Briefwechsel Georg Moritz Lowitz


Kurzinformation zum Brief  
Autor Falcke, Johann Philipp Conrad (1724-1805)[1]
Empfänger Landesregierung in Hannover
Ort Hannover
Datum 17. September 1765
Signatur Universitätsarchiv Göttingen: Kur. 8213, Bl. 123r-125r
Transkription Hans Gaab, Fürth

Nr. 1. pr. 18. SEpt: 1765.
Balck[2]

Königliche Großbritannische und Churfürstliche
Braunschweig Lüneburgishe Hochverordnete Herren
Geheime Räthe !
Hoch= und Wohlgebohrne,
Hochgebietende Herren !

Von dem von Ewren Excellenzien unterm 15ten dieses mir zum räthlichen Bedencken zugefertigten und gestern Nachmittag überlieferten, hierbeÿ zurückgehenden Exhibito[3] bittet der Prof. Lowiz

I.) Daß zu seiner Zeit, wenn die Defensional=Artikel zu seiner Deduction würden abgefaßet seÿ, in Göttingen eine Commißion von zween oder mehreren, rechtschaffenen, derer Rechte erfahrenen und weder mit ihm noch mit seinen Feinden in einige Verbindung stehenden Männern, nebst Beÿfügung eines geschickten Protocollisten, mit Zu-

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laßung eines beÿm dortigen Gerichte immatriculirten und von ihm bestellten Notarii niedergesetzet, und durch diese Commißion alles, was er nöthig haben werde, zu den Acten gebracht werden mögte.

II.) Daß die Acta in caussa ciuili Lowitz a. Ayrer[4] et Consorten aufgesuchet, denen in Göttingen vorhandenen Pasquill=Acten beÿgeleget, ihm aber die Art dieser Beÿlegung bekannt gemacht werden mögte, damit er sich in seiner künftigen Deduction zur Bequemlichkeit des künftigen Referenten richtig darauf beziehen könne.

III.) Daß die beiden mit Königl. Regierungs Rescripten an die Universitäts-Deputation gesendete Rechts=Gutachten, wie auch die beiden dringenden Vorstellungen derer HofRäthe Aÿrer[5] und Michaelis[6], welche theils die Gründe des Verfahrens gegen ihn, theils die darauf gebauete Vorschriften dieses Verfahrens enthielten nicht allein denen gerichtlich verhandelten Pasquill=Acten, sie damit vollständig zu machen, beÿgeleget, sondern auch diese vier wichtigste Actenstücke von Gerichts wegen ab=

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schriftlich zum nöthigen Gebrauche beÿ seiner Defension ihm mitgetheilet werden mögten.

IV.) Daß die sämtlichen Gerichtlichen Acta cum annexis von der Universitäts Deputation abgefordert und hierher zur Königlichen Regierung gebracht, sodann einem hiesigen rechtschaffenen und berühmten Rechtsgelehrten, der niemahls etwas mit diesem Proceße zu thun gehabt, noch auch mit seinen Feinden oder ihm in einiger Verbindung stehe, aufgetragen werden mögte, in seiner Gesellschaft die gesamten Acten durchzugehen, und sich von ihm alle merckwürdigen Umstände, die darinnen vorkommen, alle Nullitäten, Verdrehungen, Verfälschungen, Vergehungen p.p. ferner seine Gründe zur Defension und Anfechtung des ganzen Verfahrens zeigen zu laßen, und endlich durch eine kurze Relation Ewren Excellenzien von denen befundenen Umständen zu referieren.

Quoad I.) wird sich allererst nach Einbringung und Einsicht derer Defensional=Artikel ergeben, ob das Zeugenverhör dem ordentlichen Berichte nebst

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Beÿordnung eines Notarien zu überlaßen, oder im Fall es selbst impliciret werden sollte, einer besondern Commißion zu übertragen seÿn.

Quad II.) sind die angezogene Acta ciuilia, und

Quoad III.) von denen angegebenen vier wichtigsten Acten=Stücken zweÿ, nämlich die beiden mit Rescriptis Königlicher Regierung instructionis Loco der Universitäts Deputation zugefertigen rechtliche Gutachten in denen mir mitgetheilten, hierbeÿ zurückkommenden Actis nicht befindlich, und vermag ich dahero nicht zu erwägen, ob und in wie ferne es rathsam, deren verlangte Communication zu bewilligen?

So viel aber die beiden dringenden Vorstellungen derer HofRäthe Aÿrer und Michaelis anlanget: So finde ich deren Einsicht= und Abschrift=Bewilligung um desto bedencklicher, je mehr zu besorgen stehet, daß von dem äusert erbitterten Imploranten deren Inhalt zur Verunglimpfung Georgiae Augustae gemisbrauchet werden

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dürffte, und je weniger derselbe sich mit Recht über deren Geheimhaltung beschweren kan, da sie /: ohne Zweifel aus eben der vorangeregten Ursache :/ keine Partes actorum geworden sind.

Quad IV. finde ich das Suchen auocationis[7], wenigstens noch zur Zeit und so viel ich aus diesen Actis ersehen kan, keines weges und um desto weniger gegründet, da, instructa caussa, acta ad impartiales extraneos verschicket werden sollen. Endlich das seltsame Suchen Commissionis zur Gesellschaftlichen dahiesigen Actenverlesung und hiernächstigen Relation an Königl. Regierung wäre meines unterthänig ohnmaßgebl. Erachtens als offenbar unschicklich, ungewöhnlich und unstatthaft abzuschlagen.

Ich beharre in tiefem Respect

Ewrer Excellenzien



Hannover
den 17ten Septemb.
    1765.

unterthäniger Diener
Johann Philipp Conrad Falck



Fußnoten

  1. Johann Philipp Conrad Falcke war seit 1763 Hof- und Kanzleirat in Hannover sowie Rechtskonsulent für die Landesregierung.
  2. Heinrich Eberhard Balck (1705-1769) war geheimer Kanzleisekretär in Hannover.
  3. Mit Schreiben vom 15.09.1765 forderte die Landesregierung Falck zur Stellungnahme zum mitüberlieferten Brief von Lowitz vom 02.09.1765 auf, Universitätsarchiv Göttingen: Kur. 8213, Bl. 117r.
  4. Johann Heinrich Ayrer (1732-1817) war seit 1760 Stallmeister in Göttingen, wobei er den Rang eines ausserordentlichen Professors hatte. Vgl.:
    Wähner, Andreas Georg: Tagebuch aus dem Siebenjährigen Krieg. Bearbeitet von Sigrid Dahmen. (= Quellen zur Geschichte der Stadt Göttingen, Band 2). Göttingen: Universitätsverlag 2012, S. 162, Fußnote 1075.
  5. Georg Heinrich Ayrer (1702-1774) war seit 1736 Juraprofessor in Göttingen, 1743 ernannte man ihn zum Hofrat. Der Stallmeister Ayrer war sein Neffe.
  6. Johann David Michaelis (1717-1791) war Theologe und Orientalist an der Universität Göttingen. U.a. er entwarf für die dortige Akademie der Wissenschaften die Satzung und war einige Zeit Sekretär, dann Direktor dieser Einrichtung.
  7. avocatio: Ablenkung.