Briefwechsel Georg Moritz Lowitz
Kurzinformation zum Brief | |
Autor | Lowitz, Dorothea Regina Elisabeth (1723-1765) |
Empfänger | Rat der Stadt Göttingen |
Ort | Göttingen |
Datum | 8. November 1756 |
Signatur | Stadtarchiv Göttingen: AA Nr. 3804, Bl. 19r-20r |
Transkription | Hans Gaab, Fürth |
[Bl. 20r]
In vim pro superfluae interpositae
Supplicationis, pro notorietate actorum
Remonstratio legitima, cum Petito
conformi:
Abseiten
Der Professorin Lowitz geborner Riepenhausen
alhier
hat Anl: A. u. B. u. C
in pcto: eines nach=
gesuchten gerichli=
chen Zeugnißes.
in simplo
[Bl. 19r]
Praes. den 8ten Nov: 1756[1]
Wohl= und HochEdelgebohrne, Hoch= und Wohl=
Edle, Veste, Großachtbahre, Hoch= und Wohl=
gelahrte, Hoch= und Wohlweise, Insonders
Hoch= und vielgeehrte Herren, Bürgermei
ster, Sÿndici und Rath der Stadt
Göttingen !
Hat jemahls eine unbefugte Protestation das Glück gehabt, beÿ einem Gerichte Ingress[2] zu finden, so ist es gewiß die, welche beÿ Ew. Wohl= und HochEdelgebl. abseiten meiner Geschwister neuerlich übergeben und worauf das beÿ denenselben von mir nachgesuchte Attestatum judiciale, daß auf meinen allhier in Göttingen an der Wehnder Gaße belegenem mir beÿ der väterlichen Erbtheilung eigenthümlich zugefallenen Hause keine ge=
[Bl. 19v]
richtlich ingrossirte[3] Schulden hafften, mir per
Resolutionem von den 19ten vorigen Monaths[4] so
gar gäntzlich verweigert werden wollen. Wie nun aber
1.) schon Jure Gentium[5],
Steuer der Wahrheit niemand zu versagen ist;
2.) das beÿ diesem hochlöblichen Magistrat selbst in gerichtlicher
Notorietaet[6] beruhende Datum das von
mir verlangten Zeugnißes aber auch
3.) selbst von den zudringlichen Protestanten
in ihrer des behuef übergebenen so rubricirten[7]
Vorstellung, nicht einsten Zweifel gezogen,
geschweige denn verneinet. Vielmehr
4.) von diesen nur eine, allenfalls, actione
personali[8]
gegen mich, in foro competenti,[9] aus
zuführende, so gantz unbestimmete als, nach
denen, wiewohl pro Sola Informatione hujus
Judicii,[10] ohne sich darauf einzulaßen, desuper
protestando, diesen sub A. et B. beÿgefügten
Anlagen,[11] gantz unerfindliche und am wenigsten
hieher gehörige Forderung formiret wird:
so ergehet, in vim pro Superfluo interpositae
Supplicationis,[12] an Ew. Wohl= und HochEdelgeb.
[Bl. 20r]
mein nochmahls wiederhohltes dienstrechtliches
Bitten: dieselben mir das schon vorhin
erbethene Attestatum judiciale nunmehro
ohne weiteren Anstand des fordersahmsten
zu ertheilen, oder aber, in fernerer Entstehung
deßen, mir nicht zu verdencken belieben
wollen, wenn über allsolche beharrliche
Verweigerung, ut denegatam Justitiam[13]
höheren Orths gar nichte Beschwerden zu führen
und allenfalls wegen alles deshalb erleidenden
Schadens den erforderlichen Regress
zu suchen mich nothgedrungen finden
werde.
Die sonst mit gebührender Hochachtung und Geflißenheit allstets bin
Ew. Wohl= und HochEdelgebohren
ergebenste und bereit=
willige Dienerin.
Dorothea Regina Elisabeth Lowiz
gebohrne Riepenhausen
conc. Pettenholt[?]
P.S. Damit ich übersehen könne, daß
mein sämtl. in adj. C. bemeldtes Immobilial-Vermögen
von Hypothequen frey sey: so will extensionem attestatio
auch dieselbe specialiter gebethen haben !
Beilage: Die Vereinbarung von 1753
[Bl. 21r]
Demnach die Vertheilung weyl. hiesigen Bürgermeisters Otto Riepenhausen
Verlaßenschafft am heutigen dato solchergestalten völlig geendiget
und beschloßen worden, daß derab ein jeder Erbinteressente den ihm
gebührenden Anteil richtig empfangen und erhalten; die MitErbin Demoiselle
Riepenhausen auch, von der gehabten Erbschafftl. Einnahme, richtige Rechnung
abgeleget; als bezeugen wir zu Ende unterschriebenen, daß unsers respectivè
Vaters und Schwiegervaters, weyl. Bürgermeisters Otto Riepenhausen
Verlaßenschafft, inhalts des darüber verfertigten förmlichen Inventarii,
gehörig vertheilet, und ein jeder von uns unterschriebenen den ihm gebührenden
Antheil richtig und unabgekürzt verglichener maaßen erhalten;
[Bl. 21v]
wir auch, solcher Erbschafft wegen, an der MitErbin Demoiselle Riepenhausen
nichts weiter, es habe Nahmen wie es wolle, zu fordern haben,
gestalten dieselbe, die verzeichnete Erbschaffts-Sachen, so dieselbe unter
Händen gehabt, gehörig und richtig zur Theilung geliefert; zu deßen
beglaubigung wir Ends unterschriebenen gegenwärtigen Quitungs-Schein eigenhändig
unterscheiben. Geschehen Göttingen den 1sten September 1753.
D. Georg Andreas Cassius
D. M. Cassius gebl. Riepenhausen
Otto Riepenhausen
Fußnoten
- ↑ Datum von fremder Hand eingefügt.
- ↑ Ingress: Eingang.
- ↑ "Ingrossiren, ist ein Cantzley-Wort, und bedeutet eine Schrifft ins reine und gehörige Form bringen", vgl. Zedlers Universallexicon.
- ↑ Am 19. Oktober 1756 war Dorothea Lowitz vom Bürgermeister Georg Friedrich Morrien (1690-1774) mitgeteilt worden, dass wegen der Protestation ihrer Verwandten "das verlangte Attestat zur Zeit nicht ertheilet werde" (Stadtarchiv Göttingen: AA Nr.3804, Bl. 18r).
- ↑ Ius Gentium, das "Recht der Völker". Im römischen Recht Bestimmungen, die den Umgang mit Fremden regelten.
- ↑ Notorietaet: das Offenkundigsein.
- ↑ so rubricirten: so betitelten.
- ↑ actio personalis: gerichtliche Handlung gegen eine Person, vgl. Zedlers Universallexikon.
- ↑ foro competenti: angemessenen Ortes.
- ↑ pro Sola Informatione hujus Judicii: zur alleinigen Information des Gerichts.
- ↑ Diese Beilagen sind nicht überliefert.
- ↑ in vim pro Superfluo interpositae Supplicationis: kraft der überflüssiger Weise dazwischengeschobenen Bittschrift.
- ↑ denegatam justiam: Verweigerung der Gerechtigkeit.