Briefwechsel Johann Philipp Andreae


Kurzinformation zum Brief  
Autor Johann Philipp Andreae (1699-1760)
Empfänger Grundherr, Carl Sigmund Ferdinand (1694-1763)?
Ort Nürnberg
Datum 17. November 1733
Signatur Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 330-337
Transkription Hans Gaab, Fürth

Hoch Wohlgebohrne, Gnädige Herren.

Ich stehe fast in Zweiffel, ob Euer Hoch Wohl Gebohrn und Gnaden allezeit dasjenige, was zu meiner Defension gereichet aus dem Protocoll zu ersehen bekommen, sonsten würde ich gewiß versichert seÿn, daß durch dero hohes Vorwort mein elender Zustand und langwührige eincarceration schon ein Ende erlangt hätte, ich will also nur mit wenigen Zeilen diejenige Puncten, welche mir so gar hart imputiert werden wollen, berühren, und Euer Hoch Wohl Gebohrn und Gnaden anjetzo ad dijudicandum[1] überlaßen, ob ich nicht sattsam dadurch defendiert seÿe.

1.) Das an dem Rath=Hauß angeschlagene Pasquill betreffend, welches mir fälschlicher weiße von dem Glücken[2] durch seinen vermuthlich hierzu erkaufften Zeugen, den Gunzelmann[3] ist angedichtet worden, so werden Euer Hoch Wohl Gebohrn und Gnaden auß deß Huberts[4] von Nördlingen seinem Brieff zur genüge ersehen haben, daß meine in den Verhören gemeldte Umstände damit concordirern, außer, daß er meldet, Er könne sich nicht besinnen, mir solches aus seinem Schreibtäffelein herausgeleßen zu haben, auch daß Er von dem Streit der Kauffleuthe etwas gemeldet hätte, vielleicht umb dieser Ursachen wegen, damit man nicht selbsten einen Argwohn auf ihn haben solle; Allein, dieses ist nur gar zu gewiß, weilen noch in gar gutem Gedächtnus habe, daß er in Beÿsein meiner Frauen an einem morgen frühe, als ich abends vorhero von der Reiße gekommen, mir solches aus seinem Schreibtäffel: heraus gelesen, welches ich verbotenus abgeschrieben, da ich aber gefragt, was es dann vor eine Beschaffenheit habe, so erhielte ich die Antwort, daß die Kauffleuthe wegen der Loßung protestiert hätten, und umb moderation derselben, schrifftlich eingekommen: Wann aber dieses auch noch nicht genug seÿn solte mich von dieser falschen Beschuldigung zu befreÿen, so erbiete mich, so es mir zu schreiben erlaubt wird, mit mehrern Zeugen dar zuthun, daß selbiger Zeit, beÿ 7: Wochen verreiset gewesen, wodurch dieser Punct seine genugsame Defension erlangt hätte.

2.) Was aber den Brieff von der Hanckin[5] beÿ Regenspurg anbetrifft, wovon ich dieser Ursachen wegen gar nicht mehr gedacht, weilen mir an der gantzen Sache nichts gelegen, sondern einig und allein auf oftmahliges inständiges

[Blatt 331]
Bitten dem inhafftierten Hahn[6] zu lieb gethan, und seinen mir eingehändigten Zettul dem botten übergeben, so zeiget sich nun auch gar zu deutlich, daß dises Brieffs wegen, durch die Geständnus deß mit mir confrontierten Hahns auch zur Genüge defendiert seÿe, und ist gar zu offenbahr und am Tage, daß mein lebtag weder mit der Hanckin noch mit ihrem verstorbenen Mann keine Correspondent gehabt, noch weniger nur ein Blättl; von den ihrigen edierten Bogen empfangen, sondern jederzeit solche durch den reutenden Botten Kreithen[7] mir anhero bringen laßen.

