Briefwechsel Johann Gabriel Doppelmayr


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Doppelmayr, Johann Gabriel (1677-1750)
Empfänger Scheuchzer, Johann Jacob (1672-1733)
Ort Nürnberg
Datum 30. März 1717
Signatur ZB Zürich: Ms H 303, S. 339-342
Transkription Hans Gaab, Fürth

HochEdler und Hochgelährter, insonders Hoch=
geehrter Herr Doctor, Hochwerther Herr!

Der große Aestim, welchen ich jederzeit vor gelährte Männer, die zur Beförderung der Mathematischen und Physikalischen Wissenschaften, das Ihrige rühmlich bey zutragen sich bemühet, bezeiget, lässet mich nicht länger verabsäumen daß ich meine Ergebenheit gegen meinem Hochgeehrten Herrn Doctorem, als einem großen Beförderer dieser herrlichen Wissenschaften auch erzeige, wünsche aber nichts mehrers, als durch angenehme Dienstbezeugungen solche an den Tag zu legen, da ich mich zumahlen annoch erinnere, daß mein Hochgeehrter Hl. Doctor wegen des Phosophori Mercurialis[1] vor einiger Zeit um einige Nachfrag bei Hl. Bernoulli[2] zu halten, bemüht gewesen,[3] inmittelst unterfange mich den Anfang davon bey überschickung meiner wenigen Arbeit zu machen,[4] wie ich dann hiebey einen Theil von meinen Astronomischen Tabellen, die in der Vorstellung aller Fixsternen und von des Tychonis bis zu unsren Zeiten erschienenen Cometen bestehen, zu geneigten Andencken meiner offeriere;[5] Anjezo habe ich eine Astronomiam comperativam,[6] die ich Geometrice per lineas vorstellig mache, in eben so vielen Charten unter Händen, in welchen ich, was Gregorius in seiner Astronomie Historie angeführet,[7] und wohl noch mehrers was die Motus irregulares der andern Planeten aus einem jeden Planeten angehet, ad oculum darthue. Diesen vorbemeldten Tabellen füge ich noch einen Entwurff einer generalen Methoden bey, wie man aller uhren als Horizontaluhren ansehen,

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auch als Horizontaluhren accurat berechnen möge. Dieses ist eigentlich ein Beytrag zu dem neuen Tomo der Ephemeridum naturae curiosorum,[8] wie solchen mein Hochgeehrter Herr Doctor, wenn man das werck wird zu Gesicht bekommen,[9] darinnen ersehen wird. Es giebet mir aber diese Methode Anlaß mit nächsten ein besonderes werck von den Sonnen=Uhren zu ediren,[10] welches wegen der uhren uniformität viele compendia, absonderlich was die Furnituren der uhren anlanget, verhoffentlich zeigen wird, wovon zu seiner Zeit ein mehrers. Womit ich nebst Darlegung meiner bereitwilligen Dienste unter Erlassung Göttl. Protection verharre

Nürnberg, 30 Martii
A.C. 1717

Meines Hochgeehrten Herrn Doctoris

P.S. Bitte die Bemühung wegen Bestellung des beykommenden Paquets an Mr. Bourguet[11] zu excusiren

ergebenster Diener

J G Doppelmayr mpp

[S. 341]

Verzeichnis der bishero von mir edirten Sachen[12]

- Astronomia Carolina Thomae Streetii ex idiomate anglicano in Latinam Linguam translata. Nbg: 1704 4o
- Kurze Einleitung zur Astronomie oder kurze Beschreibung über etliche Astronomische Tabellen. Nürnbg. 1707 4o
Nicolai Bions Mathematische Werckschule aus dem französ. in das Deutsche übersetzet. Frankfurt und Leipzig 1712. et 1717 4o[13]
- Erste Fortsetzung der Mathematischen Werckschule. Nürnberg 1717 4o
John Wilkins vertheidigter Copernicus aus dem Englischen in das Deutsche übersetzet. Leipzig 1713 4o
Einleitung zur Geographie.[14] Nürnbg. 1713. et 1716. in Groß-Regal. Ist den Geographischen Atlanti Hrn. Homanns praefigiert.

