Briefwechsel Georg Moritz Lowitz


Kurzinformation zum Brief  
Autor Lowitz, Georg Moritz (1722-1774)
Empfänger Deputation der Universität
Ort Göttingen
Datum 10. Dezember 1763
Signatur Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, Scan 296-303
Transkription Hans Gaab, Fürth


praes. den 13. Dec. 1763.


Königliche Großbrittanische zur Hochlöbl.
Deputation der Georg-Augustus-Universtität
Höchst und Hochverordnete Herren
Prorector[1], Decani und Professores,
Magnifice,
Hochwürdige, Wohlgebohren
Hochgelahrte
Insonders Höchst- und Hochzuverehrende
Herren !



Ew. Magnificence, Hochwürden und Wohlgebohren erlauben gütig, durch gegenwärtige nothdringliche Vorstellung zu erkennen zu geben, daß der unterm 28.ten Nov. a. c. ex officio[2] ausgefertigte, und mir erst am 3.ten Dec: darauf zu Mittage durch den Pedell Willig[3] eingehändigte Bescheid

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vermöge welchen ich binnen 3. Wochen meine Defensions-Schrift wegen des schändlichen boshafter Weise auf mich gewältzten Pasquillen-Proceßes einkommen solle, viel zu frühzeitig ertheilet worden: und daher nothwendig wiederum bis nach erhaltenen completten Acten, und abgehörten Defensional Zeugen, aufzuheben ist. Denn da es nicht unbekannt seÿn kann, daß mir noch nicht alle Actenstücke mitgetheilet sind: und, da auch viele andere sich noch auser der mir zur Einsicht vorgelegten Sammlung befinden, die nothwendig vorher herbeÿ geschaffet, und denen Acten beÿ gelegt, auch mir abschriftlich mitgetheilet werden müßen; so ist klar, daß ich in Ermangelung der vollständigen Acten noch keine Anstalt, weder zur Abhörung der mir nöthigen Defensional Zeugen habe machen, noch mich zur

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Defension selbst habe vorbereiten können. Zumahl da Ew. Magnificenz, Hochwürden Wohlgebohren in diesem verwirrten Proceß nichts untersuchet, auch der Wahrheit nicht nachgespüret, sondern nur gesamlet, und catalogisiret haben; so ist mir dadurch die Defension um so viel schwerer gemacht, und mit mehrern unnöthigen Umständen verwickelt worden; da alles in den blosen Zustande der boshaften, verwirrten, dunklen, und verdreheten Anzeigen meiner Feinde geblieben ist.

Dieser Bescheid wurde mir erst fünf Tage nach deßen Ausfertigung in die Hände geliefert, ohne daß darauf die Insinuation[5] documentiret worden ist. Es gehen dahero von denen mir gesetzten 21. Tagen schon 5. Tage verlohren, und es blieben also zur Einbringung meiner Defensions-Schrift nicht völ=

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lig nur 16. Tage übrig; in welcher Zeit nicht einmahl die Defensional Zeugen können abgehöret werden. Hat man doch nur mit der Sammlung dieser Schandblätter weit über ein halbes Jahr zugebracht: da dieser Proceß sehr leicht in 3. Wochen eben so weit, als er jetzt gekommen ist, hätte gebracht werden können.

Ew. Magnificence, Hochwürden und Wohlgebohren wird noch erinnerlich seÿn, daß ich, auser denen schon im October vor erst mir ausgebethenen Acten Stücken, die ich aber bis jetzt noch nicht alle in die Hände bekommen habe,[6] um die abschriftliche Mittheilung der sämtlichen Acten, kein Blatt ausgenommen, mündlich ansuchte; und ich muß mit gegenwärtigen noch einmahl gehorsamst schriftlich darum bitten, mir dieselben auf meine Kosten durch die beeÿdigten oder andere abschreiben, so bald als es nur möglich ist,

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in meine Hände liefern zu laßen. Selbst die Umschläge die beÿgelegte Billete, und andere Blätter sind davon nicht ausgenommen, weil alles mich nur zu graviren, ohne Unterschied gesendet worden ist; so muß ich mich auch gegen alles, was in diesen Acten lieget vertheidigen. Ich verlange also aus der gegenwärtigen Samlung, nur die eingelegten Pasquille und meine eigenen Schriften ausgenommen, die folgenden Nummern: 1. 3. aber ohne meinen Brief. 4. 6. 7. 8. 10. 11. 12. 12. 14. 15. 16. ohne das Decret. 17. 18. ohne meinen Brief 19. 20. nur die meinem P. M. beÿgefügte Uberschrift 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. ohne das Pasquill. 30. 31. ohne das Pasquill. 32. ohne die Resolution an mich. 34. 35. ohne das Pasquill. von 26. nur die Anlage sub lit. b. 37. nur den Umschlag oder die Uberschrift, 38. ohne das Pasquill. 39. ohne das Schreiben. 40. ohne das Pas=

