Briefwechsel Peter Kolb
Kurzinformation zum Brief | Zum Original |
Autor | Scheuchzer, Johann Jacob (1672-1733) |
Empfänger | Kolb, Peter (1675-1726) |
Ort | Zürich |
Datum | 15. Dezember 1714 |
Signatur | Universität Tartu: Epistolae autographae CC Philosophorum cel. II. F 3,Mrg CCCLIVa Bl. 322r-v |
Transkription | Andreas Henkel, Wunsiedel |
VIR Clarissime
Amice humanissime.
Legi rursus maximâ cum voluptate gratissimas tuas d. 30. Nov. Rastadij datas.[1] Non nutris duntaxat, sed auges mirum in modum Spem, quam concepi de tuis observati[onibus] in Capite Bonae Spei. Haud absterreat Te ab Editione ingens omninò Itinerariorum numerus, sed potius accendat et Tibi et mihi et alijs, quos aequus amavit Jupiter, desiderium. Haud displicet modus Epistolarius. Nec dubito, quin Francofurti, vel Lipsiae, vel in Belgio, Angliave aut Gallia inventurus sis Bibliopolas, qui laborem, tuo quidem, quod decet, emolumento sint suscepturi. Erunt semper, qui ex tot Itinerariis, quae velut mýrmakes sunt anaríthmēta kai? àmetra, laudabunt inprimis tuum et recentius et specialius, et vario Literaturae genere micans. Quid si salivam orbi curioso moveris unò alteròve specimine, qualia sunt ex I. parte[2], de Ecnephia, Terrae fertilitate, sterilitate, temporum variationibus, Capitis B. S. descriptione Geographica et Politica; productis trium Regnorum: ex II. quae curiosiora habes de Hottentottijs, lingua, vivendi genere, p. et hactenus inaudita,
[bl. 322v]
inprimis etiam, si lumen accendere posses de Nationibus Hotten[totti]ticae vicinis in interioribus adhuc Africae partibus,
quibus cum illi fortè commercium habent. Ita te, Amice, amo atque aestimo ut omninò optarem vires ipsas,
quibus Tibi et studijs Tuis prodesse possem. Amat Societas Regia Gallica inprimis Observationes Physico-Mathematicas;
omne autem, quod ego hac in re praestare possum, qui ipse non sum membrum illius Societatis, est transmissio
et commendatio Tuorum Laborum; et fortè omne id, quod sperare possis sit commemoratio Observationum Tuarum
et Nominis Tui in Historia dictae Societatis. Vides, quod candidè Tecum agam. Saluta quam officiosissimè
Exc. Dn. Hospitem et Mecoenatem Tuum Meumque Goekelium[3]
et quod facis amare perge
Tuum
Tiguri d. 15. Dec. 1714
JJ Scheuchzer
[Präsentationsnotiz Kolbs:] Praesent. die 19. Decembr. 1714
Übersetzung
Wieder las ich mit Vergnügen deinen willkommenen Brief vom 30. Nov. aus Rastatt.[1] Du nährst nicht nur, sondern erhöhst in wunderbarem Maße die Hoffnung, die ich hinsichtlich deiner Beobachtungen am Kap der Guten Hoffnung gefasst habe. Die wahrhaft ungeheuerliche Zahl von Reisebeschreibungen soll dich von der Publikation nicht abschrecken, sondern bei Dir und mir und anderen, die Jupiter begünstigt hat, die Begierde danach entflammen. Die Briefform missfällt mir nicht. Ich zweifle nicht, dass du in Frankfurt oder Leipzig, in Holland, England oder Frankreich Verleger finden wirst, die die Arbeit mit einem angemessenen Nutzen für dich übernehmen werden. Es wird immer Menschen geben, die unter so vielen Reisebeschreibungen, die wie die "Ameisen unzählbar und zahllos" [gr.] sind, vorzüglich die deine loben werden, weil sie aktueller und spezieller ist und sich durch eine vielfältige Darstellungsweise auszeichnet. Warum also nicht der gelehrten Welt durch die eine oder andere Kostprobe das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen, wie aus dem ersten Teil:[2] Über den Eknephias-Wind, über Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit des Landes, über die veränderlichen Jahreszeiten, über die geographischen und politischen Verhältnisse am Kap, über die Hervorbringungen der drei Naturreiche; aus dem zweiten: die interessanten und bislang unbekannten Informationen über die Hottentotten, ihre Sprache, Lebensweise usw., vor allem aber, wenn du ein Licht aufstecken kannst über die Nachbarn der Hottentotten in den inneren Teilen Afrikas, mit denen sie vielleicht Handel treiben. Ich liebe und schätze dich so, dass ich mir nur die Kräfte wünschte, dir und deinen Studien nützlich zu sein. Die Französische Königliche Gesellschaft [L’Académie Royale des Sciences] liebt physikalisch-mathematische Arbeiten, alles aber, was ich, der ich nicht Mitglied der Gesellschaft bin, in dieser Sache leisten kann, ist die Übermittlung und Empfehlung deiner Arbeiten; und alles, was du erwarten kannst, ist bestenfalls die Erwähnung deiner Beobachtungen und deines Namens in der "Histoire" [den Jahresberichten] der besagten Gesellschaft. Du siehst, wie ehrlich ich mit dir bin. Grüße so zuvorkommend wie möglich deinen trefflichen Gastgeber und unser beider Gönner, Herrn Goeckel[3], und schätze weiter, wie du es tust,
dein
Zürich, den 15. Dez. 1715.
JJ Scheuchzer
Fussnoten
- ↑ Dieser Brief ist nicht überliefert.
- ↑ Kolb hat also Scheuchzer in einem verlorenen Brief bereits einen Inhaltsüberblick über die ersten beiden Hauptteile des geplanten Werkes über die Kapregion vorlegen können (Caput Bonae Spei Hodiernum, Nürnberg 1719). Scheuchzers Vorschläge spiegeln aber nicht genau die spätere Kapitelfolge wider.
- ↑ Zu Christian Ludwig Göckel siehe die Anmerkung im Brief vom 25.08.1714.
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