Briefwechsel Georg Moritz Lowitz


Kurzinformation zum Brief  
Autor Münchhausen, Gerlach Adolph von (1688-1770)[1]
Empfänger Scheidt, Christian Ludwig (1709-1761)[2]
Ort Hannover
Datum 14. September 1754
Signatur Universitätsarchiv Göttingen: Kur. 5756, Bl. 50r-55v
Transkription Hans Gaab, Fürth


14. Septbr. 1754
An den HofRath Scheidt
alhier.

Unsere p

Uns würde lieb gewesen seÿn, durch Euer Promemoria vom 6ten dießes und die dabeÿ producirete Briefe des Raths Franz und Professors Lowitz das in Vorschlag gekommene Project, wegen Übernehmung dieser beÿden Männer in Sr. K. Mt. unßers allergnädigsten Herrn Dienste, und Hinziehung ihres Welt-Kugel-Laboratorii nach Göttingen, dero Gestalt zur Precision gebracht zu sehen, daß davon so fort an Sr. Königl. Mt. zu allergnädigster Genehmhaltung

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berichtet, und darauf zum Schluß und zur Erfüllung geschritten werden könnte. Wir finden aber in besagten Briefen, zumahlen wann wir den neueren vom 31ten pr. mit deren hiebeÿ zurückgesenden älteren vom 15. 17. und 24ten ejusdem zusammenhalten,[3] Umstände und Zweifel, welche nothwendig zuforderst erläutert und gehoben werden müßen, wofern nicht an der eine oder andern Seyte ein solcher Miß-Verstand eintreten soll, woraus in der Folge nur Unzufriedenheit entspringen würde.

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Unser an Euch dießer Sache halber abgelaßenes Voriges wird ergeben haben, was maßen unser Erbeten:

  dem Rath Frantz eine Besoldung von 200 Rthl und dem Professori Lowitz eine Professionem Mathematicum mit 400 Rthl Besoldung beÿ zu legen, anbeÿ zu Fortsetzung ihres Welt-Kugel-Laboratorii ein Capital von 2000 Rthl zinsen-freÿ vorzustrecken, die Gegen-Bedingungen zum Grund haben:
daß bemeldete beÿde Persohnen 1o) ihr Do-

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  micilium, und
2) das Welt-Kugelen-Laboratorium, nach Göttingen transferiren sollen.

Diese gedoppelte Gegen-Bedingung ist auch um so mehr wesentlich, als die einige Absicht, welche uns bewogen hat, in das angetragene, zwar an sich begünstigungs-würdige im übrigen aber mit vieler Weitläuftigkeit und Mißlichkeit begleitete Project, quoad quaestionem an hineinzugehen, darin bestehet, daß mehrbenannte beÿde Männer beÿ der Universitaet zu Göttingen genutzet und gebrauchet werden, und dieser aus der Anrichtung des Welt-Kugeln-Labo-

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ratorii an demselben Orte erste subsistiret, eine Fama zuerachten möge.

Nun hat zwar der Professor Lowitz die angebotene Professionem und Bezahlung positive angenommen, und hat sich erklähret einer zu ihn ergehenden Vocation fordersamst zu folgen.[4] Er setzet aber zugleich in seinen Briefen deutlich voraus, daß des Laboratorium nicht in Göttingen, sondern hier in Hannover subsistiren müße. Und in den älteren Briefen des Raths Frantz sind

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deshalben solche Uhrsachen angeführet, welche zwar nicht unwiederleglich sind, jedoch die Convenienz der Entrepreneurs des Laboratorii zum Augenmerck haben, und demeinhero ihrem Ermessen billig freigestellet bleiben.

Der Rath Frantz machet daraus kein Gehehl, daß er vorerst sein Domicilium nicht mutiren könne, suchet auch eine Exspectantz[5] auf Veillotters Residentenschaft, welche zwar in einem bloßen Praedicat ohne Function bestehet, deren Erhaltung jedoch ihm nichts nützen könte, wann er

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nicht in Nürnberg zu bleiben gedächte. Und wenn man dabeÿ die, aus seinen Briefen erhellende Umstände, von der Direction der Hohmannischen Landcharten Fabric, und der Cosmographischen Gesellschaft, womit er beladen ist, betrachtet, so sehet man fast nicht, wie er aus Nürnberg füglich werde loß kommen können.

