Briefwechsel Johann Gabriel Doppelmayr


Kurzinformation zum Brief  
Autor Doppelmayr, Johann Gabriel (1677-1750)
Empfänger Unbekannt
Ort Nürnberg
Datum 1726[1]
Signatur SUB Göttingen: 2 Cod MS Uffenbach 20, Bl. 346r-347v
Transkription Hans Gaab, Fürth

Monsieur, et mon tres honoré Ami!

Auf Begehren des Herrn von Uffenbach,[2] deme meine frl. Begrüßung zu vermelden bitte, übersende die Verzeichnis meiner bishero vertirten und von meinen verfertigten und künfftighin zu edirenden Wercke wie folgt:[3]

Vertirte Werke

Astronomia Carolina Thomae Streetii è lingua anglicana in Latinam translata. 1704. 4t.
Joh. Wilckens Vertheidigter Copernicus aus dem Englischen in das Lateinische übersezet. 1713. 4t.
Nic: Bions Mathematische Werck=Schule aus dem französl. in das Teutsche übersezet. 1712. 4t.

Meine edirte Wercke.

rze Erklärung über das Systema Solare et planetarium Copernicum Hugenianum, und über Europam eclipsatam, die in zweyen Charten vorgestellet werden. 1707. 4t.
Welperi Gnomonica von mir um den vierten Theil vermehret, deme der aus dem Englischen übersezten Uhrmacher beygefüget. 1708.[4] Fol.
Einleitung zur Geographie, welche den Homännischen Atlanti praemitiret worden. 1714. 1717. 1722 groß=Fol.[5]

[Bl. 346v]
Kurzer Entwurff aller Physicalischen Experimente und Kunst=Proben, die ich in denen Collegii curiosis vorstellig mache. 1716. 4t.
Erste Continuation der Mathematischen Werckschule von der Zubereitung und dem Gebrauch verschiedener andern Geometrischen und optischen Instrumenten. 1716. 4t.
Zweyte Continuation besagter Werckschule allerhand Astronomische Instrumenta betreffend. 1720 4t.
Anhang zu Bernhard Canzlers Geometrie wie das Feldmessen nach denen heut zu Tag wichtigsten Manieren zu tractiren.[6] 1718. 8o.
Neue Universal=Methode um alle große Uhren als lauter Horizontal=uhren zu construiren. 1719. Fol:

Noch zu edirende Wercke

Atlas caelestis, bestehend aus etlich und dreißig Astronomischen Charten, (von welchen die meiste inzwischen schon publiciert worden) und in einer ausführlichen Beschreibung zur selbigen. Groß Fol.
Die Leben der Nürnbergl. Mathematicorum u. Künstler, die von 250 Jahren in Nürnberg gelebt, und was sie rühmliches praestiret. in 4 to. mit Kupffern.
Eine neue Edition der Schwenterischen Geometrie samt einer Vermehrung. 4t.[7]

[Bl. 347r]
Was die Arithmetische Waag des Herrn Cassini,[8] und zwar zu erst ihrer Construction, anlanget, so bestehet dieselbe aus einem langen und überall gleich dicken Balken der in der mitten bey C. (conf: Fig: du Journ: des scav: p. 245. A. 1676[9]) wie sonsten der ordinairen Waagbalken in seinem aequilibrio hänget, von diesen Punct C, als dem Center der Waag und des eisen Zapffens, theilt man hinauswärts gegen A. und B jeden Arm in viele kleine Theile, die von gleicher Größe und Anzahl seyen; An den einen Arm CA hängt man die wahr, so gewogen werden soll, an einen starcken Seiden:Faden, an den andern CB aber, das Gegen=Gewicht herab, von einem Loth auch einem Pfund schwere, nachdeme man was wägen will, als dann wird das abwägen allhir wie in einer Libra Romana oder Schnellwaag vorgenommen, da man die Wahr von A gegen C, wo der erste Theil von C an eine Ende hat, an den Faden hinschiebet, und denn auf der anderen Seiten das GegenGewicht von B gegen C so lang ruckt, bis ein aequilibrium sich ergiebet, so werden die von C gegen B anstehenden Theile, die zwischen C und dem Gegen[ge]wicht sich befinden, die verlangte Schwere andeuten, welches aus dem bekandten Fundament herweiset, wann man schliesset, wie sich das kurze Brachium[10] verhält gegen den langen, so verhält sich reciproce die Schwere des Gegengewichts gegen der Schwere der wahr; also wann das Gegengewicht ein Pfund schwer ist, und stehet auf dem eilften Theil von C an gegen B, so wird die Wahr eilff Pfund schwer seyn, nun kan auch der Preiß dieser Wahr, (welches nur zur Curiositaet geschiehet) gefunden werden. Gesagt das Pfund

[Bl. 347v]
koste 7 fl. so hänget man die Wahr von C gegen A, zu Ende des siebenden Theils, und fähret auf den andern mit dem Gewicht so lang hin und her bis das aequilibrium erfolget, so wird solches auf den 7. Theil fallen und zu erkennen geben, daß die 11 Pfund 77 Thaler kosten.