Vermehrte Tractate

Vierter Theil der neu vermehrten Welperschen Gnomonique samt dem kunstreichen Uhrmacher aus dem Englischen übersetzet. Nbg. Fol: 1708.[15]
- Kurzer Anhang an des Canzlers Geometrie, in welchem das Feldmessen nach denen heut zu Tag gebräuchlichsten Methoden angewiesen wird. Nbg. 1718 12o[16]

Künfftige Wercke

Allerhand Manieren nach einer universalen Methode große Sonnenuhren accurat zu beschreiben. Fol:
- Zweyte Fortsetzung der Mathematischen Werckschul, in sich enthaltend die Zubereitung und den Gebrauch Astronomischer Instrumenten

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Die bisher edirten Charten von meinem Astronomischen Atlas sind


1 Systema Copernicanum.
2. Demonstratio hujus Systematis s. Ephemerides Geom: in planetis superioribus
3. Demonstratio hujus Systematis in motu planetarum inferiorum.
4. Systema Tychonicum.
5. Motus planetarum superiorum secundum Hypothesin Tychonicum.
6. Motus planetarum inferiorum sec. Hyp: Tychonicum.
7. Schema Lunare.
8. Europa eclipsata.
9. 10. 11. 12. 13. 14. Sex tabulae speziales stellarum fixarum.
15. 16. Duo Tabulae generales fixarum stellarum.


