Briefwechsel Johann Gabriel Doppelmayr


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Doppelmayr, Johann Gabriel (1677-1750)
Empfänger Kirch, Christfried (1694-1740)
Ort Nürnberg
Datum 26. März 1734
Signatur UB Basel: L Ia 688, Bl. 114,1r
Transkription Hans Gaab, Fürth

Nürnberg den 26. Mart. A.C. 1734. 

HochEdler und Hochgelehrter, Insonders Hochgeehrtester Herr.
Hochgeneigter Gönner!

Weile sich eben eine gute Gelegenheit praesentiret, daß ein freund nach Berlin schreibet, so habe par couvert dieses wenige auf das von 2 Martii an mich abzulassen Beliebte[1] mit beyzufügen nicht ermangeln wollen, dabey zuförderst vor die gütig communicirte Observationes schuldigen Danck abstatte. Woher die Recommendation vor Adelbulnern an E. HochEdlen gelanget, habe allhier inzwischen unvermuthet innen worden, giebet es occasion so beliebe man ungeschenet, in meinem Namen, und auf mein Begehren, zu vermelden, daß ich mich einer bessren Freundschafft zu Ihm versehen hätte, und solche Procedur nicht verschuldet, einen jungen Maulaffen pactiret man, und einem ehrlichen Mann, der schon 30 Jahr dem Publico gedienet, eine grosse correspondenz geführt, und viel gutes gesahmmlet, dem ist man contraire,[2] allein ich kan schon wieder contraire seyn, und die Sache wo nicht gar liegen, doch zum wenigsten ruhen lassen, zumahlen da ich jezt meinen Atlantem coelestem, worauff der Homannische schon lang gewartet,[3] endlich gar zum Ende bringen muß, auch nicht eher gedencke was zu ediren, als bis Adelbulner aufhöret, denn mich vor jezo mit ihme annoch einzulassen wollen es viel Umstände nicht zugeben, absonderlich da er mich vor seinen Assistenten nur ansehen wollte,[4] da ich doch die Haupt=Persohn von dem ganzen werck bin, mit einem wort seine groben conduite[5] lässt ganz u. gar nicht zu daß ich mit ihme in einem Punct einlasse, dabey es auch verbleiben soll. Die 2 Spiegel nebst denen dazu verlangten figuren werden auf ostern[6] zu G. G.[7] durch die Hhl. Endterische,[8] die auch vor solche Einliefferung die 6 Thaler und 16 ggl. bezahlen wollen, überschicken, kan ich in mehrerm bedienet seyn, mache ich mir eine Freude. Was noch übrig ist fället mir noch bey zu vernehmen, wo, da der Seel. Herr Vatter unter andern die coronam hungaricam in einem Asterismo angegeben, solches in dem Christen Juden u. Türcken Calender stehe, und quo anno diser Calender, darinnen das verlangte stehet, ediret worden,[9] dann habe neulich in des Hl. Dr. Pritii,[10] Pastoris Francfortensis Leichenpredigt gesehen, daß Herr T.W. Berchelmann[11] Hoffprediger und Consistorii Assesor in Berlin seye,[12] welchen ehedem in Londen zu kennen die Ehre gehabt, dahero bitte bey Gelegenheit bemeldten Hoffprediger, durch einen freund mein compliment machen zu lassen, Er wird sich hoffentlich wohl meiner erinnern. Womit mich zur fernern Affection bestens empfehlend in Eil verharre