Um die Regula De Tri darauf zu zeigen, und z. E. zu 4.12 die vierte Zahl zu finden, muß man an Statt der Wahr eine Wahr haben, die mit dem Gegengewicht von gleicher Schwere ist, zwischen CA an einem Seidenfaden herabhängen und zwar von C zu Ende des ersten Theils; das Gegengewicht aber auf der anderen Seite zu Ende des 12ten Theils (die hier ein numerum multipliceur in der Regula Detri ist) schieben, dann aber so viel bley in die Schaale thun, bis das aequilibrium vorhanden, als dann verschiebet man die Schaale in dem bley auf 9 (der andern numerum multiplicateur allhir) u. findet mit dem Gegengewicht auf der anderen Seite das aequlibrium wieder, so wird solches auf dem 108t Theil stehen, und das Productum von 9 und 12 geben, als dann kan man das spatium von C bis g mit einem Zirckel C (weil hier der Divisor 4 ist) in 4 gleiche Theil theilen an dem weiten Theil von C aus gegen A die Schaale mit dem bley hängen, und das aequilibrium auf der andern Seiten mit dem Gewicht suchen, so wird es auf 27. der 4te Proportionalzahl fallen, und "geben" was man verlanget


Leztens ersuche auch Mhhhl. frl. bey dieser Gelegenheit von Herrn von Uffenbach zu vernehmen, ob in seiner herrlichen Bibliothec des Kepleri Somnium Astronomicum,[11] dann aber des Joh. Flamsteeds Opera Astronomica die erst im vorigen Jahr (nicht aber die vor einigen Jahren schon ediert worden) in zweyen Folianten zum Vorschein gekommen,[12] und darinnen seine Doctrina Sphaerica enthalten seyn soll, auch anzutreffen seye, welches gern wissen mögte. Ich verbleibe in Eil

Mr. et mon tres honori ami      
V. T. humble J G Doppelmayr


Fußnoten

  1. Der Brief ist nicht datiert. Am Ende spricht Doppelmayr aber die Opera Astronomica von John Flamsteed an, die "im vorigen Jahr (nicht aber die vor einigen Jahren schon ediert worden) in zweyen Folianten zum Vorschein gekommen'. 1725 erschien die Historia Coelestis Britannica von Flamsteed in zwei Bänden. Unvollständig war diese Arbeit schon 1708 von Halley herausgegeben worden.
  2. Der Brief befindet sich im Nachlass von Johann Friedrich von Uffenbach (1687-1769) (siehe im Nachlassverzeichnis S. 287, Eintrag zu Bl. 346). Er war Jurist, der aber auch eine umfangreiche Sammlung mathematischer und physikalischer Instrumente hatte. 1744 wurde er Ratsmitglied in Frankfurt, und 1749 Jüngerer Bürgermeister.
    Zu Uffenbach siehe ADB XXXIX, 1895, S. 132-134 (Autor: Rudolf Jung). Hier dürfte aber dessen Bruder Zacharias Konrad von Uffenbach (1683-1734) gemeint sein, der für seine große Bibliothek bekannt war. Zu ihm siehe ADB XXXIX, 1895, S. 135-137 (Autor: Rudolf Jung).
  3. Weitere Auflistungen seiner Werke finden sich in Doppelmayrs Briefen an Scheuchzer vom 30. März 1717 und vom 8. Juni 1725.
  4. Diese Gnomonica wurde erstmalig 1625 von Eberhard Welper (1590-1664) in Straßburg veröffentlicht. Johann Christoph Sturm schrieb dazu 1672 einen zweiten und 1681 einen dritten Teil. Doppelmayr brachte 1708 diese drei Teile neu heraus, wobei er einen eigenen, vierten Teil hinzufügte sowie den Kunstreichen Uhrmacher von William Derham (1657-1735). Letzteres ist eine Übersetzung von Derhams Artifical clock-maker, die erstmals 1696 herauskam und einige Neuauflagen erlebte.
  5. Der Link führt zu einer späteren Ausgabe.
  6. 1622 brachte Bernhard Cantzler seinen Kurzen und leichten Bericht vom Feldmessen in Nürnberg bei Simon Halbmaier heraus. 1641 erschien eine Neuauflage bei Jeremias Dümmler. 1663 brachte der Altdorfer Mathematikprofessor Abdias Trew (1597-1669) seine Summa Geometricae Practicae heraus, die Cantzlers Arbeit sowie einen davon unabhängigen, umfangreichen Zusatz von Trew enthielt. 1673 erschien Trews Arbeit in zweiter Auflage. Doppelmayr besorgte 1718 die nächste Auflage, die er mit einem dritten Teil vermehrte.
  7. Diese Arbeit ist nie erschienen.
  8. Cassinis Waage wird beschrieben im Journal des Sçavans vom 27. Dezember 1676, S. 253-255.
  9. Die Abbildung findet sich im Journal des Sçavans von 1676, allerdings auf S. 254, nicht auf 245.
  10. Brachium: Oberarm.
  11. Kepler, Johannes: Somnium Seu Opus Posthumum De Astronomia Lunari. Frankfurt: Erben Sagan 1634.
  12. Siehe oben, Fußnote 1.