Fußnoten

  1. In Zedlers Universallexikon, Band 27 (1741), Sp. 2201 steht dazu: "Diesen hat Bernoulli erfunden, als welcher zu erst will in Acht genommen haben, daß das Quecksilber in einem von aller Lufft befreyeten Glase auch einen Schein von sich gebe und wie ein Phosphorus leuchte, wenn man ihn im Finstern bewegt." Bernoulli hat in den Pariser Memoires darüber veröffentlicht (1700, S. 178-190). Die Entdeckung wird heute jedoch nicht mehr Bernoulli zugeschrieben, sondern dem französischen Astronomen Jean Picard (1620-1682), was im Übrigen schon bei Zedler angedeutet wird.
  2. Johann I Bernoulli (1667-1748)war ein bekannter schweizer Mathematiker.
  3. Am 28. Februar 1712 schrieb Scheuchzer an Johann Bernoulli: "Non minima causa et ratio cur ad Te Scribam, est Epistola Cel. Doppelmayeri Noribergensis, qui multa circa Phosphorum Tuum mercurialem in Ephemer. Gall. A.o 1701 descriptum instituit experimenta [...]" (UB Basel, Handschriften. Sign: L Ia 668, Nr. 58*). Doppelmayr hatte Scheuchzer also schon über den Phosphor Mercurialis geschrieben, dieser Brief ist jedoch nicht überliefert. Bernoulli antwortete am 9. März, wobei er u.a. auf seinen Artikel in den Memoires hinweis (siehe Fußnote 1). Scheuchzer bedankte sich am 13. März, wobei er auch bemerkte: "[...] misi eam hesterna vespera ad Cel. Doppelmayerum [...]" (UB Basel, Handschriften. Sign: L Ia 668, Nr. 59*). Auch dieser Brief an Doppelmayr ist nicht überliefert.
  4. Das diesem Brief angehängte Werksverzeichnis dürfte allerdings aus späterer Zeit stammen, siehe unten Fußnote 12.
  5. Im 1742 publizierten Neuen Himmelsatlas Doppelmayrs sind dies die Karten 20 bis 25.
  6. Bei der Astronomia Comparativa handelt es sich nicht um Größenvergleiche, vielmehr ging es darum, welche Phänomene in unserem Sonnensystem von einem anderen Planeten aus zu beobachten sind. Im 1742 publizierten Neuen Himmelsatlas Doppelmayrs sind dies die Karten 29 und 30, die erst um 1740 fertiggestellt wurden..
  7. Gregory, David (1659-1708): Astronomiae Physicae & Geometricae Elementa. Oxford: Theatrum Sheldonianum 1702.
  8. Der vollständige Titel lautete von 1712-1722: Academiae Caesareo-Leopoldinae Naturae Curiosorum ephemerides, sive, Observationum Medico-Physicarum a Celeberrimis Viris tum Medicis, tum Aliis Eruditis in Germania & extra eam communicatarum.
    Es war die Zeitschrift der Academia Naturae Curiosorum, also der heutigen Leopoldina.
  9. Ein Artikel zu Sonnenuhren von Doppelmayr wurde in den Naturae Curiosorum ephemerides nicht veröffentlicht.
  10. 1719 kam Doppelmayrs Sonnenuhrbuch heraus:
    Neue und gründliche Anweisung wie nach einer universalen Methode grosse Sonnen-Uhren auf jeden ebenen Flächen [...] richtig zu verzeichnen. Nürnberg: Johann Christoph Weigel 1719.
  11. Louis Bourguet (1678-1742) war ein Schweizer Universalgelehrter.
  12. 1) In der ZB Zürich sind diese beiden Listen dem Brief Doppelmayrs vom 30. März 1717 angehängt. Nachdem aber mit dem Kurzer Anhang an des Canzlers Geometrie ein erst 1718 veröffentlichtes Werk vorgestellt wird, kann diese Zuordnung nicht stimmen. Doppelmayrs Arbeit zu den Sonnenuhren kam 1719 heraus und ist hier unter die künftigen Werken eingereiht. Der Anhang stammt also vermutlich aus einem Brief von 1718, der wahrscheinlich verloren ging.
    2) Weitere Auflistungen seiner Werke finden sich in Doppelmayrs Brief an Scheuchzer vom 8. Juni 1725 sowie im Brief an einen Unbekannten von 1726.
  13. Nicolas Bion (1652-1733) besaß eine hochangesehene Werkstatt für wissenschaftliche Instrumente. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen war er nicht auf einzelne Geräte wie Globen oder Sonnenuhren spezialisiert, sondern konnte die ganze Palette an wissenschaftlichen Instrumenten in hervorragender Qualität anbieten. Bekannt wurde sein Name aber durch die Veröffentlichung mehrer Bücher. 1709 brachte er den Traité De La Construction Et Des Principaux Usages Des Instrumens De Mathematique in Paris heraus, wovon Doppelmayr mit seiner Werckschule die deutsche Übersetzung lieferte.
    Vgl. Daumas, Maurice: Scientific Instruments of the Seventeenth and Eighteenth Centuries and their Makers. Tanslated and edited by Dr. Mary Holbrook. London: Batsford 1972, S. 79f.
  14. Grosser Atlas Ueber die Gantze Welt. Wie diese sowol, Nach Goettlicher Allweisen Schoepfung aus den heutigen Grund-Saetzen der beruehmtesten Astronomorum Nicolai Copernici und Tychonis de Brahe, In der Bewegung und unermesslichen Weite dess Himmels, als auch in dem Umfang unserer mit Wasser umgebenen allgemeinen Erd-Kugel zu betrachten. Samt einer kurtzen Einleitung zur Geographie worinnen die Erde deutlich beschrieben durch Herrn Joh. Gabriel Doppelmayr und Mit mehr als hundert auserlesenen, theils Astronomischen, meistentheils aber Geographischen Charten (in welchen alle bissher zu Wasser und Land geschehene Land-Entdeckungen aus denen beruehmtesten Autoribus dieses Seculi anbemercket worden) in Kupffer gebracht und ausgefertiget von Johann Baptist Homann. Nürnberg 1714.
    Zur Ausgabe von 1737.
  15. Diese Gnomonica wurde erstmalig 1625 von Eberhard Welper (1590-1664) in Straßburg veröffentlicht. Johann Christoph Sturm schrieb dazu 1672 einen zweiten und 1681 einen dritten Teil. Doppelmayr brachte 1708 diese drei Teile neu heraus, wobei er einen eigenen, vierten Teil hinzufügte sowie den Kunstreichen Uhrmacher von William Derham (1657-1735). Letzteres ist eine Übersetzung von Derhams Artifical clock-maker, die erstmals 1696 herauskam und einige Neuauflagen erlebte.
  16. 1622 brachte Bernhard Cantzler seinen Kurzen und leichten Bericht vom Feldmessen in Nürnberg bei Simon Halbmaier heraus. 1641 erschien eine Neuauflage bei Jeremias Dümmler. 1663 brachte der Altdorfer Mathematikprofessor Abdias Trew (1597-1669) seine Summa Geometricae Practicae heraus, die Cantzlers Arbeit sowie einen davon unabhängigen, umfangreichen Zusatz von Trew enthielt. 1673 erschien Trews Arbeit in zweiter Auflage. Doppelmayr besorgte 1718 die nächste Auflage, die er mit einem dritten Teil vermehrte.