3.) Die Pasquillantische Medaillie anlangend, weßwegen ich nun die unbeschreiblich harte Straffe schon bereits 24. gantzer Wochen leiden muß, und mir wenigstens nur an meiner Nahrung über 400 fl: Schaden verursacht hat, ohne die andern Unkosten, so glaube ich doch, daß der wahre Thäter endl: noch durch die Gnade Gottes an das Tageslicht kommen wird, ich erachte aber meines wenigen Verstandes nach, daß ich durch die Aussage deß alten Bernds[8] und der Truckerin [: die ebenmäßig mir nichts zu guten würden geredt haben :] auch indeme diese beede an Aÿdes stadt angezeigt, wie der Glück zu Ihne gesagt, daß weder ich, noch der Kupferstecher eine weitere Nachricht hätten, mit außdrücklichen erinnern, daß wann Ein HochEdler Rath jemand wolte nach Schwabach schicken, so wolte er solches einem jeden sagen, schrifftlich aber gebe er solches nicht von sich, weilen er vorher erst müßte beÿ der Regierung nachfragen, aus welchen Umständen dann wider zu ersehen daß ich in alledem die Wahrheit angezeigt, und nur gar zu gerne den Inventorem anzeigen würde, so es nur in meinem Wißen stünde; Wolte man mir aber aufbürden als wann ich solche Medaillie aus boßheit hätte elaborieren laßen, so haben meine Gegnere in ihren Aussagen genugsam gemeldet, wie ich gleich nach deren Absendung mich öffters hätte verlauten laßen, daß wann ich davor gedacht, daß vor Schrecken hätte alles aus den Händen fallen laßen, auch öffters gesagt, wann mich nur der Satan nicht zu dieser Medaillie geführt hätte, worauß dann gar leicht abzunehmen, daß es mir eher eine Kreuz, als eine vorhabende Boßheit gewesen, und ist auch in der That nur gar zu wahr, daß ich solches nicht einmahl überlegt; Ubrigens habe aber doch Straffe im Überfluß davor so wohl an Leib, Gut als an der Seelen gelitten, und genugsam davor außstehen müßen.

4.) Anlangend aber das mir in der letztern Verhör producierte Memoria so des Herrn Ober=Hoff=Marschalls Schreiber geschrieben, und deß Glücken eigens Ansinnen war, so habe schon mit Grund der Wahrheit gemeldet, daß

[Blatt 332]
dieses nicht übergeben worden, noch weniger mir jemahls in Sinn gekommen, wie ichs genugsam bezeugen kan, und wann ich ein solches Pro Memoria gebraucht hättte, würde ich keinen Schreiber dazu gebraucht haben, sondern wäre wohl selbsten im stande gewesen, ein dergleichen wie dieses producierte zu elaborieren, dahero mich noch mehrers wundert, daß dieser Gottloße und Ehrvergeßene Mensch seine eigene mir zugemuthete Sachen aufbürdet, nur damit er mich samt Weib und Kind noch größer in Unglück bringen möchte, das contrarium will ich beweisen, daß von denen Heilßbrunnischen Hoff=Sachen niemahlen nicht gewußt, wohl dieses erinnere ich mich, daß nicht nur der verstorbene Resident von Haaß[9], wie auch der Hl: Castner Zinn[10] selbsten in Schwabach diesem Glücken öffters Bagatell Dinge mit willen berichten laßen, wo gar nicht daran gelegen, und bereits vor langen Jahren außgemachte Sachen gewesen sind weilen die Beamten in dieser Gegend ihme gar nicht günstig sind, und man gewußt, daß er auch die geringste Sache als ein großes Werck berichtet; Es hat mir zwar Ihro Gnaden Herr Grundherr[11] in der Verhör gemeldet, wie dieses Pro Memoria unter meinen Sachen zu Hauße wäre weg genommen worden und beÿ der letzten Inquisition vielleicht vergeßen worden mich zu befragen deßwegen, allein ich habe es nicht protestieren mögen, jedoch muß ich Euer Hoch=Wohl Gebohrn und Gnaden melden, daß dieser bogen erstlich niemahlen in mein Hauß gekommen, sondern ich habe es dem Glücken gleich wider zuruckgegeben, ohne daß ich die geringste attention darauff gehabt, fürs andere hat es beÿ der letzten Inquisition nicht seÿn können, weilen dieses Pro Memoria erst 5/4 Jahr geschrieben, hingegen die Inquisition viel länger, kan also Ein Hoch=Edler Magistrat aus diesen Umständen desto eher schließen, daß beÿ diesem Pro Memoria weder willen noch that gewesen, sonsten könte man wohl, das mir von Ihro Gnaden Herrn Grundherrn in der Verhör allegierte Sprichwort gelten laßen, daß auch der Will vor die Werck zu bestraffen.

