Briefwechsel Georg Moritz Lowitz


Kurzinformation zum Brief  
Autor Lowitz, Georg Moritz (1722-1774)
Empfänger Deputation der Universität
Ort Göttingen
Datum 21. September 1767
Signatur Universitätsarchiv Göttingen: E-38-2, Scan 227-237
Transkription Hans Gaab, Fürth

[Scan 237]


praes. d. 21. Sept. 1767.

Geziemende Vorstellung
mit rechtlichen Anerbieten und Petitio
anseiten
des gewesenen Professoris, modo
Kaÿserl. Rußischen Ordentlichen Mitt=
gliede und Geographen der Accademie
der Wißenschaften in St: Petersburg
Georg Moriz Lowiz Imploraten[1].
Entgegen
den Curatorem meines Sohnes Advo=
caten Fincken[2] Imploranten

[Scan 227]

Königl. Großbritl. zur Churfürstl. Br.
Lünebl. Georg August Univ: Deputation
Hochverordnete Herren
Prorector[3]
Decani und Professores
Magnifice, Hochwürdige, Wohl= und
HochEdelgebohrne, Hochgelahrte
und HochzuEhrende Herren,


Diejenigen Effecten, welche mir meine seel. Frau Dorothea Regina Elisabeth gebohrene Riepenhausen[4], zugebracht haben mag, habe

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ich niemahlen sämtlich mit Augen gesehen, sondern es sind solche beständig biß an ihr Ende in ihren Händen und alleiniger Gewahrsam geblieben. Dieserwegen, und da überdem meiner seel. Frauen Mobiliar Verlaßenschaft sich bekandtermaaßen sub sigillo judiciali[6] mitbefindet, bin ich nicht vermögend, so gerne auch wollte, eine genaue Specification darüber ad acta zu liefern.

Ich bin inmittelst überzeuget, und kan es auch auf Erfordern mit reinen

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Gewißen betheüren, daß meiner seel. Frauen gesamte beweg= und unbewegliche Verlaßenschaft, darab meinem Sohne[7] infalls des von seiner seel. Mutter gerichtlich errichteten Testaments der Pflichttheil gebührend, nicht so beträchtlich seÿn, daß dieser Theil sich auf achtzehnhundert Thaler an Golde erstrecken könne.

Wie ich aber meines Sohns Vermögen, aus natürlicher väterlichen Affection ehender zu mehren als zu mindern gesonnen;

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so habe daher die zu Abfind= und Befriedigung meines Sohnes deßen vom rubricireten[8] Curatore in Bausch und Bogen geforderte Summe der achtzehnhunder Thaler an Golde, wie ante acta bezeügen, bereitwillig demselben accordiret und eingestanden.

Damit nun Eürl. Magnificenz Hochwürden, Wohl= und HochEdelgebohrn, beÿ dieser Lage der Sache keine Bedencken finden mögen, den zwischen meines Sohnes Curatore und mir respectu des ihm competirenden[9]

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Pflichttheil quaest. errichteten Vergleich Amts wegen zu genehmigen; so erbiete ich mich hiermit auf Erfordern eÿdlich zu erhärten, was maaßen ich glaube und versichert seÿn, daß der von obbemeldeter meiner seel. Frauen Verlaßenschaft meinem Sohn bestimmte Pflichttheil sich auf die Summa der achtzehnhundert Thaler an Golde würcklich nicht erstrecke, gleichwohl aber ich mich auch kräftigst dahin verbindlich gemacht haben wolle, ihm sothane Summe

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zu verschaffen, wie ich dann nicht nur geschehen laßen kan, sondern auch ausdrücklich gebethen haben will, daß die Hochlöbliche Deputation alles dasjenige, was nach denen der Königl. Churfürstl. Regierung in Hannover vorgängig zu bezahlenden Eintausend Thaler an Golde aus dem nachgesuchten öffentlichen Verkauffe meines Wohnhauses aufkommende und gelöset werdenden Kauffgelder übrig bleiben wird, auf Abschlag der meinem Sohne accordireten

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achtzehnhundert Thale qu: biß dahin, daß zu deßen sicherer zinßbahren Ausleihung Gelegenheit suppeditiren[10] werde, ad depositum zu nehmen; wobeÿ zugleich ich mich ferner hiemit verbindlich mache, daßjenige, was sodann zu Completirung und gänzlicher Abbezahlung mehrbemeldeter verglichenen Pflichttheil Gelder annoch ermanglen mögte, entweder in andere Wege gleichfals baar ad depositum zu verschaffen, und einzuliefern, oder aber dafür einsweilen rechtbeständige hinlängliche

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Sicherheit zu stellen.

Wie mir nun äuserst viel daran gelegen, daß Eürl. Magnificenz Hochwürden, Wohl= und HochEdelgeborn mentionireten ratione meines Sohnes competirenden Pflichttheil getroffenen Vergleich gerichtlich und von Obervormundschafts wegen födersahmst genehmigen, allermaaßen ich in Kaÿserl. Rußische Dienste zum ordentlichen Mittgliede und Geographen der zu St: Petersburg befindlichen Hochberühmten Accademie der Wißenschaften ohnlängst allergnädigst

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auf und angenommen worden bin, mithin also in Begrif stehe, so bald nur möglich dahin abzugehen; und aus dieser und mehr anderen Ursachen mich nicht länger hieselbst verweilen kann, und mag, sondern sofort die zu meiner Reise erforderlichen Arrangements veranstalten muß; so sehe mich daher genöthiget, Eürl. Magnificenz Hochwürden, Wohl= und HochEdelgebl. hiemit geziemend zu imploriren[11], dieselben wollen nunmehro mentionireten Vergleich nicht nur Gerichtl. zu bestätigen

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sondern auch ins besondere alles übrige, was sonsten meinem bemeldeten unaufschieblichen Vorhaben hinderlich seÿn mögte, recht geneicht zu removiren, und die bereits erkante Entsiegelung meiner Effecten fördersahmst zu veranstalten geruhen.

Desuper decentissime implorando p.[12]

Georg Moritz Lowitz.

Conc. D Cassius[13].



Fußnoten

  1. Implorat: der Beklagte.
    Implorant: der Kläger.
  2. Nachdem sich Lowitz für zahlungsunfähig erklärt hatte, war seinem Sohn als Kurator der Advokat Heinrich Arnold Fincke zugewiesen worden.
  3. Von 02.07.1767-03.01.1768 war Georg Heinrich Ayrer (1702-1774) Prorektor. Er war seit 1736 Juraprofessor in Göttingen, 1743 ernannte man ihn zum Hofrat.
  4. Dorothea Regina Elisabeth Riepenhausen (23.07.1723-14.03.1765) hatte am 20.04.1756 Lowitz geheiratet.
  5. Nummer des Dokuments in der Designatio Actorum.
  6. sub sigillo judiciali: unter dem Siegel des Gerichts; von gerichtswegen versiegelt.
  7. Tobias Lowitz (22.04.1757-07.12.1804) war das einzige überlebende Kind aus der zweiten Ehe von Lowitz.
  8. rubriciren: hier: zuteilen.
  9. competiren: gebühren.
  10. suppeditiren: darreichen, verschaffen.
  11. Imploration: Gesuch an ein Gericht, das keine Klage enthält.
  12. Desuper decentissime implorando: Darüber möge gnädigst befunden werden.
  13. Der Jurist Georg Andreas Cassius (1716-1791) hatte am 24. November 1750 die Schwester der Ehefrau von Lowitz, Charlotte Margaretha Catharina Riepenhausen (1727-1809) geheiratet.