Briefwechsel Georg Moritz Lowitz


Kurzinformation zum Brief  
Autor Riccius, Christian Gottlieb (1722-1774)(1697-1784)[1]
Empfänger Stellungnahme zum Brief von Lowitz vom 4. November 1766
Ort Göttingen
Datum 4. November 1766?[2]
Signatur Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, Scan 321-322
Transkription Hans Gaab, Fürth

Annotationes

Zu des Herrn Prof. Lowitz Brief vom 4. Nov 1766

1.

Daß diese Resolution der Bidell auf gestempelt Papier, ohnangefragt, geschrieben, dafür kan ich nicht; und wenn es auch geschehen, so heißt es in der Stempelordnung p. 159 P. IV. der Calenb. L.[andes] Ordn[ung]

[Freÿ sind] Inquisitions=Sachen, es wäre denn, daß Inquisitus in die Bezahlung der Process-Kosten condemniret[3] würde.[4]

wird solche von den Inquisition-Kosten loßgesprochen; so will ich dem unverschämten Lärmemacher die wenigen Tl. selbst bezahlen.

da derselbe mir an liquidirten Vidimations-kosten[5] 4 Rthl 23 gg 6 Pf. schuldig ist; so werde ich mir Abrechnungen leicht mit ihm haben können.

Daß ihm das Decret vom 18. Octobr. 1766 den 22. ejusd. durch den Bidell Willich[6] insinuiret[7] worden, habe gleich unter den Aufsaz des Decreti bemercket, und wenn der Bidell es nicht darauf bemercket, so hat es der P. Lowitz selbst darauf setzen können.

Es hat der Inquisit seit dreÿ Jahren gedrohet, alles zu entwickeln und seine angebliche Unschuld zu retten, warum hat er denn dieses nicht gethan? und warum suchet er allerhand Verzögerungen zu machen mit Sachen die gar partes actorum nicht seÿn, noch seÿn sollen. Was nicht da ist, das darf er nicht wiederlegen und kein vernünfftiger Mensch, wenn er nicht versteckte Absichten hat, wird dergleichen Sachen ad acta begehren.

2.

N. 82. actor. ist die Copie beÿn Acten von des Schneider Rotts[8] Klage blieben, weil in dorso[9] aus Versehen, das Decret darauf geschrieben war, und der beklagte Prof. erhielt die Originalklage, da macht der böse Herr nun so ein Lärm davon. Die Anlage war sein Schreiben oder P. M. so er an den Schneider Roth gesendet, um ihm die Ehe der Beckerin[10] abzurathen, warum? ist altioris indaginis[11], wer die ganzten Acten doch lieset, findt es wohl.

3.

Der Bidell, da wir nur einen einzigen haben, so zum copiren gebraucht werden kan,

[Scan 322]
ist nicht im Stande alles so gleich zu copiren. Es hätte der Hl. Prof. Lowitz nur seine Defension biß auf diese Sache fertig machen lassen können, so würde er mit solcher bald zu Ende seÿn. Wie schlecht der Hl. P. Lowitz die Copiales auch bezahlet deren ist das Decret n.[12] actor. vorhanden.

Da der abgesezte Geistliche Reuß[13] eine so falsche Anzeige gethan, welche der Casselsche Kauffmann Wichmann[14] abgeschworen; so gebe ich der Hochlöbl. Deputation anheim, ob Reuß wegen solches Anbringens nicht zu bestraffen seÿ?

4.

Weil der Bidell nicht im Stand ist die Pasquille abzuschreiben, und sonderlich die griechischen und ander Buchstaben nach zu machen: des Hl. P. Lowitz Scribente Reuß aber darzu geschickt ist, so hat der Bidell solchem diese Arbeit des Abschreibens commitiret, dem Hl. P. Lowitz doch auch die Copiales gerne gönntet: Ich sehe dahero nicht ein, warum auch daraus derselbe ein Aufhebens macht.

5.

Er giebt zwar für; es wäre zu Einbringung seiner Defensionsarticel keine Frist bestimmet, und folglich hätte er die Freÿheit solche zu verzögern und damit gehet er in der That um.

6.

Er vermeinte die Defension aufzuschieben,[15] weil ihm die beÿden Bedencken, so Königl. Regirung zu ihrer Information nur stellen lassen n. act. 14.[16] und niemals pars actorum worden, und in fasciculo separato besage N. 32 actor.[17] dieser communication ist ihme selbst von der Regierung abgeschlagen. N. act. 64.[18].

Derer Herren HofR Aÿrer[19] und Michaelis[20] Briefe, sind ihm extractweise von der Regierung communiciret n. act. 75.[21]

7.