5.) Wurden mir in der letzten gehabten Verhör wegen des ebenbemeldten Pro Memoria ein und ander schlüpfrige Puncten vorgehalten, welche mir meinen mentem einig und allein zu verrucken trachten, und nur darauf gezielet, mich mit aller gewalt zu gravieren, allein ich bleibe beÿ den wahrhafftigen Umständen, und berichte keine unwahrheit, laße mich auch jederzeit dabeÿ finden, und zudeme, so benenne ich jederzeit Ehrliche honette und lebendige Zeugen welche die Wahrheit ebenfalls anzeigen können, in Summa, was ich gethan, habe ich wahrhafftig bekennet, weiter wird mich auch kein Ehrlicher Christen-Mensch nicht in der gantzen Welt graviren, noch weniger etwas ungebührliches mehr in der welt nachreden können, für meine thaten habe ich Straffe in Überfluß außgestanden, dieses weiß und bin ich versichert, und hätte der Trucker als einer der daran gearbeitet, und dabeÿ so Gottlose Worte außgestoßen, ebenfals mehrer Straffe als ich verdienet.

[Blatt 333]
So viel will ich Euer WohlGebohrn und Gnaden versichern, daß ich durch den inhafftierten Hahn nicht graviert, sondern defendiert bin auf das beste, besonders was die Regenspurger affaire anbetrifft, und außer diesem habe ich mit ihme nichts zu thun gehabt, als daß daß Er die getruckten Sachen verdistrahiert, welche ich ihme zwar anfänglich nicht gegeben; sondern Er hats am ersten Ort gehohlet nemlich in dem Heilßbrunner Hoff von dem Haasen seel: ich gestehe es gerne, und wirds der Hahn auch selbsten sagen, daß ich ihme gar nicht getrauet, weilen Er die Montur getragen, biß Er sich endl: sehr hoch vermeßen, daß Er solche meistentheils in das Patriziat selbsten bringe, welches Er am besten anzeigen kan; und daher thut es mich nicht wenig wundern, daß diese leuthe anjetzo mir die Schuld dannoch beÿmeßen wollen, ich muß aber wider repetieren, daß es eine Unwahrheit. Es sagt mir meine Frau, daß Sie so viel Plage habe von diesen leuthen, und dazu müße Sie noch von denen Herrn Schöpfen stetigs hören, daß ich Sie dazu verführt, wie dann erst vorige Wochen ihr die Gnädige Frau Grundherrin[12] gesagt, ich hätte so viele arme Leuthe gemacht, und was dergl. Worte mehr waren, allein den Kupferstecher anlangend, dieser wird in Ewigkeit nicht sagen können mit gutem Gewißen, daß er animierens gebraucht; ich habe die Ordre deß Glücken nachgelebt, dieser schriebe expresse, ich solte diese Zeichnung dem bernd einhändigen zum arbeiten, welches ich auch gethan, worüber Er nicht das geringste gesagt, sondern Er wolle es machen, zur Antwort gegeben, hier fragt sichs? ob ich ihn animiert, au contraire, Er hat gesagt in seiner Confrontation mit mir, es seÿe so schlecht gezeichnet gewesen, mithin hat ers ja verbessert, und beÿ der Verbesserung hat er seine gesunde Vernufft dazu gebraucht, da hätte Er wohl sehen sollen, daß es gefährlich, besonders da Er unter der Hand gewarnet worden, ich habe es damahlen nicht einsehen können, weilen keine Umschrifft dabeÿ war, und der Glück auch geschrieben, er hätte die Original Medaillie aus Holland geschickt bekommen, dieses ist in so ferne glaublich gewesen, weilen daselbsten die ärgerlichsten dinge gemacht werden, auf solche art kan ja der Bernd nicht sagen, daß Er von mir verführt worden, hätte nicht der Glück seine Nahmen expresse gemeldet, ich würde es ihme nicht gegeben haben, und ein anderer hätte vielleicht beßer einsicht gehabt, und alsdann bleiben laßen; den Trucker betreffend mit diesem habe ich, wie schon mehrmahlen gemeldet, nicht ein wort geredt und doch sagt dieses Gottlose Volck, ich habe sie animiert und verführet, allein lügen könte ich auch, wann es seÿn müßte; der Hahn dieser wird noch weniger von mir etwas solches sagen können, indeme seine Aussage bekräftiget, daß ich gesagt, wann Er mir 100: Thaler gebete so gebe ich ihm nichts, wievielmahl hat Er mich nicht umb Gottes willen gebetten, ich solle ihme etwas zukommen laßen, Er könne sich gute Freunde damit machen, habe es doch nicht gethan, endlich da Er mich so sehr gebetten, habe ich ihme den Weg gezeiget, wo Er solches haben können: jetz ist die Frage, ob ich die Leuthe animiert, ob ich arme leuthe gemacht, schwerlich werden Euer Wohlgebohrn und Gnaden oder die Herrn Hochwohlgebohrn dieses sagen.

