Briefwechsel Johann Michael Franz


Kurzinformation zum Brief zum Original
Autor Franz, Johann Michael (1700-1761)
Empfänger Trew, Christoph Jacob (1695-1769)
Ort Göttingen
Datum 5. Oktober 1755
Signatur UB Erlangen: H62/TREWBR FRANZ_JOHANN_MICHAEL[5, Bl. 1r-2v
Transkription Hans Gaab, Fürth


  Wohlgeborner Herr,
      Hochzuehrender Herr Hoffrath!

Euer Wohlgebohren muß ich gar sehr um Vergebung bitten, daß ich weggegangen, ohne wegen meiner Schuld Abrede zu nehmen.[1] Mich reuet sehr, daß ich mich des Hl. Regenfuß angenommen,[2] oder vielmehr überhaupts, daß ich überal zu gute gewesen. Dann am Ende ist Undank in fine laborum und es hat mir niemand besser bewiesen als derjenige, der in Nürnbl. mein allernächster war. Diesem habe ich nun 25 Jahr her umsonst gedient,[3] und statt er mir berechnete 3600 fl. Arbeits lohn bezahlen sollte, hat

[Bl. 1v]
Er einen schändlichen Process wieder mich erhoben, u. nicht nur in Nürnbl. Landen, auch in Hannov. um alles, Handlung, Dienst und Ehre zu bringen gesucht, und da er wohl wuste, daß ich einen hannoverl. wiederholten Befehl in Hände hatte, den dienst anzutretten, hat er mich nichts desto weniger über die Zeit durch ein abgenöthigtes Handgelübde ein gantz viertel Jahr aufgehalten und mich damit um meine vierteljährige Besoldung von 240 fl gebracht, ja gar seine Raserey so weit gehen lassen, daß er mir nicht anderst als einen deserteur versiegeln wollen lassen, plane inaudito scelere,[4] da doch ich derjenige bin, der die gerechteste Pretension an ihn machte, also daß ich doch noch immer dasjenige Memorial lesen möcht, wo dl. Magistratus illustris Ihme die Gewalt zu einer Versiegelung gegeben. Dieses ist mir biß zur Stunde eine gantz unbegreifl. Sache. Inzwischen hat diese vormals lezte Unternehmung ein falsches Gerücht nach Anspach gebracht, daß ein dasiger Crediteur den

[Bl. 2r]
ersten October, wo ich fällige 1000 fl schuldig war, u. nun auch würcklich bezahlet habe, mit einer höchst injurieusen Klage vor Verfall Zeit anticipirte, u. mir abscheul. vielen Verdruß u. Unkosten in Nürnbl. u. Hannover causirt, so daß die Hannoverl. u. Göttingl. Juristen, welchen alles kund geworden, mich jezo animiren, u. mir zu einem Injurien- und Separations-Process anrathen. Doch ich gedenke der VII Bitte im Vater unser.[5] Mein Schicksal habe ich überstanden, nun ist die Reyhe an dem zweyten. Mein Weggehen war ein Abzug zu meinem Amt und Beruff, u. es ist nun offenbar, daß man mir Gewalt und Unrecht angethan hat, nachdeme ich in der wenigen Zeit meiner Abwesenheit bereits bei 2400 fl hinauß geschickt habe. Auch Ewl. Wohlgebohren wären hievon bezahlet worden, wenn nicht durch die infame gottlose Intrigen desjenigen, den mir Hl. Dr. Homann s.[eelig] zugesetzet,[6] mir alles auf einmal wäre auf den Hals gesetzet worden. Nun sollte ich deroselben Zahlung und gewisse Verrechnung thun,

[Bl. 2v]
aber auf einmal will mirs bey hiesigen neuen Einrichtungen zu schwer fallen, und ich muß noch um Gedult bitten, biß ich ein wenig zu Kräfften komme, u Capital u. Zinß abzahlen kan. Der undankbare Regenfuß antwortet mir kein Wort, u. Mr. Julien[7] habe ich von hieauß 2mal geschrieben, er ist mir allein 40 fl schuldig, ohne das gemeinschafftl. Grund Conto mit zu verstehen. Das Kugelwerk gehet nun Gottlob gut vonstatten, und ich habe an hohen Ort erwiesen, daß für 20.000 fl gewisse Bestellung vorhanden, u. noch weit mehr, wann die ungewissen darzu genommen werden. Und eben dieses Kugelwerk ist der pomum Eridos,[8] das den zweyten propter exclusivam so sehr in Harnisch gebracht hat.

Ich habe nun wegen des Engl. Couriers nach London u. auch Hannover die beste Correspondentz, und geht alles franco und geschwind; daher ich diese Gelegenheit zu dero Einschlüssen recommendiren, u. stehet zu Befehlen. Auch nehmen alle die medicinl Disssertationen zu dero Diensten, die ich allezeit als Profess. wie jede andere bekomme, und nicht nutzen kan. Ich will sie franco allezeit einschicken. Empfehle mich zu dero hochgeschätzen hohen Wohlgewogenheit, und habe ich die Ehre mit aller ersinnlichen Veneration zu seyn

Ewl. Wohlgebohren Meines
Hochzuehrenden Herrn Hofr.

Gehorsamster D.
J. M Frantz  
R u PPO

Göttingen den 5. 8br
      1755

Ich kan auch jetzt den Manby[9] pressiren, wann Ewl. Wohlgebl. mir ein Schr. für ihn zusenden wollen.[10]


Fußnoten

  1. Von seiner Schuld gegenüber Trew ist auch in seinem Brief vom 12. April 1755 die Rede.
  2. Franz Michael Regenfuß (1713-1780) war Kupferstecher und Sammler.
  3. Johann Georg Ebersperger (1695-1760) führte zusammen mit Franz ab 1730 das Landkartenofficin von Homann unter der Bezeichnung Homanns Erben weiter.
  4. ein unerhörter Frevel.
  5. Erlöse uns von dem Bösen.
  6. Eine erneute Anspielung auf Ebersperger: Johann Christoph Hommann hatte bei seinem Tod 1730 testamentarisch verfügt, dass die Handlung von Franz und Ebersperger gemeinsam weiter betrieben werden soll.
  7. Roch-Joseph Julien (vor 1740-1777) vertrieb Landkarten in Paris, wofür er u. a. Karten aus dem Verlag Homanns Erben importierte.
  8. Pomum Eridos: Der Zankapfel.
  9. Richard Manby war Buchhändler in London, mit dem Trew in Kontakt stand.
  10. Einschub am linken Rand von Blatt 2v.