Briefwechsel Johann Gabriel Doppelmayr


Kurzinformation zum Brief  
Autor Doppelmayr, Johann Gabriel (1677-1750)
Empfänger Goldbach, Christian (1690-1764)
Ort Nürnberg
Datum 16. Februar 1743
Signatur Russisches Staatliches Archiv der alten Akten, Moskau: Bestand 181. Verz. 16. Aktenstück Nr. 1413. Teil 4, Bl. 46r-47v
Transkription Hans Gaab, Fürth

Noribergae d: 16. Febr
A.C. 1743 

Vir perillustris et celeberrime!

Redditae mihi sunt binae Tuae Epistolae,[1] cûra Dn. Marinonii[2]; prima d. 19 Februarii praeterito anno scripta, die tandem 6. Octobris a quodam, qui in comitatu Illustr. Dn. Comitis de Cobenzel[3] diu versatus, altera verò die 19 Octobris Moscua ad me perscripta, nuper a Mercatore quodam inter nostrates; hinc ad primam die 29 Augusti, quo meae aliae ad Te missae Litterae, respondere non mihi datum fuit, at vero jam sequentia responsionis loco Tecum communico et quidem de Kolbio; ipsi consilia mea, antequam iter in Africam susceperat, non curae cordique fuisse, suasor enim fui ut comitem astronomiae gnarum et mechanicum sibi jungeret, sed quia consilium hoc ipsi non arrisit, observationes ejus astronomicae in Capite bonae spei habitae nec mihi nec aliis Berolini, quia defectu laborabant, arriserunt, nec in lucem publicam prodierunt, mortuus est Kolbius, munere Rectoris fungens, in oppido quodam Marchionatûs Bayruthensis, quod Neostadium ad Ayscham dicitur, ante complures annos, caesus ferè, quam debilitatem: visûs sibi contraxerat ex nimio calore Loci in Cap: Bonae Spei. Quae de detectione Americae Behaimii ante columbum Kolbius tradidit, non sine fundamento dicta sunt, ulterius hoc argumentum deduxi e testimonis fide dignis in opere meo A. 1730 de mathematicis et artificibus Noribergensibus in folio edito, nunc perquam raro, quod auctius forsan reimprimi curabo.[4] Quod ad Experimenta de cubis ligneis attinet

[Bl. 46v]
his plura addere non valeoo, quia aliis Experimentis edendis nunc totus inhaereo, et quidem illis circa electricitatem et lumen, ejus post collectionem 200 numero et plurium ex Scriptis Hauksbei, Grayi du Fayi in Systema quoddam redegi, germanice, et suo tempore latine, edendum,[5] quod et Tuo aliorumque Eruditorum examini submittam, quam primum impressum fuerit, interim Atlantem meum caelestem Tibi traditum spero, cujus tria Exemplaria in unum volumen consarcinata mense Octobris Lubecam et ulterius promovenda Lipsiam misi; In colligendis objectis microscopicis etiam nunc occupatus, quorum magnum numerum possideo, et nuper ex Liberalitate Tua excrescentiam ligni corium referentem jam vero quod maximum est; nuper qq. opus splendidum de aedificiis splendidissimis Academiae, quod multi apud nos non contemplatii sine admiratione, est igitur ut Tibi de his agam et habeam gratias, quas possum maximas, multum certe Favori Tuo me debere fateor, quem gratissima mente agnosco et agnoscam. Constitueram mecum ut et ad Litteras Domini Krafftii[6] responderem, sed certe ob alia negotia nunc tempore exclusus in aliud tempus hanc meam responsionem differo, quod haud gravatim ispi signi-

[Bl. 47r]
ficabis, hanc curatius exhibebo cum Experimentis circa electricitatem ejusque lumen, quorum Phaenomena attonitus quasi miror, summum fere naturae miraculum, de quibus alio tempore plura. Vale Vir perillustris et ama porro

  Tuum ad omnia humanitatis
  officia paratissimum
  Joh. Gabr. Doppelmajerum.