[Blatt 334]
Ich habe ja gleich anfangs gesagt in all meinen Verhören, man solte die leuthe citieren mir unter Augen stellen, so würde es sich zeigen, daß ich Einen HochEdlen Rath nicht mit lügen berichte, und je mehrer daß citiert werden, je mehrer wird meine Defension erfolgen; ich wolte mir wünschen, daß Euer Wohlgebohrn und Gnaden den Correspondenzschreiber Haaßen[13] citieren ließen, dann dieser ist ja mit seinen eigenen Brieffen und Schrifften zu überweißen, dann würde es sich zeigen, ob ich Ehrlich oder meineÿdig seÿe gewesen, ob ich nicht gesucht alles zum besten Eines HochEdlen Raths seit 2: Jahren außzuforschen, dieser Haaß ist der Stadt schon lange Jahre schädl. gewesen, weilen Er die geheimsten Sachen geschrieben, in die Frembd verdistrahiert, ich meines Orts habe zwar seine Handschrifft nicht gekannt, sondern vermeint es habe der Not: Kraußen[14] solches geschrieben, biß ich von Euer Wohlgebohrn und Gnaden erst dieser Handschrifft bin benachrichtiget worden, alsdann gingen mir die Augen erst auf, wievielmahl habe ich die Annales Mülleri[15] von diesem Haaßen geschrieben gesehen, nicht nur hier, sondern auch außerhalb, wie vielmahl ist nicht die Beschreibung der Unterthanen von ihme außer der Stadt zu sehen, diesen laßen Euer Wohlgebohrn und Gnaden beÿm Kopf nehmen, da wird sich der Regenspurger sämtl: Sachen haben, ich habe es schon vor 20: Wochen geschrieben und gesagt, und doch läßt man ihn noch in guter Ruhe lauffen, da Er doch der Urheber alles Bösen seÿn wird, ich habe zwar mein Lebtag kein Wort mit ihme geredt, aber sehr viel von ihme gesehen, solle ich dann beÿ solchen Umständen nicht glauben, daß die bösesten Leuthe fast das gröste Glück zu Einem HochEdlen Rath hätten; sehe ich den Trucker an, der mehrer Straffe verdient hätte als ich, dieser laufft schon 11: gantze Wochen wider in Freÿheit, der Haaß ist auch ruhig, der Bernd Kupferstecher wird auch tägl; zur Erledigung vertröstet, ich weiß nicht, was ich gedencken solle, mich suchet man mit gantzer gewalt zu gravieren und zu stürtzen, und doch ist es ohnmögl. weilen mich mein Gewißen nicht mehr beißt, und wann Ein HochEdler Rath ein gantzes Manifest außgeben ließe, und aufbieten allen und jeden, die etwas wider mich wüßten, so würde keine vernünfftige lebendige Seel in der Welt seÿn, die mit Wahrheitsgrund etwas wider mich zu sagen im stand wäre; ich wünschte nichts mehrers als daß mir meine, in solchen fällen vor Gott und Rechts wegen erlaubte Defension zugelaßen wäre, es solte sich anderst zeigen und ich gewiß bald in Salvo seÿn, allein auf solche Art ist es freÿlich etwas hartes vor mich, daß man nur denen Gegnern glauben gibt, ich aber allezeit gekränckt, in den Verhören muß ich in einer Kürtze die schlüpfrigsten Fragen beantworten, woran ich doch das zehende mahl nicht alles bedencke, biß mir nach und nach wider beÿfällt, Hl: HochGelehrte hat länger Zeit dazu, als ich