    Ew. Hochedlen
        meines Hochgeehrtesten Herrn

ergebenster Diener    
J G Doppelmayr mpp


Fußnoten

  1. Der Brief Kirchs vom 2. März 1734 ist nicht überliefert.
  2. Celsius hatte bei seiner Anwesenheit in Nürnberg angeregt, eine astronomische Fachzeitschrift zu gründen. Darin sollten u.a. die von Doppelmayr gesammelten astronomischen Beobachtungen veröffentlich werden. Doppelmayr sollte der junge Michael Adelbulner zur Seite gestellt werden, dessen Vater eine Druckerei betrieb. Doch kam es zum Streit, wer der Direktor dieses Unternehmens sein sollte. Doppelmayr sah seine Rechte nicht genügend berücksichtigt und verweigerte die Mitarbeit. Zu Adelbulners Sicht der Dinge vgl. seinen Brief an Kirch vom 10. Dezember 1733. Tatsächlich findet sich in Adelbulners Brief die Stelle, dass er Doppelmayr anbot, Assistent des Commerciums zu werden - seine Wortwahl war hier alles andere als geschickt.
    Vgl. Gaab, Hans: Astronomie in Altdorf. Altnürnberger Landschaft e. V. Sonderheft 2011. Neuhaus: Altnürnberger Landschaft 2011, S. 121-128.
  3. Doppelmayrs Himmelsatlas kam erst 1742 im Verlag Homanns Erben heraus.
  4. Wie aus Adelbulners Brief an Kirch vom 10. Dezember 1733, hatte er tatsächlich Doppelmayr angeboten als Assistent beim Commerciums mitzuwirken - seine Wortwahl war hier alles andere als geschickt.
  5. conduit (frz.): Verhalten.
  6. Der Ostersonntag 1734 war der 25. April.
  7. G. G.: Geliebt es Gott.
  8. Die Endter waren eine bekannte Nürnberger Buchhändlerfamilie.
  9. Gottfried Kirch (1639-1710) gab u.a. den Christen= Jüden und Türcken=Kalender heraus. Zu ihm und seinen Kalendern siehe den Eintrag im Biobibliographischen Handbuch der Kalendermacher von 1550 bis 1750 von Klaus-Dieter Herbst.
    Die Idee zu einem neuen Sternbild "Corona Hungarica" entwickelte Kirch 1687, als Joseph I. (1678-1711) zum ersten Erbkönig in Ungarn gewählt wurde. Für dieses neue Sternbild fasste er sechs Sterne zwischen den Bildern Löwe und Wassermann zusammen. Eine Zeichnung davon zeigte er im Christen= Jüden und Türcken=Kalender für 1690 (StB Nürnberg: Amb. 4. 264(15)). Dieses Bild scheint im Folgenden aber kaum Beachtung erfahren zu haben.
    Vgl. Herbst, Klaus-Dieter: Die Korrespondenz des Astronomen und Kalendermachers Gottfried Kirch, Band 3. Jena: IKS Garamond 2006, S. 294, Fußnote 9. Ich danke dem Autor für freundliche Ausküfte.
  10. Johann Georg Pritius (Pritz, 1662-1732) war ein lutherischer Theologe. Vgl. Allgemeine Deutsche Biographie Band 26, 1888, S. 602-604 (Autor: Hermann Dechent).
  11. Friedrich Wilhelm Berchelmann (1679-1754) war ab 1716 Hofprediger in Darmstadt und ab 1730 Konsistorialassessor. Er ist in Potsdam geboren, weshalb Doppelmayr wohl annahm, er würde sich in Berlin aufhalten. Das Epicedium gibt dies nicht her - siehe die folgende Fußnote. Zu Berchelmann siehe: Strieder, Friedrich Wilhelm: Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten und Schriftsteller Geschichte seit der Reformation bis auf gegenwärtige Zeiten, Band 1. Göttingen: Barmeier 1781, S. 349-356.
  12. Memoriam Viri Summe Reverendi Atque Excellentissimi Domini Joannis Georgii Pritii Lipsiensis Primum In Academia Lipsiensi Philosophiae Magistri. Enthalten in: Ritter, Johann Balthasar: Das unzertrennliche Liebes- und Vereinigungs-Band Gottes mit den Seinigen, bevorab in Leiden und Trübsal. Frankfurt a.M.: Brönner 1732.
    Unter den Epicedien (Bl. h1r) findet sich auch eines von "T.W. Berchelmann, Concion. Aul. & Consistorii Asessor".