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quill. 42. 43. ohne das Schreiben. 44. ohne das Schreiben. 48. nur den Umschlag oder die Aufschrift über die Schrift: Anderweitige Betrachtung p 49. ohne die Pasquille. 53. ohne das Decret. 54. ohne die Pasquille; auch die vollständige Designation aller vorhandenen Actenstücke, die bisher gefehlet hat.

Damit die Mittheilung dieser Actenstücke ohne Bemühung geschehe; so werde ich dem Pedellen Fricke dieses Verzeichniß besonders zustellen, damit er sie so, wie welche abgeschrieben sind, wieder zuruck geben, und andere dafür unter die Hände nehme könne.

Ew. Magnificence, Hochwürden und Wohlgebl. erlauben mir gütigst anzuzeigen, daß seit meiner vorigen Einsicht der Acten eine Veränderung in denenselben vorgegangen ist. Es war sub Nro. 48. eine weitläufigte Schrift von mir befindlich, die einen Umschlag hatte, worauf mit eigner Hand Hln. Prorectoris Magnificence geschrieben stund des Inhalts: daß diese Schrift, weil sie verschiedenes, die

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Pasquillsache erlauterndes, in sich enthielte, ex officio beÿgelegt wurde.[7] Diese Schrift ist nunmehr wiederum von den Acten hinweggenommen, und an deßen Stelle ein anderes Blatt, das zum ersten Protocoll der vorhergehenden 47.ten Nummer vom 28. Sept gehöret, davon das 2.te Protocoll vom 10. Oct, eingelegt ist. Mir ist dieses neue mit 48. numerierte Blatt schon sub Nro. 47., wohin es eigentlich gehöret, abschriftlich mitgetheilet worden. Es muß also diese widerrechtlich ausgenommen Schrift wiederum in deßen erste Stelle geschaffet, und das andre Blat in das Protocoll vom 28. Sept: eingelegt werden. Uebrigens protestiere ich für diese und künftige Vergäntzungen[8] der Acten auf das feÿerlichste: und bitte vielmehr gantz gehorsamst, lieber so bald es möglich ist, die große Anzahl der übrigen noch fehlenden Actenstücke, die ich in einer besonderen Vorstellung benahmen will, herbeÿ zu schaffen, und denen Acten beÿzu legen: so wie es indeßen mit dem schon oft geforderten Verweiß

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der Hochlöblichen Deputation an dem Profeßor Köhler ergangen ist; den ich aber ohne das Königl. Regierungs-Rescript, welches diesen Bescheid veranlaßet haben soll, letzthin beÿ Nr. 36. sub lit. b. eingeschaltet, angetroffen habe. Unter Erwartung einer höchst- und hochgeneigten baldigen Resolution habe ich die Ehre in möglichster Hochachtung zu verharren



Ew. Magnificenz,
Hochwürden und Wohlgebohren



Göttingen den 10 December 1763.

gehorsamster Diener
Georg Moritz Lowitz



Fußnoten

  1. Vom 04.07.1763 bis zum 03.01.1764 war Johann Stephan Pütter (1725-1807) Prorektor. Er war seit 1753 ordentlicher Professor der Rechtswissenschaften an der Universität Göttingen.
  2. ex officio: von Amts wegen.
  3. Johann Christoph Willig (1726-1810) war Pedell der Universität in Göttingen. Vgl:
    Wagener, Silke: Pedelle, Mägde und Lakaien. Das Dienstpersonal an der Georg-August-Universität Göttingen 1737-1866. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1996, S. 512.
  4. Aktennummer im Pasquillenprozess.
  5. Insinuation: Zustellung.
  6. Das ist so nicht haltbar: Aus dem Brief von Lowitz vom 03.12.1763 geht hervor, dass er die damals verlangten Akten alle abschriftlich erhalten hat.
  7. Es handelt sich um das Schreiben von Lowitz vom 6. Oktober 1763, das in der Tat wenig zur Erhellung der Pasquillensache beitrug und deshalb ausgesondert wurde.
  8. Vergäntzung: Teilung in Stücke.