Briefwechsel Michael Adelbulner


Kurzinformation zum Brief Zum Originalbrief
Autor Adelbulner, Michael (1702-1779)
Empfänger Kirch, Christfried (1694-1740)
Ort Nürnberg
Datum 8. Juni 1735
Signatur UB Basel: L Ia 677, Bl. 44r-45r
Transkription Hans Gaab, Fürth


HochEdler, Hochgelahrter,
  Insonders Hochzuehrender Hl.
    sehr wehrter Gönner und Patron.


Wenn ich einen Buchhändler hätte agiren, und mit dem Comm. einen Profit suchen wollen, würde ich freÿlich gerne gesehen haben, wenn ich selbiges zu rechter Zeit hätte auf die Meße bringen, und einige exemplaria daselbst verschließen können: da ich aber von allem interesse weit entfernt bin, und keine andre absicht hege, als dem publico, so viel an mir ist, zu dienen; so habe ich mit Gedult Ew. HochEdl. sehr wehrte Zeilen erwartet. Inzwischen habe von einem mir sehr wehrten Gönner, von dem ich nichts weiter melden darf, als daß er ein Mitglied von der K. Pr. S. ist,[1] briefe erhalten, in welchen ich finde, daß eine gewiße Person, mich nicht zum besten beÿ der Soc. recommendiret, mich vor einen ignoranten ausgegeben etc. So bald ich diesen brief gelesen, kam ich gleich auf die gedancken, ob nicht dieses die

[Bl. 44v]
Ursache seÿn mag, welche Ew. Hoch Edl. verhindert, mir ehender zu antworten. Ich will aber auch hierinnen nicht scrupulös seÿn. Das einige wundert mich, daß doch diese Person[2] gar nicht ruhen kan. Gesezt, ich bin ein ignorant. Warum hat man denn beÿ einigen Jahren her meinen calculus eclips. ☉lar. auf den Danziger Meridianum gerichtet, unter seinem Nahmen an Hl. D. Kulmus[3] geschicket: Mich verdrießet die consequenz hieher zu sezen, und noch mehr solcher Schwachmata anzuführen. Noch ein specimen seines neidischen Gemüths: Als ich diser tagen ihn durch ein billet um die Schlüssel zu dem hiesigen Observatorio, und zugleich um die Erlaubnis mich daselbst in der praxi astronomica zu exerciren, höflich ersuchet, hat er mir es in gnaden abgeschlagen. Es soll also weil er nichts thun mag, auch niemand andres etwas thun. Inzwischen habe die Sache beÿ dem Hl. Ephoro[4] angebracht. Jedoch genug. Das Comm. ist nunmehro fertig, die dedic. an die K. P. S. gerichtet, und es sollen nächstens 6. exempl. folgen; welche Ew. HochEdl. mit der gehorsamen bitte übermachen werde, selbige gehörig auszutheilen; sind mehr vonnöthen, erwarte


[eingefügte Fußnote; ein Bezug zum vorliegenden Text ist nicht erkennbar]
* ich meine Domckii Phil. New. illustratam.[5]
den Astronomischen Calender[6] nebst den Eclips. Circum ♃ erwarte nächstens, um selbige als denn nach Wien schicken zu können. Vale.

[Bl. 45r]
ordre. Und weil ich mehr als zu viel sehe, daß sich in meinem vormaligen petito Schwierigkeiten ferner thun so können Ew. HochEdl. ganz sicher von meiner Person beÿ Überreichung der Exemplarien abstrahieren, und nicht das geringste von der reception melden. Denn 1) möchte ich nicht gerne Ew. HochEdl. nehren Mühe meinetwegen conhiren[?], als Sie ohne dem haben, und 2) will ich keine neue Gelegenheit meinen Lästerern mich zu höhnen geben. Hl. P. Celsius hat mir vor einen Monat von Paris geschrieben, und die neue expedition berichtet.[7] M. Barratier[8] hat mir auch diejenigen observationen geschickt, welche Ew. HochEdl. in seinem beÿ seÿn gehalten. Das Buch de Newtoniana Physica coelesti erwarte mit Ungedult, ich will gerne mit dem schuldigsten Danck es allhier bezahlen, und werde ich Ew. HochEdl. unendlich verbunden bleiben. Ferner möchte ich auch ein accurates Micrometra haben, frägt sichs also ob und wie theuer selbige in Berlin zu haben seÿen. Desgleichen möchte ich gerne wißen, was Hl. P. Celsii quadrant gekostet. Vielleicht wird doch noch etwas aus den neuen observationen. er Raum verläßt mich dieses mal. Ich verharre mit eziemender Hochachtung unausgesetzt.

Ew. HochEdl.

Nürnbg d. 8. Jun. 1735.

ergebenster diener   Adlebulner.


Fußnoten

  1. Neben Doppelmayr war in Nürnberg selbst nur Johann Jacob Schübler Mitglied in der Preußischen Akademie. Es kommt aber auch Johann Wilhelm Wagner in Frage, wer Adelbulner diese Briefe hat zukommen lassen, ist nicht geklärt.
  2. Gemeint ist Doppelmayr.
  3. Johann Adam Kulmus (1689-1745) war Anatom in Danzig und Mitarbeiter bei Adelbulners Commercium.
  4. Gemeint ist Hieronymus Wilhelm Ebner von Eschenbach (1673-1752).
  5. Domcke, Georg Peter (?-1742): Philosophiae Mathematicae Newtonianae Illustratae Tomi Duo: Quorum prior tradit Elementa Matheseos ad comprehendendam demonstrationem hujus Philosophiae scitu necessaria: Posterior continet 1) Definitiones & Leges motus generaliores; 2) Leges virium centripetarum & Theoriam attractionis seu gravitationis corporum in se mutuo; 3) Mundi Systema. London: Meighan & Batley 1720
  6. Gottfried Kirch gab seit 1702 den Astronomischen Calender heraus, der offensichtlich von seinem Sohn fortgesetzt wurde.
    • Gottfried Kirch. Biobibliographisches Handbuch der Kalendermacher von 1550 bis 1750.
  7. Celsius nahm an der Expedition ins nördliche Skandinavien teil, mit der der Streit um die Form der Erde entschieden werden sollte.
  8. Jean-Philippe Baratier (1721-1740) aus Schwabach galt als Wunderkind. Er beschäftigte sich auch mit Mathematik und Astronomie.
    • Berger, Günther: Jean-Philippe Baratier oder die Vermarktung eines Wunderkindes. Berlin: Duncker & Humblot 2022


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