[Blatt 335]
ich solle mich mit gewalt eines Meÿneids beschuldigen laßen, dieses kan ich nicht begreiffen, wegen beförderung deß Pasquills habe ich höchst unrecht gethan, aber doch nicht so viel straffe verdient als die andern, die daran gearbeitet, die Carten betreffend hätte ichs nicht angenommen, wären solche denen Augspurgern in die Hände gekommen, wie dann bereits der junge Bodenehr[16] ist dazu ersehen worden, und zudeme wann es so geheime Sachen seÿn solten, wo sind dann so viele Originalia nach Anspach und Bayreuth auch viel andern Orten kommen, ich getraue mir in einer Kürtze etl: und 50: zusammen zu bringen, und überhaupts von diesen Carten zu sagen, so darff man nur die Marggräffische Große zur Hand nehmen, da ist alles vollkommen; saget man es ist ein Nachtruck, wie es bekandt ist überal, ich habe auch nichts daran gemacht, wie an der Findelrechenung, ich habe keinen Buchstaben dazu contribuiert, dieses kan ich bezeugen mit Ehrlichen und Lebendigen Zeugen, welche ich gleich benennet im Anfang, diese können aÿdl: abgehört werden, wann ich die Unwahrheit melde, als dann will ich gerne Straffe leiden, und mit aller Geduld abwarten, wann aber diese Sachen wie das Ämterbüchl. und Findelrechnung ist, schädlich sind, warum läßt man dann denen Schreibern, absonderlich da man weißt, daß Sie waschhafftig[17] sind, solche Sachen 3. oder 4. Wochen, ja wohl 10: biß 12: Jahr auf den Bierbänken herumtragen, und überahl außblaßen, hätte nicht der Dannreuther[18] dieses Büchl. so lange in Händen gehabt, so würde es der Kittler[19] nicht bekommen haben, es hätte sollen beßer aufgehoben werden, wann es gefährlich gewesen, allein Geld und Wein bethören die Menschen, in Summa ich habe vor mich nicht einen Buchstaben contribuiert, und doch muß ich die harte Straffe leiden; ich muß mir stetigs vorsagen laßen ich wäre hierdurch meineÿdig worden, allein ich will doch nur ein wenig von dem Meineÿd sagen, in denen Burgerpflichten stehet nichts von denen Carten, Ämterbüchl; etc. Ich will es aber nicht defendiren daß es recht seÿe, ich weiß anjetzo wohl daß es nicht recht ist, weil ich so hart gestrafft werde und was ich in diesen Sachen gethan ist einestheils de pane lucrando[20] geschehen, die burgerpflichten lauten meines wißens, daß man nichts verbottenes von Eßen trincken etc. solle hereinbringen, wann aufruhr oder sonsten etwas solches gefährliches wäre, daß man es anzeigen solle: Ein HochEdler Rath hat 2: Pfänder, diese haben Burgerpflicht und andere Pflicht, wann diese ihr Amt beßer verseheten, wäre es beßer villeicht geschähe vieles nicht; man gehe nur auf Schweinau, da höret man gar schön raisonieren von denen doppelt verpflichteten Hhl: Pfändern, der eine Wirth sagt, ich habe ihme 2: 3: duzent geben, die Küster dörffen sich beÿ ihme nicht förchten, der