So wie die Sache dermahlen lieget, wird es demnach auf nachfolgende Puncte ankommen:

1o) ob beÿde Männer gewillet und im Stande

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sind, nach Göttingen sich zu wohnen zu begeben, und zwar der Rath Frantz binnen Jahr und Tag, und der Professor Lowitz binnen einem halben Jahre nacherhaltener Vocation? und

2) ob sie das Welt Kugeln Laboratorium nach Göttingen, nicht aber nach Hannover, transferiren wollen und können? Gehen sie diese beÿden Puncte affirmative und pure ein; So ist sodann

3o) nur der Punct wegen der Transport- und Anzugs=Kosten noch auszumachen, worüber wir ihre Forderung intendentes[6] erwarten.

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Wann aber der Professor Lowitz nur allein kommen kan und will, so ist es 4) eine Praeliminar-Frage, ob der Raht Frantz beÿ dem Welt=Kugeln Laboratorio werde entbehret, und dießes in deßen Oberfreiheit betrieben werden können?

Vermeynen beÿde /: maßen wir uns denn bereits auf ihr als ehrlicher Männer Befinden und Wort verlaßen :/ daß solches thunlich seÿ, so sind wir erbötig mit dem Professore Lowitz das Engagement auch allein auf der vorhin

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gedachte Bedingungen zu schließen, daß er mit 400 Rthl Besoldung Professor zu Göttingen werde, und das Laboratorium dahin transferire, beÿ welchem letzteren Puncte wir jedoch solche temperamenta, welche dem Vertrieb der verfertigten Kugeln zuträglich, und der Verwaltung der Profession nicht gäntzlich entgegen sind, zu admittiren uns nicht entlegen wollen.

Den Raht Franz betreffend, wird ferner in dem oben besagten Falle, nemlich wann seine Anwesenheit zu Göttingen zu Fortsetzung des Kugeln-Laboratorii nicht nothwendig ist, und er in der gesetzten Zeit nicht nach Göttingen ziehen, sondern in Nürnberg bleiben will, nicht thunlich seÿn, ihm eine

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Besoldung zuzuwenden. Wann er aber abwesend dem Instituto, und sonsten nach Gelegenheit der Universtitaet mit seiner Wißenschaft zu statten kommen will, sind wir geneigt, beÿ Sr. K. Mt. ihn das Praedicat dero Rahts, welches ihn, wann er sich nach Göttingen begeben will, noch weniger versaget werden wird, und die Residentenschaft zu Nürnberg, auf gleichen Fuß, als Veillotter sie hat, aus zu würcken, und zu veranlaßen daß er zum Mitgliede der Göttingischen Societaet der Wißenschaften

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erwählet werde.

Ihr werdet obiges mehr besagten beÿden Männern zu ihrer weiteren Entschließ- und Erklährung bekannt machen, und ihnen an Hand geben, daß sie die Bedingungen, welche ihnen von uns geboten sind, in sofern sie solche annehmen, und diejenigen, welche sie dagegen leisten wollen, schriftlich in Form einer Punctation oder eines Contracts entwerfen, und solchen Entwurf, Euch zukommen laßen, damit wir uns durch einen Gegen Entwurf schließlich erklahren können. Han. 14. Septbr. 1754.


Fußnoten

  1. Gerlach Adolph von Münchhausen (1688-1770) war Minister des Kurfürstentums Hannover. 1734 war er einer der Begründer der Georg-August-Universität in Göttingen. Ab 1753 war er als Kammerpräsident für das Ressort Finanzen zuständig.
  2. Christian Ludwig Scheidt (1709-1761) war seit 1748 Hofrat und Bibliothekar in Hannover. Zu ihm siehe: Büsching, Anton Friedrich: Beyträge zu der Lebensgeschichte denkwürdiger Personen, insonderheit gelehrter Männer, Band 3. Halle: Curt 1785, S. 263-316.
  3. Diese Briefe sind nicht überliefert.
  4. Vgl. den Brief von Lowitz vom August 1754.
  5. Exspectantz: Anwartschaft auf eine besetzte Stelle.
  6. Intendentes: gespannt.