Briefwechsel Michael Adelbulner


Kurzinformation zum Brief Zum Originalbrief
Autor Adelbulner, Michael (1702-1779)
Empfänger Kirch, Christfried (1694-1740)
Ort Nürnberg
Datum 17. März 1735
Signatur UB Basel: L Ia 677, Bl. 42r-43r
Transkription Hans Gaab, Fürth


HochEdler, Hochgelahrter,
   Insonders Hochgeehrtester Hl.
     sehr wehrter Gönner und Patron.

Ew. HochEdl. geehrtestes schreiben vom d. d. 14. Dec. a. p. nebst denen nachgehens überschickten observationen habe durch die Endterische Handlung[1] richtig erhalten. Vor beyde erstatte ergebensten danck ab; besonders aber erkenne mich Ew. HochEdl. unendlich verbunden, daß dieselben sich so viele Mühe machen, und mir eine so schöne Beschreibung der Königl. Preuß. Soc. mittheilen wollen.[2] Bin ich im Stande, Ew. HochEdl. hiesigen Orths angenehmes zu erweisen, so erwarte dero befehle; ich werde so will.[ig] als schuldig dieselben zu vollziehen mit angelegen seyn laßen. Die monita in Besehung der Com. Astr. nehme mit vielen danck an, und bitte inständig, Ew. HochEdl. wollen ohne Umstände mir dasjenige, was Ihnen mißfällig ist, nebst denen Erratis, überschreiben, wie ich nur denn nochmals dero guten Rath und beystand in dieser zum besten der Astronomie unternommenen Sache, gehorsamst augebetten haben will. So viel ich muthmaßen kan, werden Ew. HochEdl. den 1. Tom biß auf Ind. Praef. Tit. ganz haben, auch bereits 3. bögen von dem neuen Theil empfangen haben. Nun arbeite ich an der Praefation, in welcher ich des Proiect die Astronomica aus den Actis Petrop.[3] Transact. Angl.[4] Actis Bonon.[5] Memoires[6] etc. zu colligiren und per modum Supplementarum Comm. Ast. zu ediren, gedencken werde.[7] Solte dieses Proiect applausum, und mir so viele Liebhaber finden, durch welche meine Kosten bestreiten kan, so werde gleich dazu Anstalt

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machen, widrigenfalls will die vornehmsten momenta aus gedruckten büchern excerpiren, und sie sogleich dem Commercio selbsten inserieren.

Capelli Nov. Nov. Tabb.[8] habe ich vor mich selbsten Ew. HochEdl. überschicken wollen, ich glaubte damals, daß selbige noch nicht nach Berlin gekommen; Sie sind schon bezahlet, und Sie sind daher niemanden eine bezahlung davor schuldig.

Dominii Phil. Newt. illustr. habe bisher nicht erlangen können, und muß ich mich gedulten, biß ich selbige von London, durch einen hiesigen buchhändler erhalten werde. Ich gestehe es, daß ich sehr begierig darauf bin. Hl. P. Dop. mag es wol haben, allein selbige von Ihm zu erhalten, und noch dazu vor mich, achte ich als eine so schwehre Sache, als das perpetuum mobile zu inventiren. Dieser ehrliche Mann ist noch immer in einem großen Haß wieder mich. Er beklaget sich nun über eine ganz neue Sache, daß ich nemlich ihm alle seine Hl. Correspondenten abgenommen und ihme entzogen hätte.[9] Welches aber der warheit nicht gemäß. Wie ich denn durch die Copeyen aller meiner briefe darthun kan, daß ich keinen gedancken jemals gehabt, D. schwarz zu machen, und ihm seine Correspondenten zu hemmen. Daß er mich aber gehäßig zu machen, und durch allerhand Unwarheiten es dahin zu bringen intendiert hat, daß das Com. ins Stocken gerathen möchte, ist eine bereits klare Sache.

Den Astronomischen Calender[10] habe erhalten, wofür schuldigen danck abstatte. Ich möchte gern von demselben noch ein Exemplar, desgleichen auch eins von dem calculus Eclips. Satell. Jovis.[11] Diese beyde Exemplar soll Hl. von Marinoni[12] nach Wien überschicken, als welcher expresse darum geschrieben hat. Weil ich hier von beyde kein exemplar erhalten können: so muß ich Ew. HochEdl. beschwerlich seyn, und bitten, dieselbe geruhe, so bald als sich Gelegenheit ereignet, mir 1. Ex. von dem Astron. Calender, vor gegenwärtiges Jahr, desgleichen 1. Ex. von dem Calculo

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Eclips. Jovis Satell. zu übermachen. Den Preiß will sogleich an die End. Handlung bezahlen, daher selbiger gleich mit anzusezen ist.

