Briefwechsel Georg Moritz Lowitz


Kurzinformation zum Brief  
Autor Lowitz, Georg Moritz (1722-1774)
Empfänger Deputation der Universität
Ort Göttingen
Datum 17. Oktober 1767
Signatur Universitätsarchiv Göttingen: D-38-2, Scan 272-283
Transkription Hans Gaab, Fürth

[Scan 283]
praes. d 17. Octobr. 1767

Per modum Supplicationis[1] unum=
gängliche Vorstellung, nebst Erbieten
und Rechtlicher Bitte.
Abseiten meiner
des gewesenen Prof: G. M. Lowiz
Imploraten[2]
Entgegen
dem bißherigen Curatorem
meines Sohnes[3] Advocaten
Fincken[4] Imploranten.


[Scan 272]

Königl. Großbritt. zur Churfürstlichen
Braunschweig Lüneburgischen Georg August
Universitaets Deputation
Hochverordnete Herrn
ProRector[5], Decani und Professores,
Magnifice, Hochwürdiger, Wohl= und
HochEdelgebohrne, Hochgelahrte und
HochzuEhrende Herrn,



Es ist zwar das von Eürl. Magnificenz, Hochwürden, Wohl= und HochEdelgebohrn am 10ten Octobr c.a. hinc

/39.[6]

[Scan 273]
inde[7] abgegebenen und mir am 13ten ejusd: behändigte Decret: meiner am 21ten Sept: c.a. exhibireten Vorstellung auch dem darin enthaltenen petito und sonsten denen damahligen Umständen der Sache gemäß; nachdem sich aber meine Umstände und mithin auch die Sache selbst, inmittelst geändert und gebeßert, so wird daher bemeldetes Decret: unumgänglich abgeändert werden müßen, wofern es mir nicht praeiudicirlich[8], und dem jetzi=

[Scan 274]
gen situ[9] der Sache angemeßen seÿn soll.

In diesem Betracht sehe ich mich genötiget, dawieder intra currens ad huc fatale decendii[10] hiemit per modum supplicationis gehorsahmste Vorstellung zu thun.

Es wird nemlich dermahlen so wenig erforderlich seÿn, daß ich die laut errichteten und gerichtlich bestätigten Vergleichs meinem Sohne bestimmete achtzehnhundert Thaler an Golde ad depositum judiciale[11] liefern, diese in hiesigen Landen zinßbahr beleget, und

[Scan 275]
von mir ein Mandatarius bestellet werde, als vielmehr mir und meinem Sohne dergleichen nachtheilig seÿn würde.

Ich bin nemlich im Begriff benebst meinem Sohn nach St: Petersburg, wohin ich unter favorabeln Bedingungen vocirt worden, zu Reisen, um daselbsten meinene beständigen Aufenthalt zu nehmen.

An diesem Orte wird sich genungsahme[!] Gelegenheit zu vortheilhafter und sicherer Unterbringung meines Sohnes qu: Mütterlichen Vermö&=

[Scan 276]
gens finden. Da nun gerichtlich bestimmet und vestgesetzet worden, wie hoch sich sothanes meines Sohnes Vermögen belauffe; da ferner kein Gesetze fürhanden, daß solches nothwendig in hiesigen Landen untergebracht, und dero behuef ein Mandatorius von mir zurück gelaßen werden müßen, sondern alles lediglich darauf ankömt, daß ich dem Hochlöblichen Judicio erweise, wasmaaßen die meinem Sohne competirende[12] Achtzehnhundert Thaler Mütterliches Vermögen ihm in meiner

[Scan 277]
Gewahrsam hinlänglich gesichert seÿn; so wird dieses meine gegenwärtiges Vorstellen und Erbieten zur Genüge gewähren und bekräftigen.

