Briefwechsel Johann Leonhard Rost
Kurzinformation zum Brief | Zum Original |
Autor | Rost, Johann Leonhard (1688-1727) |
Empfänger | Kirch, Christfried (1694-1740) |
Ort | Nürnberg |
Datum | 18. September 1723 |
Signatur | UB Basel: L Ia 720, Bl. 100r-101r |
Transkription | Hans Gaab, Fürth |
HochEdler, Vest und Hochgelahrter,
Hochgeehrtester Herr,
Hochgeschätzter Gönner.
Ew. HochEdl. werden Zweifels ohne, mein letztes Schreiben, durch Einschluß der Hl. Endter[1], richtig empfangen haben. Ich bin nachgehends in dieser HHl. Handlung selber gewesen, um Anstalten zu machen, daß Ew. HochEdl. diejenigen Scripta von der Oster Differenz, möchten verschaffet werden, die Ihnen noch nicht zu Handen kommen seÿn.[2] Allein ich erfuhr, daß es nicht möglich, sie alle zu kriegen, da ich doch gerne gesehen, daß Sie die Falckische Animadversiones[3] gelesen hätten. Solte mir noch möglich seÿn, sie aufzutreiben, will ich nicht ermangeln Ihnen ein Exemplar zu procuriren: da mir in Gegentheil ein gleichmäßiger Gefallen geschehe, wenn Sie mir das dänische Scriptum, samt deren Beantwortung oder Widerlegung, oder wenigstens nur die Rubric davon communiciren möchten. Inzwischen hat mich sehr delectirt, was Ew. HochEdl. von dieser materie, in Dero hiesigen Calender geschrieben, und zeiget solches sattsam, daß Sie darinnen gründlich erfahren seÿn.
[Bl. 100v]
Das Geld, so Ihnen ich vor die 2 letzt empfangene Loht Pillen[4] schuldig bin,
sind die HHl. Endter von mir beordert, diese Meße zu bezahlen: und sollte
ich noch mehrer dargegen kriegen, werden sie auch darüber gleich die Bezahlung
tuhn: und bitte ich nochmalen, so viel von gedachten Pillen zu procuriren,
als Ihnen möglich ist. Weil hiernächst Ew. HochEdl. sonder Zweifel die Tabb.
primi Satellitis Jovis von Jac. Pound besitzen,[5] deren Meridianus mir
bißhero unbewust gewesen, so melde hiemit, daß Hl. Prof.
Doppelmajer ohnlängst
aus Engelland Nachricht gekriegt, als ob sie auf London gerichtet wären. Um
nun die Gewißheit hievon zu untersuchen, so habe ich daraus etliche Eclipses
berechnet, die der Jesuit P. Nicasius Grammaticus
dieses Jahr zu Ingolstadt gehalten.[6]
Ich habe es aber auch darum getahn, um nicht nur solche Observationes zu examiniren,
sondern auch zu erforschen, ob sie Stich hielten, wenn er an den Hl. von
Wurzelbau geschrieben, daß man kühnlich die differentiam Meridianorum in
minutis primis, zwischen den Ort der Observation, und den Ort worauf die
Tabellen, sonderlich die Cassianischen, gerichtet, vor richtig annehmen könne. Daß
aber erstlich mir seiner Observationes unrichtig vorkommen; secundo aus solcher
Ursache sein Vorgaben falsch, und tertio mich düncket, als ob der Meridianius Tabb.
Poundii, nicht Londen, sondern vielleicht Greenwich seÿ, das will Ew. HochEdl.
aus beÿgeschloßenem blat zu beurtheilen anheim stellen. Sie haben sonder Zweifel
einige von diesen Eclipsibus in Berlin observiret, dahero mir deren momenta
zu communiciren bitte, weil ich dadurch die Ingolstadische Observationes, desto beßer
prüfen kan. Ich gestehe, daß ich den Meridianum der Poundischen Tabellen gerne
[Bl. 101r]
gewiß wißen möchte, weil ich mir die Mühe gegeben, sie per partem proportion alle
auf singulas unitates numerum zu reduciren, und zum Gebrauch zu erleichtern;
wodurch ich in der Tabb. primae Aequationis 2 errores typi angetroffen, und gefunden
daß neben N.° A 148. 8.' 55'' und neben N.° A 432 22.' 0'' stehen soll.
Schad ist es daß ich
die Epocham der Jahre vor 1719 nicht weiß oder sicher suchen kan, um sie zur Berechnung
ehemals gehaltener Observationum anzuwenden, so könte man mit leichterer
Mühe, hinter den wahren Meridianum Tabb. gelangen. Ew. HochEdl. rahten mir hierinnen,
ob berührte Epochae nicht ausfindig zu machen, um sie wenigstens nur biß 1700 zu
erlangen. Solten Sie Eclipses Satellitis von den Jahren 1719 biß gegenwärtiger Zeit, aus
Paris oder andrer Orten in Handen haben, so bitte um deren communication: Sie hingegen
werden nächstens in den novis Litterariis, verschiedene solche Eclipses der übrigen
Satellitum, auch andre Ausländische u: einheimische Observationes antreffen.
Weil an Ew. HochEdl. diesesmal sonst nichts zu berichten habe, als will Ihnen
auch mit vergeblichen Worten weiter nicht beschwerlich fallen; sondern nur noch einen
heitern Himmel und Gesundheit zur bevorstehenden Observation des Mercurii in
Sole[7] anwünschen: darneben aber auch versichern,
daß ich biß an das Ende meines
Lebens aufrichtig beharre.
Ew. HochEdl.
Nürnberg
d. 18 Sept. 1723.
gantz ergebenster und verbun=
denster diener.
Joh. Leonhard Rost.
Beilage
Beobachtungen von Jupitermonden aus Ingolstadt im Vergleich
zu Berechnungen nach Tabellen von Cassini und Pound
Fußnoten
- ↑ Die Endter waren eine bekannte Nürnberger Buchhändlerfamilie.
- ↑ Vgl. hierzu Rosts Brief an Kirch vom 3. Juli 1723.
- ↑ Falck, Joseph: Animadversiones P. Josephi Falck Societatis Jesu Circa Dubium quod Inter Acatholicos Oritur ratione Paschatis anni 1724. München: Riedl 1723.
- ↑ Schon im PS des Briefes vom 17. Oktober 1720 bat Rost Kirch um Zusendung Stahlischer Pillen. Das Thema taucht seitdem wiederholt in den Briefen auf.
- ↑ James Pound (1669-1724) war ein englischer Geistlicher und Astronom. Seine neuen Tabellen finden sich in den Philosophical Transactions 30 (1717), Issue 361, S. 1021-1034.
- ↑ Vgl. den Brief an Kirch vom 3. Juli 1723.
- ↑ Am 9. November 1723 gab es einen Merkurtransit, der aber wegen schlechten Wetters in Nürnberg nicht zu beobachten war.