falck Soc. Jes. circa dubium quod inter Acatholicos oritur ratione paschatis anni 1724. Monachii apud Mariam Magdalenam Riedlin viduam 1723. cum facultate superiorum. in 8o, 8½ Bogen.[5]
2.) Disquisitio Astronomica de correctione Calendarii approbata et impressa Ingolstadii A.° 1699. reimpressa Ratisbonae ad A.° 1721 in 4t.[6] (NB dieses gehöret eigentlich nicht hieher)
3.) Gutachten der Streitigkeiten des Osterfestes, auf das Jahr 1724 betreffend.[7]
4.) Ulrici Junii, Profess. Lips. Programma de Paschate Protestantium A.° 1724 celebrando. Lipsiae[8]

[Bl. 99r]
5.) Joh. Bern. Wiedeburg (Prof. Mathes. Jenens.) Disputatio de Imperfectione Calendarii Gregoriani ejusque A.° 1724 discrepantia, a Calendario correcto. Jenae.[9]

Ich will nach dem Schluß dieses Briefes selbsten zu den HHl. Endern gehen, und hören, ob sie Ew. HochEdl. von diesen Scriptis nicht schon einige überschicket: wo es aber nicht geschehen, werde ich ordre geben sie Ihnen zu verschaffen, weil ich doch weis, daß sie curiös darauf seÿn. Honoldi Tractat de ☿ in ☉[10] können sie hier nicht kriegen, ich glaube aber, wenn man in Leipzig beÿ Hl. Prof. Junio, dem er decidirt worden, nachfragte, so könte man etwan ein Exemplar kriegen.

Außer dem muß Ew. HochEdl. auch einige Observationes Satell. ♃ communiciren, wie sie von dem Jesuiten. P. Nicasio Grammatico aus Ingolstadt eingelauffen.[11]

1723 d 16 Febr. h. 6. 34. 30. immersio intimi Satell. ♃. a. m.
  d. 4 Mart. paulo ante immersionem primus ♃ Satelles, a tertio penitus obsectus est, hinc in cursus ejus in umbram nodari non potuit, qui tamen casus forte in Astronomia rarus notari meretur (NB. dieses ist ehemals Hl. von Wurzelbau, u: Hl Eisenschmid[12] zu Straßburg, in einer Woche 2 mal begegnet)
d. 27 Mart. h. 3. 24. 58. a.m. immersio secundi
        5. 11. 12. a.m. immersio intimi
d.   5 April h. 2. 19. --  a.m. ex umbra ♃ visus emergere tertius
d. 17 April h. 3. 23. 30. a.m. immersio tertii
(muß seyn 12. April)[13] h. 6. 20. 50. a.m. immersio primi

  Vor einigen Tagen, schickte er mir folgende Observationes.[14]

d. 26 Mart. h. 17. 11. 12. Immers. prim. Romae a D. Bianchini[15] h. 17. 14. 50.
d. 11 April h. 15. 30. 50.       15. 31. 45. NB
  non videtur in observatione Romanu
tempus rite correctum

[Bl. 99v]

d.   4 Maij h. 15. 43.  0.
d.   5 Junii h. 12. 11. 25
d. 12   h. 14.   3. 40.

  Immersiones secundi

d. 27 Apr. h. 15. 14. 38.
d. 29 Maji h. 14. 59.   6

  Eclipses 3. et 4ti.

d. 11 Apr. h. 15. 23. 30 Romae h. 15. 27.   0 Immersio 3 Sat.
d. 17 Maji. h. 14.   9.   0.    
d. 24   h.15. 16. 25.    
d. 12 Jun. h. 11. 14. 15. Immersio 4ti.  

  d. 17 Maji circ. med. noct. observabatur occultatio χ ♍.[16]
Ingolstadii immersio facta h. 11. 44. 56. Oeniponti[17] h. 11. 46. 32.
  e regione Galilaei
Ibid. Emersio inter Messa.
tam et Geminum --- h. 12. 54. 0. ------------ per incuriam ☉ adversu
  diameter ☽ app. altae 28.o 30.'   30.''

Mit mehren, kan ich diesesmal nicht dienen: Ich will ansonsten Ew. HochEdl. mit mehrerm Schreiben nicht beschwerlich fallen, sondern nur noch das einige hierzu tuhn, daß ich mit aller Aufrichtigkeit Lebenslang beharre

Ew. HochEdl.

Nürnb.
d. 3 Julii 1723.

gantz ergebenster u: ver-
bundenster diener.  

J L Rost.