[Blatt 336]
andere sagt, ich gibe so und so viel jedes Jahr, beÿ mir hat es keine noth, ja die Herrn Pfänder kommen wohl mit Kutschen in dergleichen Wirthshäußer, und füllen fäßl: Wein, legen es in die Kutschen hinein und delectieren sich zu Hauß, dieses haben Sie auch gratis, die Wirthe in Schweinau sagen nicht von Pfändern allein, sondern auch von noch höhern, daß Sie wöchentl: kommen, trincken, Eßen und füllen ein, dieses ist ja auch gewiß wider die Pflichten, sieht das ein gemeiner anderer Burger, was muß Er nicht gedencken, und doch sind dergl: leuthe nicht meineÿdig, ich schreibe die wahrheit, und läßt sich bezeugen, es wäre gut, Euer Wohlgebohrn und Gnaden hätten nicht so viele Schmeichler, die ihr Brod eßen, gut unter Augen reden, aber im Hertzen gantzs anderst sind, es wäre gut, es machete es ein jeder in diesem Stück wie ich, so könten die Herren ältern diesem übel vorbringen, dergleichen Unordnungen sind sehr viele unter denen Hhl: Beamten, worüber man sich beschwehrt, welche denen Hhl; ältern nicht bekandt sind, und doch haben Sie als dann die Verantwortung und sagen dero Gegner, Sie wißen es wohl, und wären über Sie gesetzt, aber Sie wollen es nicht ändern, aus Ursachen, weilen diese Leuthe gar zu viel wüßten, es wäre von dieser Unordnung mit Fundament vieles zu melden, allein es berührete sehr vieles, ich habe nur dieses ratione deß Meineÿds der in denen Burgerpflichten begriffen angerührt; daß ich recht gethan habe, will ich einmahl gesagt haben, allein nur so viel melde ich, daß mir ratione der andern zu hart geschihet, besonders wann ich den trucker ansehe, der samt seiner Braut ein böser Mann von Grund aus ist, doch hat Er das Glück und die Gnade gehabt durchzukommen:

Ich laße alle hohe und vornehme Minister an Anspachisch=Baÿreuthisch und Würtzburgisch Hoff von mir reden, ob ich mein Lebtag zu praejudiz Eines HochEdlen Raths etwas geredt, man darff nur Hl: Geh: Rath von Fichtel[21], von Bauer[22] von mir reden laßen, diese werden mit Grund der Wahrheit sagen, daß ich jederzeit gesagt, so etwas contraires von denen Gegener geredt worden, und ich deßwegen befragt worden, daß ich gesagt, man sage wohl von Einnehmen, aber von Außgeben nichts, als einmahls Hl: Geh: Rath Bauer anfing, es gehe hart über Einen HochEdlen Magistrat wegen der vielen Klagen von denen Gegners, so habe ich zur Antwort gegeben, wann man die GegenPartheÿ höre, werde es sich gantz anderst zeigen; man frage die Hhl: Cavallier alle sämtl. ob ich was ungleiches geredet, so werden Sie gewißenhafft zur Antwort geben wie

[Blatt 337]
Sie mir gar offt in das Gesicht gesagt, daß die dieserwegen mich gar gerne leiden könten, weilen ich nichts wider meine Obern sage, und wäre dahero auch vieles von einem solchen Menschen zu halten, gegen höhere Persohnen als ich gewesen, habe mich gar wohl in acht genommen etwas ungleiches zu reden, dann mir gar wohl bewußt, daß diese Herren als dann gar nichts von einem halten, sondern gedencken, bistu deinen jetzigen Herrn nicht getreu, was würdestu thun, wann man dich beÿ uns employerte, gegen geringe Bruders=leuthe aber, wo ich etwas habe forschen wollen, ist dann und wann auch etwas ungleiches geschehen, und mit den Wölffen geheulet worden; ich bezihe mich nochmahlen in allen meinen Sachen auf honette und Ehrliche Männer, damit kan Ein HochEdler Magistrat sehen, ob ich Ehrlich gehandelt oder nicht, es wird der Schreiber Robert[23] wohl sagen, daß schon vor 2: Jahren sehr vieles mit ihme geredet, daß ich mich anstelle, als wann es noch so contrair wäre, da traue man mir, ich habe aber alles referiert: wann mir meine gerechte Defension erlaubet wird, so kan ich dann zeigen, daß nichts wieder die Wahrheit gemeldet.

WohlGebohrner Gnädiger Herr, es ist bereits ein halbes Jahr, daß die harte Straffe dulden muß, die Straffe nicht allein sondern den Schaden, der Schaden nicht allein, sondern das zeitl: Verderben, und gewiß lieber das Leben verliehren als die Nahrung negligieren, wie es das ansehen hat, und in der that ist, Ihro Gnaden Hl: Grundherr werden berichten können, daß wider Brieffe da wegen der gantz großen Globorum a 500 fl: Will Ein HochEdler Magistrat mich und Weib und Kind zum Bettler haben so wird gewiß durch das viele seuffzen und flehen zu Gott auch eine Erhörung zurückkommen, dann ich bin genug gestrafft, und hoffe auch daß Ein HochEdler Rath samt allen Herren HochGelehrten solches erkennen werden:

Mir zweifelt freÿlich daß ich einen Gnädigen Schluß von einigen in der löbl. Rathsstuben erhalten werde, weilen durch die hohnische Affaire und wider mein denunciren unterschiedl; denominiert sind, dieser Herren werden mir nicht Gnädig seÿn ich verlaße mich aber auf Gott und Euer Wohlgebohrn und Gnaden und hoffe daß es jetzo ein Ende haben werde, damit wir nicht gar zum Bettler gemacht werden, meine Frau ist ohnehin nicht mehr imstande länger zu bleiben, sondern bereits genöthiget beÿ längerer Verhafft sich in frembde Dienst zu begeben, damit Sie hier nicht zu Schanden und Spott herumgehen darff, Sie kan auch nicht so offt lauffen, und überlästig seyen, wie die andern auch nicht so lügen; Ich hoffe also von Euer Wohlgebohrn und Gnaden einen endlichen Schluß, und verbl. mit allem Respect

Hochwohlgebohrner Gnädiger Herr

é Carcere den 17: Novembris: 1733.

Unterthänigst
Joh: Philipp Andreae


Fußnoten

  1. ad dijudicandum: zur Entscheidung.
  2. Johann Paul Glück stammte aus Reichelsdorf. Im Verhör vom 19.10.1733 sagte Andreae über ihn, es "wäre eine bekannte Sache, daß dieser schon 4. Jahre mit dem Zollwesen, von denen hier abgehenden Kaufmanns Güthern, umgehe, auch lange Zeit alle Sonnabend hier gewesen seÿe und obacht gehabt habe, was von dergleichen abgeführet worden." In den Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calendern für 1747, 1748 und 1754 wird er als ist er als Zoll-Commissarius verzeichnet. Falckenstein verzeichnet ihn 1740 als Zoll-Inspector und 1756 als "Zoll-Commissarius von 4. Ober=Aemtern". Glücks Tochter Sybilla Helene kaufte 1764 um 6600 Gulden das Haus in der Königstraße 2 in Schwabach. Auch hier wurde der Vater als Zollkommmissar bezeichnet. Nach Schuhmann war er von 1765 bis 1770 Oberzollkommissar in Schwabach.
    Verhör Andreae, 19.10.1733, Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 239
    Dehm, Karl; Heckel, Gottlob: Häusergeschichte der Altstadt Schwabach. Schwabach 1970, S. 256
    Falckenstein, Johann Heinrich: Chronicon Svabacense. Schwabach: Johann Jacob Enderes 1740, S.28
    Falckenstein, Johann Heinrich: Chronicon Svabacense. Schwabach: Johann Jacob Enderes 1756, S.83
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1747, S. 55
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1748, S. 55
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1754, S. 62
    Petzold, Johann Wolfgang: Chronik der königlich bayerischen Stadt Schwabach. Schwabach: Theodor Mizler 1854, S. 139
    Schuhmann, Günther: Die Deliciae topogeographicae Noribergenses und ihre Verfasser. Jahrbuch für fränkische Landesgeschichte 19 (1959), S. 493.
  3. Johann Gunzelmann wurde am 31.07.1672 in St. Lorenz getauft: "Basilius Gunzelmann, Mußquetierer allhie. Sophia. Johann. Allmann, Schellenmacher, 31. [07.1672]", Taufen St. Lorenz 1668-1680, S. 78 (Scan 37). Am 21.01.1700 heiratete der Kupferdrucker Johann Guntzelmann Anna Steinhauser: "Der Ers. u. Kunstr. Joh. Guntzelmann Kupferdrucker, deß Ers. Basilius Guntzelmann [?] Gesellen S.N.E.S., J. Anna, deß Ers. Joh. Steinhauser, Hefftleinm. E. T. [...] d. 21. Jan [1700]", Trauungen St. Sebald 1692-1727, S. 170 (Scan 88), Eintrag 9.
  4. Hubert scheint Hausverwalter in Nördlingen gewesen zu sein. Der Brief von Hubert liegt im Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 263-266.