Beykommendes blättlein zeiget einen Entwurff, des Kupffers, welcher ferner über die Dedication kommen soll. Ew. HochEdl. examinieren selbiges, und schicken mir solches nebst dero Censur so bald als seyn kan, wieder zurück, weil ich den 1. Tom gerne vor Ostern völlig zu Stand bringen möchte. Wegen des Tituls bin bißhero noch nicht einig, doch glaube ich, daß ich endlich das beste hierinnen treffen werde. So bald mit allen im Stande, werde die benöthigten Exemplarien Ew. HochEdl. übermachen, und zugleich einen brief an den Hl. Praesidenten beylegen. Ich begehe zwar hierinnen eine nicht geringe Verwegenheit, daß ich Ew. HochEdl. ohne erhaltene Erlaubnis incommodire, und dero ohnedem großen Geschäffte mit dem meinigen vermehre; allein dero ganz besondere Gütigkeit läßt mich auch hierinnen das beste hoffen.

Übrigens bin Ew. HochEdl. vor den Wunsch vielmal verbunden; Ich bin zwar noch nicht vollkommen gesund, doch um ein merkliches beßer, als vor dem Jahr. Es ist doch curieux, daß ich gleich nach dem Anfang des Com. Astr. mich fast biß auf diese Stunde mit dem rheumatismus schleppen müßen. Wenn ich nicht völlig überzeuget wäre, daß ich causam instam hätte, (denn ich wollte es, wenn es seyn müßte, methodo mathematica demonstriren) so hielte ich es für eine straffe. Bey allen diesen wird im Gemüth dieses eine große consalution seyn, wenn ich von Ew. HochEdl. guten und erfreulichen wolstand immer vergnügte nachricht bekomme. Und dieses ist auch mein sehnlicher Wunsch, daß Gott Ew. HochEdl. nebst dero verehrtesten Familie in einem ungekäncketen Vergnügen biß in ein spätes Leben erhalten wolle. Ich bin mit gehöriger Hochachtung

Ew. HochEdl.
als meines wehrtesten Gönners

Nürnb. d. 17. Mart.
         1735.

ergebenster diener
Adelbulner


Fußnoten

  1. Die Endter waren eine bekannte Nürnberg Buchhändlerfamilie.
  2. Adelbulner wollte in die Preußische Akademie der Wissenschaften aufgenommen werden und hatte Kirch dabei um Mithilfe gebeten, vgl. seinen Brief an Kirch vom 13. Februar 1734.
  3. Commentarii Academiae Scientiarum Imperialis Petropolitanae, die Bände der Petersburger Akademie.
  4. Philosophical Transactions, die Bände der Royal Society.
  5. De Bononiensi Scientiarum Et Artium Instituto Atque Academia Commentarii, die Bände der Akademie aus Bologna.
  6. Histoire de l'Academie royale des sciences avec les memoires de Mathematique & de Physique, die Bände der französischen Akademie der Wissenschaften.
  7. Auf Anregung von Celsius wollte Adelbulner die in den angeführten Zeitschriften verstreuten astronomischen Beobachtungen sammeln und als Supplement zu seinem Commercium herausgeben. Zur Umsetzung dieses Vorhaben kam es aber nicht.
  8. Capelli, Angelo Felice (1681-1749): Novissimae novissimarum Saturni, Jovis, Martis, Veneris, & Mercurii tabuae ad datam planetae a Sole distantiam conditae, et per trigonometriae planae Cavalerii problema 11. supputatae. Venedig: Antonius Mora 1733.
  9. Tatsächlich hatte Doppelmayr schon im Brief an Kirch vom 27. Oktober 1733 behauptet, dass Adelbulner ihm seine "correspondenten abwendig machen will".
  10. Gottfried Kirch gab seit 1702 den Astronomischen Calender heraus, der offensichtlich von seinem Sohn fortgesetzt wurde. Vgl. den Eintrag zu Gottfried Kirch im Biobibliographischen Handbuch der Kalendermacher von 1550 bis 1750-
  11. Kirch, Christfried: Eclipses circumjovialium sive immersiones et emersiones omnium quatuor satellitum Jovis: ad annos 34. 35. 36. 37. 38. et priores menses anni 39. labentis hujus seculi, supputatae, et ad meridianum Berolinensem reductae. Berlin 1734.
  12. Johann Jacob Marinoni (1676-1755) war Direktor der Akademie der Geometrie und Kriegswissenschaften in Wien.