Auser einen beträchtlichen Leinen Vorrathe, und sonstigen unumgänglichen Geräthschaften, nehme ich mit nach St: Petersburg meine Bibliothec und Instrumenta, als welche die Königl. Churfürstliche Regierung gegen die von mir geleistete iuratorische caution[13] bekantermaaßen a nexu pignoris des Endes liberiret[14] hat. Da

[Scan 278]
nun meine Bibliothec und Instrumenta gerichtskündigermaaßen vielmehr als Achtzehnhundert Thaler, werth sind, und ich über dem, wie leicht zu ermeßen, beÿdes von Zeit zu Zeit vermehren werde, dazu auch in Betracht des mir aus gesetzten beträchtlichen Salarii allerdings im Stande bin; so wird sich mein Sohn respectu maternorum[15] jederzeit an meinen Büchern und Instrumenten Vorrathe genungsahm eventualiter erholen und bezahlet machen können; wie ich mich dann hiemit an=

[Scan 279]
heischig und verbindlich mache, daß sobald ich zu St: Petersburg angelanget, und mich daselbst häußlich niedergelaßen haben werde, ich meinem Sohn zu desto mehrer Versicherung meinen jetzt besitzenden - benebst dem hinkünftig noch anschaffenden Bücher und Instrumenten Vorrath ohne Ausnahme respectu der zu forderen habenden Achtzehnhundert Thaler, pignoris loco[16], specialiter daselbst gerichtlich verschreiben wolle;

Und, ob ich gleich, wie jeder Vater, die rechtliche Vermutung vor mich habe, daß ich meinem

[Scan 280]
Kinde nichts entziehen, noch um das seinige bringen werde; so erbiethe ich mich jedoch noch überdem, eÿdlich zu versichern, daß ich meinem Sohn die ihm gebührende Achtzehnhundert Thaler Mütterliches Vermögen, so lange ich leben werde conserviren, ihm auch die erwehntermaaßen in Vorschlag gebrachte gerichtliche Pfands=Verschreibung beschaffen wolle.

Und da übrigens meine Effecten mit Einwilligung meiner sich angefundenen Creditoren entsiegelt, und mir wieder zur Disposition übergeben,

[Scan 281]
der Pflichttheil meines Sohnes bestimmet, und überhaupt der vorhin imminirete[17] Concurs gäntzlich sistiret[18] worden; so gelanget solchemnach an Eürl. Magnificenz, Hochwürden, Wohl= und HochEdelgebohrn mein gehorsahmstes Biten, Sie wollen geruhen, obbemeldetes Decretum vorwaltenden Umständen nach brevi mani[19] abzuändern, dagegen aber bald möglichst Terminum zu Ablegung des erbothenen Eÿdes zu beraumen, und hoc praestitio[20] dem Curatorem meines Sohnes, Advocatum Fincken nicht nur seiner bißherigen Pflicht mittelst

[Scan 282]
Bescheid wieder zu erlaßen, sonder auch deßen Curatel=Rechnung von ihm einzufordern, damit deren Bezahlung bewerckstelligen können.

Desuper decentissime implorande[21] p.

Georg Moritz Lowitz.

Conc. D. Cassius.



Fußnoten

  1. per modum supplicationis: nach Art und Weise einer Bittschrift.
  2. Implorat: der Beklagte.
    Implorant: der Kläger.
  3. Tobias Lowitz (22.04.1757-07.12.1804) war das einzige überlebende Kind aus der zweiten Ehe von Georg Moritz Lowitz.
  4. Nachdem sich Lowitz für zahlungsunfähig erklärt hatte, war seinem Sohn als Kurator der Advokat Heinrich Arnold Fincke zugewiesen worden.
  5. Von 02.07.1767-03.01.1768 war Georg Heinrich Ayrer (1702-1774) Prorektor. Er war seit 1736 Juraprofessor in Göttingen, 1743 ernannte man ihn zum Hofrat.
  6. Aktennummer in der Designatio Actorum.
  7. hinc inde: von beiden Seiten.
  8. praeiudicirlich: nachteilig.
  9. situ: Stand.
  10. intra currens ad huc fatale decendii: innerhalb der gegenwärtigen Frist von zehn Tagen.
  11. ad depostium judiciale: Zur Hinterlegung bei Gericht.
  12. competirende: gebührende.
  13. iuratorische caution: Durch einen Eid bekräftigte Kaution.
  14. a nexu pignoris liberiret: von der Verpfändung freigestellt.
  15. respectu maternorum: im Hinblick auf das mütterliche Vermögen.
  16. pognoris loco: anstatt des Pfandes.
  17. imminiren: Gefahr drohen.
  18. sistiren: einstellen.
  19. brevi manu: kurzerhand.
  20. hoc praesitio: diese Gewährleistung (Bürgschaft).
  21. Desuper decentissime implorande: Bitte darüber geziemend zu befinden.