  5. Der Buchdrucker Johann Franz Hanck in Stadtamhof (Regensburg) ist 1732 gestorben. Seine Witwe Maria Apollonia führte die Druckerei bis 1738 weiter.
  6. "Johann Hahn, Burger und Corporal unter der hiesigen alten Mannschafft, ein Weib und 5. Kinder habend, und 58. Jahr alt", Verhör vom 19.10.1733. Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 232.
    Der Proviantmeister Johann Hahn wurde am 09.05.1749 bestattet. Seine Ehefrau Elisabetha wurde am 12.05.1754 bestattet, dabei wurde ihr verstorbener Mann als "Proviant-Meisters unter dem General-Hölzlischen Regiment" bezeichnet. Bestattungen St. Sebald 1741-1754, S. 335 (Scan 201); St. Lorenz 1742-1789, S. 193 (Scan 152).
  7. Johann Adam Kreith war der Ordinari=Botte nach Regensburg. Nigrinus, Joseph Paul: Verzeichnus der Republic Nürnberg Regenten / Beamten und Bedienten. Freiburg 1732/33, S. 165.
  8. Der Spiegelmacher Conrad Berndt (1683-1739) war der Vater des Spiegelmachers und Kupferstechers Johann Christoph Bernd (1707-1798).
  9. Haas war Ansbacher Agent im Heilsbronner Hof.
  10. Konrad Stephan Zinn war von 1723 bis 1763 Kastner in Schwabach.
    Petzold, Johann Wolfgang: Chronik der königlich bayerischen Stadt Schwabach. Schwabach: Mizler 1854, S. 136
    Historisches Stadtlexikon Schwabach 2008, S. 818 (Verfasser: Wolfgang Dippert).
  11. Carl Sigmund Ferdinand Grundherr (1699-1763) war seit1728 Alter Genannter und seit 1731 jüngerer Bürgermeister. Vgl. Fleischmann, Peter: Rat und Patriziat in Nürnberg (= Nürnberger Forschungen, Band 31/2). Neustadt a.d. Aisch: Schmidt 2008, S. 485-491
  12. Grundher hat 1723 Sabina Regina Pömer (1702-1778) geheiratet.
  13. Adolph Georg Haas wird 1732 im Verzeichnis der Beamten als Schreiber bei St. Elisabeth geführt. 1748 wurde er als Gerichtsschreiber bestattet: "Der Ehrnvest, Vorachtbar u: Rechtsgelehrte Adolph Georg Haas, E.H.E u: H. W. Raths am Ehrlöbl. Stadt- u: Ehe-Gericht wolverdienter Gericht-Schreiber, an der Fleischbrucken. ♂. d. 17. dit. [Dezember 1748], dreÿerl. St. Roch:", Bestattungen St. Lorenz 1742-1789, S. 102 (Scan 106), Eintrag 107.
  14. Vermutlich der Notar Johann Christoph Krausen.
  15. Vgl. Müllner, Johannes: Die Annalen der Reichsstadt Nünberg von 1623. Band 1. Nürnberg 1972. Band 2: Nürnberg 1984.
  16. Gabriel Bodenehr der Jüngere (1705-1792) war Kupferstecher in Augsburg.
  17. waschhaftig: geschwätzig.
  18. Der Scribent Albrecht Dannreuther wurde am 12. Januar 1733 bestattet, Bestattungen St. Sebald 1732-1740, S. 50 (Scan 43), Nr. 9.
  19. Johann Georg Kittler schrieb sich 1706 an der Universität in Altdorf ein. 1732 war er Prokurator am Nürnberger Untergericht. Kittler wurde am 30.03.1733 bestattet, Bestattungen St. Sebald 1732-1740, S. 61 (Scan 49), Nr. 65.
  20. De pane lucrando: um des Brots willen.
  21. Wahrscheinlich Franz Ludwig von Fichtel (1678-1758), der später Hofkanzler unter den Würzburger Fürstbischöfen Friedrich Karl von Schönborn und Carl Philipp von Greiffenclau wurde.
  22. Dieser Person konnte bislang nicht näher identifiziert werden.
  23. Möglicherweise täuschte sich Andreae hier beim Namen, denn 1732 war der Vorrathschreiber in der Peunt Christoph Rupprecht. Vgl. Nigrinus: Joseph Paul: Verzeichnus der Republic Nürnberg Regenten, Beamten und Bedienten. Freiburg 1732, S. 91.

 © 2004 - 2024  | Astronomische Gesellschaft in der Metropolregion Nürnberg e.V. (AGN)
Datenschutz         Impressum         Haftungsausschluss