Es ist ihm verschiedentl. Terminus zur Einbringung seiner Defension gesetzet. n. act. 68.[22] Ein Terminus preentorius[23] n. 69.[24]



Fußnoten

  1. Christian Gottlieb Riccius (1697-1784) war seit 1747 Universitäts-Secretär und seit 1753 ordentlicher Professor der Rechtswissenschaften in Göttingen.
  2. Dieses Schriftstück ist nicht datiert. Es handelt sich aber um eine Stellungnahme von Riccius zu dem Brief von Lowitz vom 04.11.1766.
  3. condemniren: verdammen, verurteilen.
  4. Anmerkung am linken Rand: "Die communicatio der Acten Stücke soll ihn gegen die Gebühr geschen n. Act. 64. pag. 2."
  5. Vidimation: Beglaubigung.
  6. Johann Jobst Christoph Willig (1726-1813) war Pedell der Universität. Zu ihm siehe: Wagener, Silke: Pedelle, Mägde und Lakaien. Göttingen: Vandhoeck & Ruprecht 1996, S. 512.
  7. insinuiren: ausliefern.
  8. Der Schneider Johann Andreas Roth (Rott) aus dem östlich von Göttingen gelegenen Wollershausen war am 15.09.1750 in Göttingen eingebürgert worden. Er ging am 13.06.1765 mit Maria Elisabeth Becker seine zweite Ehe ein.
    Wellenreuther, Hermann: Göttingen 1690-1755. Studien zur Sozialgeschichte einer Stadt. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1988, S. 391. Tabelle IV, Eintrag 666.
    Wagener, Silke: Pedelle, Mägde und Lakaien: Das Dienstpersonal an der Georg-August-Universität Göttingen 1737-1866 (= Göttinger Universitätsschriften: Serie A, Schriften; Bd. 17 ). Göttingen: Univ., Diss. 1994, S. 219, Fußnote 254.
  9. in dorso: auf der Rückseite.
  10. Maria Elisabeth Becker war seit 1762 beim Stallmeister Ayrer als Köchin angestellt. Vgl.:
    Wagener, Silke: Pedelle, Mägde und Lakaien: Das Dienstpersonal an der Georg-August-Universität Göttingen 1737-1866 (= Göttinger Universitätsschriften: Serie A, Schriften; Bd. 17 ). Göttingen: Univ., Diss. 1994, S. 472.
  11. Altioris indaginis: bei näherer Nachforschung.
  12. Die Aktennummer fehlt. Im Akt 84. vom 13.05.1765 wird aber angesprochen, dass Lowitz dem Pedell Geld für Kopierarbeiten schuldet.
  13. Im Thüringer Pfarrerbuch, S. 218 ist ein am 06.10.1741 ordinierter Pfarrer Johann Wilhelm Reuss erwähnt, der 1743 Coburg wegen Übertretung des 6. Gebotes Coburg verlassen musste. Er soll 1780 in Göttingen Unterricht im Glas- und Steinschleifen gebeben haben. Angeblich starb er im Mai 1787. Zu ihm siehe:
    Pütter, Johann Stephan: Versuch einer academischen Gelehrten-Geschichte von der Georg-Augustus-Universität zu Göttingen. Göttingen: Vandenhoek 1765, S. 310
    Zeitschrift für Instrumentenkunde 1907, S. 121.
  14. Johann Gerhard Wichmann war Bürger und Handelsmann in Kassel.
  15. Randbemerkung links: "Num. 6 sollen die Ursachen seÿn, warum er seine Defension nicht machen könne und warum derselbe wieder die Verschickung der Acten prorestiret, und doch solche nie partes actorum worden. Man siehet wohl er suchet unstatthaffte Verzögerungen".
  16. Begleitschreiben der Landesregierung vom 28.05.1763 zur Übersendung des rechtlichen Gutachtens, Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, Scan 89-90.
  17. Begleitschreiben der Landesregierung vom 22.08.1763 zur Übersendung des rechtlichen Gutachtens, Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, Scan 153.
  18. Im Reskript der Landesregierung vom 19. Januar 1764 wurde Lowitz die Inspektion der Rechtsgutachten abgeschlagen, Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, Scan 344-345.
  19. Georg Heinrich Ayrer (1702-1774) war seit 1736 Juraprofessor in Göttingen, 1743 ernannte man ihn zum Hofrat.
  20. Johann David Michaelis (1717-1791) war Theologe und Orientalist an der Universität Göttingen. U.a. er entwarf für die dortige Akademie der Wissenschaften die Satzung und war einige Zeit Sekretär, dann Direktor dieser Einrichtung.
  21. Begleitschreiben der Landesregierung vom 18.05.1764 zur Übersendung der Extrakte der Briefe von Ayrer und Michaelis, Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, Scan 443.
  22. Dekret der Deputation vom 25.04.1764, dass Lowitz innerhalb von drei Wochen seine Defension einbringen soll, Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, Scan 355.
  23. Terminus preentorius: Endgültiger Termin, nach dem die Akten verschickt werden.
  24. Reskript der Landesregierung vom 10.05.1764, wonach Lowitz ein Termin zur Einbringung seiner Defension gesetzt werden soll, Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, Scan 356.