Fußnoten

  1. Rost war am 3. Februar 1723 als Auswärtiges Mitglied in die Preußische Akademie der Wissenschaften aufgenommen worden.
  2. Die Endter waren eine bekannte Nürnberger Buchhändlerfamilie.
  3. Rost hatte die Grippe.
  4. oculo fugitivo: mit flüchtigem Auge, er hat die Schrift also nur kurz überflogen.
  5. Falck, Joseph: Animadversiones P. Josephi Falck Societatis Jesu Circa Dubium quod Inter Acatholicos Oritur ratione Paschatis anni 1724. München: Riedl 1723.
    Der Jesuit Joseph Falck (1680-1737) machte sich vor allem als moderner Physiker einen Namen. Er war einer der Lehrer von Nicasius Grammaticus. Posthum erschien seine Arbeit:
    Falck, Joseph: Christianum pascha: in calendario Gregoriano rite celebratum. Pede Ponti ((= Stadt am Hof bei Regensburg): Gastl 1740.
    • Bucej, Johannes; Müller, Winfried: Falck, Joseph. In: Boehm, Laetitia; Müller, Winfried; Smolka, Wolfgang J.; Zedelmaier, Helmut: Biographisches Lexikon der Ludwig-Maximilians-Universität München. Teil I: Ingolstadt-Landshut 1472-1826. Berlin: Duncker & Humblot 1998, S. 109.
  6. Schuch, Franz; Seinsheim, Maximilian Franz Maria Paul Marquard Philipp von: Disquisitio Astronomica De Correctione Calendarii. Ingolstadt: Grass 1699.
    Reprint: Pedeponti (= Stadt am Hof bei Regensburg): Hanck 1722.
    Der Jesuit Franz Jakob Schuch (1655-1728) lehrte damals in Ingolstadt. Maximilian Franz von Seinsheim (1681-1737) wurde kurbayerischer Kammerherr und Hofratspräsident.
    • Schaich, Michael: Schuch, Franz Jakob. In: Boehm, Laetitia; Müller, Winfried; Smolka, Wolfgang J.; Zedelmaier, Helmut: Biographisches Lexikon der Ludwig-Maximilians-Universität München. Teil I: Ingolstadt-Landshut 1472-1826. Berlin: Duncker & Humblot 1998, S. 387.
  7. Vgl. hierzu: Die / wegen der Oster=Feyer Anno 1724. und deshalb benöthigten Calender=Einrichtung / vorgewaltet und erörtete Dispute vorstellend. In: Europäische Staats-Cantzly 41 (1723), S. 624-663. Hier finden u.a. sich die Stellungnahmen von Rost, Bayer und Müller, Doppelmayr sowie von Wurzelbau.
  8. Junius, Ulrich: Ad solennem magistrorum promotionem d. XI. Febr. ... instituendam ... invitatio; (Inest diss. de protestantium paschate a. 1724 celebrando). Leipzig 1723.
  9. Wiedeburg, Johann Bernhard (Praeses); Mehmel, Johann Rudolf (Resp.): Dissertatio De Imperfectione Calendarii Gregoriani Eiusque Anno MDCC XXIIII Discrepantia A Calendario Correcto. Jena: Fickelscherrianis 1723.
  10. Honold, Matthaeus (Praeses, 1696-1726); Pfizzer, J. P. (Respondent): Diss. de transitu Mercurii sub sole d. IX. Nov. a. 1723 expectando. Leipzig: Fleischeriano 1723.
    Diese Arbeit hat Rost schon im Brief vom 21. September 1722 angesprochen.
  11. Als sich Celsius im Sommer 1733 in Nürnberg aufhielt, schrieb er viele der von Doppelmayr angesammelten Observationen ab. Diese Abschrift ist in der UB Uppsala überliefert. Darunter befinden sich die unmittelbar folgenden Observationen der Jupitermonde: UB Uppsala: A 533 d, Bl. 122v
  12. Johann Caspar Eisenschmid war Mathematiker und Geodät in Straßburg.
  13. Einfügung von anderer Hand. Tatsächlich ist der 12. April das korrekte Datum, nicht der 17.
  14. Auch die folgenden Observationen finden sich in der Abschrift, die Celsius im Sommer 1733 von den von Doppelmayr gesammelten Observationen anfertigte: UB Uppsala, A 533 d, Bl. 108r-v.
  15. Francesco Bianchini (1662-1729) war ein italienischer Philosoph und Astronom in Rom.
  16. Vgl. die Abschrift von Celsius, UB Uppsala: A 533 d, Bl. 108r. Hier finden sich aber nur die Daten aus Ingolstadt, nicht die aus Innsbruck.
  17. Oeniponti = Innsbruck. Der zuständige Mathematikdozent war damals Joseph Odermatt (1673-1731).


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