Briefwechsel Johann Gabriel Doppelmayr


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Doppelmayr, Johann Gabriel (1677-1750)
Empfänger Kirch, Christfried (1694-1740)
Ort Nürnberg
Datum 27. Juli 1726
Signatur UB Basel: L Ia 688, Bl. 89,1r, 2r-v
Transkription Hans Gaab, Fürth

HochEdler und Hochgelährter, Insonders Hochgeehrter Herr,
werthester Gönner!

Zur schuldigen Antwort auff das von 10 Julii an mich abzulassen Beliebte[1] vermelde, daß ich die beygefügte Briefe von Hl. Dr. Zumbach und Hl. P. Nicasio richtig erhalten,[2] daß aber Mr. d l'Isle nicht alles gelieffert[3] ersehe aus dem weil einige Ihne communicierte schematibus von Hl. Hoffmanns[4] Eclibsibus observationis nicht dabey gesehen. Mögte wohl wissen ob E. Hochedlen inzwischen auch noch kein Schreiben, wie ich, erhalten, ungeachtet Er es so gewiß zu thun versprochen hat, auch eine Addresse zuschreiben soll, wohin seine Sachen liefern könne, die nun da lagern, weil ich so unglücklich bin, inzwischen kommet die Schuld gänzlich auf Herrn Haude,[5] wie Hl. Gelditschens[6] mit eigener Hand geschriebene Briefe (der sonsten jederzeit ein accurater Mann gewesen) hiebey kommend ausweisen kan: Wollte also E. Hochedlen gar inständig gebetten haben, Hl. Gleditschens in dem Brieff gemeldte Specification sich zeigen zu lassen, ob denn das quaestionierte Paquetlein nicht darinnen stehet, wo es darinnen, so muß Hl. Haude würklich dafür repondieren, denn mir viel daran gelegen, da man dann auch Hl. Haude den beykommenden brieffe kentlich zeigen mag, so gehet es nicht an daß man die Sachen so verwahrloset lassen kan. Den Verdruß den ich hierüber habe, machet daß ich nichts von andern Sachen noch von unserer E. Astronomie schreiben mag, vorhabe solches auf eine andre Zeit verspahren, wenn ich besser dazu Disponiret seyn. Inmittelst bitte nochmahlen freundlich meines bey Hl. Haude eingedenck zu seyn, und Ihn sonders zu animieren, daß Er recht nachsehen lasse, denn so kan ich nicht aquisieren. Womit unter Erlassung Göttl. Protection verharre in Eil

Meines hochgeehrten Herrn
und werthesten Gönners

Nürnberg, den 27. Jul.
    A. C. 1726.

ergebenster diener    
JG Doppelmayr    

P.S. Diese Brieffe folget ganz Franco, weil er auff mein conto geht, so zur Nachricht dienet.

[Bl. 89, 2r]
P.S. Zur schuldigen Nachricht, weil unserer Societaet Ehre darunter hafftet, muß ich was inmittelst in der Stille melden, daß ein gewiser Mahler allhier, Nahmens Schübler, nächsten der Societät in Berlin etwas von Sonnenuhren, weil noch nicht genug Bücher davon daraus, dediciren wird, und zwar in dem Absehen um Ihn in die Societaet als ein Mitgliedt anzunehmen, da nun bey uns und unsern kündig ist, daß er vor einigen Jahren einen Commedianten und wie ich ihn mit meinen eigenen

[Bl. 89,2v]
Augen gesehen habe als einen Harlequin oder Narren auf dem Theater abzugeben,[7] so wäre es unserer Societaet und deren Mitgliedtern höchstens praejudicierlich, so man dergleichen Leuthe als Collegen erkennen sollte, darwieder ein jeds Ehrliebends Gemüth, auf ertheilte Nachricht sich sorgen wird. So zum weitern Rapport dienen kan.


Fußnoten

  1. Der Brief Kirchs vom 10. Juli 1726 ist nicht überliefert.
  2. Die Briefe von Lothar Zumbach von Koesfeld (1661-1727) und von Nicasius Grammatici (1684-1736) vermisste Doppelmayr noch im Brief vom 4. Juni 1726.
  3. Vgl. hierzu Doppelmayrs Brief an Kirch vom 4. Juni 1726.
  4. Johann Heinrich Hofmann (1669-1716) war ab 1710 Leiter der Berliner Sternwarte gewesen.
  5. Ambrosius Haude (1690-1748) war Buchhändler und Verleger in Berlin. Zu ihm siehe Neue Deutsche Biographie VIII, 1969, S. 79 (Autor: Horst Meyer).
  6. Johann Gottlieb Gleditsch (1688-1738) war Buchhändler und Verleger in Leipzig. Zu ihm siehe Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 440 f. (Autor: Adalbert J. Brauer).
  7. Der Vater Schüblers hatte zusammen mit dessen Schwiegervater Georg Hengel (?-1706) Schauspielambitionen. Erstmals versuchten sie im April 1687 mit ihrer aus Bortenmachergesellen bestehenden Truppe Komödien in einem Gasthaus in Nürnbergs Vorstadt Wörth aufzuführen, was aber dem Rat missfiel. Erst 1695 gestattete ihnen der Rat widerwillig einige Aufführungen im Fechthaus, was ihnen allerdings hauptsächlich Schulden eingebracht haben muss. Nach Hengels Tod gelangen dem Vater Schübler gemeinsam mit Hengels Sohn zwischen 1710 und 1724 noch einige Aufführungen im Fechthaus. Vermutlich hierbei gab Schübler jr. einen "Narren auf dem Theater" ab.
    Vgl. Paul, Markus: Reichsstadt und Schauspiel. Theatrale Kunst im Nürnberg des 17. Jahrhunderts. Tübingen: Max Niemeyer 2002, S. 582-584, 594.