Briefwechsel Johann Leonhard Rost


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Rost, Johann Leonhard (1688-1727)
Empfänger Kirch, Christfried (1694-1740)
Ort Nürnberg
Datum 1. Oktober 1718
Signatur UB Basel: L Ia 720, Bl. 45r-46r
Transkription Hans Gaab, Fürth

HochEdler Kost und Hochgelahrter
  Hochgeehrtester Herr und
   Wehrtgeschätzter Gönner.


Dieweil Ew. HochEdl. schon längsten versprochen, daß mit einem Exemplar von meinem verfertigten Astronomischen Tractate aufwarten wollte:[1] so habe bey dieser Gelegenheit, an Hl Wagner selbiges beygeleget: und hoffe so glücklich zu seyn, daß Sie mir Dero verständiges und unpartheyisches Judicium, darüber ertheilen; mit hin die begangenen Fehler hochgeneigt anzeigen werden, damit dieselbige in das künftige vermeiden kan.[2] Weil ich niemal einen mündlichen Lehrmeister in der Astronomie gehabt: sondern alles aus

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eigenen Gedancken begriffen,[3] und mir dann und wann bei erfahrenen Leuten, schriftlichen Rath einholen müßen: so glaube, daß um so viel eher zu entschuldigen, wenn ich mich irgend wo verstoßen, oder geirret haben soll; Zu mal da dergleichen Buch, niemal aus eigenen Antrieb in den Druck gegeben, wenn es nicht auf Begehren anderer, gleichsam gezwungen geschehen müßen. In magnis et arduis voluisse sat est.[4] und man erkennet doch zum wenigsten aus meiner Arbeit, wie hoch ich die Astronomie schätze, und wie begierig ich bin, mir und andern darinnen eine immer beßere Kundschaft beyzulegen; welche Ew. HochEdl. durch Ihre Erfahrenheit, in der künftigen Correspondenz, bey einer geneigten Instruction noch ferner zu befördern, geruhen werden. Wie die Eclipsis ☽ hiesiges orthes ausgefallen, wird Hl Wagner berichten: und die Altdorfische Observation des Hl P. Müllers, werden Ew. HochEdl. in den gelehrten Zeitungen antreffen, dahin ich sie mit Vergünstigung des Hl P. Müllers communiciert.[5] A propos. Haben Ew. HochEdl. nicht jüngst die schöne ☌ ♃ ♀ observiret?[6] Wenn es geschehen, bitte um deren Communication. Wir haben hier bey dem Hl von Wurtzelbau (der Sein ergebenstes Compliment machen läßet) auch darauf vigiliret, und wenigstens die Culmination dieser Planeten per Quadrantem Telescopicum observiren wollen: Allein der wolckigte Himmel, hat solches verhindert. Eben da ich dieses schreibe, fällt mir bey gehört zu haben, daß Ew. HochEdl. bey Dero ehemaligen Anwesenheit allhier, dem gewesenen Büttner, im hiesigen großen Herren Keller, Nah-

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mens Heumann, Gläßer zu einem Tubo verkaufet, welche nunmehr nach seinem vor etlichen Jahren erfolgten Tod,[7] in fremde Hände gerahten, u. itzt feil gebotten werden. Ich möchte dahero wohl wißen, wie gedachte Gläser beschaffen, auf was vor eine Länge sie geschliffen, und was sie, und was sie wehrt seyn. Die beyden ersten Stücke, kan man mir hier nicht sagen, und solches selber zu untersuchen, fällt mir zu weitläuftig: dahero würden Ew. HochEdl. mich sehr obligiren, wenn Sie mir Nachricht davon ertheilen möchten; weil ich gedachte Gläser, wenn ihnen nichts fehlet, zu kauffen gesonnen bin. Womit ich schließe, und unter Erwünschung eines beständigen Wolergehens, allezeit beharre

Ew. HochEdlen

  Nürnberg.
den 1 Oct. Ao 1718.

gehorsamst ergebenster
diener  

Johann Leonhard Rost.


Fußnoten

  1. Rosts Handbuch kam 1718 bei Peter Conrad Monath in Nürnberg heraus.
  2. Mit seinem Antwortschreiben vom 26. November 1718 lieferte Kirch die gewünschte Kritik, auf die Rost im Folgebrief umgehend antwortet.
  3. Diese Stelle ist bemerkenswert: Laut Doppelmayrs Historischer Nachricht (1730, S. 151) soll Rost "dem Herrn Eimmarto in Praxi astronomica öffters einige Beyhülffe" geleistet haben. Als seinen Lehrer sah Rost Eimmart aber offensichtlich nicht an. Entsprechend äußert er sich aber auch in seinen Briefen vom 24. Dezember 1718 und vom 20. Mai 1719.
  4. In großen und schwierigen Dingen genügt es auch, sie gewollt zu haben.
  5. Es handelt sich um die Mondfinsternis vom 9. September 1718. Die Beobachtungen Müllers sind abgedruckt in den Nova litteraria in Supplementum Acta Eruditorum, 1718. S. 222-224.
  6. Die Konjunktion von Jupiter und Venus vom 18. September 1718.
  7. Andreas Heumann starb am 20. März 1715.