Zusammenfassung:
Durch die Bemühungen von Marinoni sind ihm zwei Briefe übergeben worden; der erste, am 19. Februar des vergangenen Jahres geschrieben, wurde ihm am 6. Oktober von jemandem überbracht, der sich lange im Gefolge des Grafen von Cobenzel aufgehalten hatte, der zweite, am 19. Oktober in Moskau geschriebene, wurde ihm vor kurzem von einem Nürnberger Händler überbracht; daher war es ihm nicht möglich seine Fragen in seinem letzten Brief vom 29. August zu beantworten. Kolb hat sich seine Ratschläge, bevor er seine Reise nach Afrika antrat, nicht zu Herzen genommen; er riet Kolb, einen der Astronomie kundigen Begleiter und einen Mechaniker mitzunehmen, aber weil ihm dieser Rat nicht gefiel, fanden seine am Kap der Guten Hoffnung gemachten astronomischen Beobachtungen weder seinen noch den Beifall anderer in Berlin, weil sie fehlerhaft waren, und sie wurden auch nicht veröffentlicht; Kolb starb vor mehreren Jahren als Rektor in Neustadt an der Aisch, fast erblindet, durch eine Sehschwäche, die er sich durch die enorme Hitze in der Gegend am Kap der Guten Hoffnung zugezogen hatte. Was Kolb über die Entdeckung Amerikas durch Behaim vor Kolumbus überliefert hat, wurde nicht ohne guten Grund gesagt, Doppelmayr habe diesen Gedanken aufgrund zuverlässiger Zeugnisse weiter ausgeführt in seinem Werk aus dem Jahre 1730 über die Nürnberger Mathematiker und Handwerker, das in Folio (im Großformat) herausgegeben wurde, was jetzt sehr selten ist, weil es allzu umfangreich ist, vielleicht werde er es inhaltlich erweiter neu drucken lassen. Zu den Experimenten mit den hölzernen Würfeln könne er jetzt nichts weiter sagen, da er gänzlich mit Experimenten zu Elektrizität und Licht beschäftigt sei, er habe nach der Sammlung von über 200 aus den Schriften von Hauksbee, Gray und du Fay systematisch etwas zusammengestellt, was er deutsch und später lateinisch drucken lassen und dem kritischen Urteil unterbreiten wolle. Die drei übersandten Himmelsatlanten habe Goldbach hoffentlich bereits erhalten. Doppelmayr ist mit der Sammlung mikroskopischer Präparate befasst, von denen er eine Vielzahl besitze. Er bedankt sich für ein von Goldbach bereitgestelltes Präparat und für das prachtvolle Werk über die Gebäude der Akademie. Er wolle noch ausführlich und unter Bezugnahme auf die faszinierenden Experimente zu Elektrizität und Licht auf das Schreiben von Krafft antworten, doch verhindere dies im Moment andere Pflichten.

Danksagung:
Wir danken Andreas Henkel aus Wunsiedel für zahlreiche hilfreiche Hinweise.


Fußnoten

  1. Die beiden Briefe von Goldbach sind nicht überliefert.
  2. Der in Italien geborene Johann Jacob Marinoni (1676-1755) war Direktor der Akademie der Geometrie und Kriegswissenschaften in Wien.
  3. Es handelt sich möglicherweise um Johann Karl Philipp Graf Cobenzl (1712-1770), der seit 1735 kaiserlicher Hofrat war.
  4. In seiner Historischen Nachricht, S. 28 schrieb Doppelmayr, dass Behaim "bey einer andern Seefarth nicht nur allein einen Theil von America, den man jetzo Brasilien nennet ... und demnach Americam, am ersten entdeckt".
  5. 1744 brachte Doppelmayr seine Elektrizitätslehre heraus: Neu-entdeckte Phaenomena von bewunderswürdigen Würckungen der Natur, welche bey der fast allen Coerper zukommenden electrischen Krafft / und dem dabey in der Finstern mehrentheils erscheinenden Licht einige berühmte Mitglieder der preisswürdigen Kgl. Engl. Societät der Wissenschaften vornemlich aber, Herr Hauksbee und Herr Gray in London und nach einer weiteren Untersuchung, Monsieur du Fay in Paris durch viele Experimenta, zu unsern Zeiten glücklich hervorgebracht, und in unterschiedl. Wercken dem Publico mitgetheilet. Nürnberg: Endter und Engelbrecht 1744.
    Francis Hauksbee (1666-1713) war seit 1705 Mitglied der Royal Society und wurde vor allem durch seine elektrischen Experimente bekannt.
    Der englische Naturwissenschaftler Stephan Gray (1666-1736) teilte als erster die Stoffe in Leiter und Nichtleiter ein.
    Der französische Naturforscher Charles du Fay (1698-1739) wurde für seine Abhandlungen über die Elektrizität bekannt.
  6. Georg Wolfgang Krafft (1701-1754) arbeitete ab 1725 am Gymnasium in St. Petersburg, wo er später Professorenstellen an der Akademie einnahm. 1744 kehrte er nach Tübingen zurück.

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