Briefwechsel Johann Gabriel Doppelmayr


Kurzinformation zum Brief  
Autor Doppelmayr, Johann Gabriel (1677-1750)
Empfänger Blumentrost, Laurentius (1692-1755)
Ort Nürnberg
Datum 1. November 1726
Signatur Akademie der Wissenschaften St. Petersburg, Archiv, F 1. op. 3, Nr. 8, Bl. 231r-232v
Transkription Hans Gaab, Fürth

Nürnberg, den 1 Nov:
A. C. 1726.   

HochEdelgebohrner und Hochgelährter Herr,
Hoher Gönner!

Es ist mir gestern aus Leipzig ein Paquet mit zweyen Exemplarien[1] derer in dem ersten Congressu Ihrer illustren Academie gehaltenen Orationen samt einem den 29. May von E. HochEdelgebl. an mich abzulassen Beliebten hochgeschäzten Schreiben zu Handen gekommen,[2] auf welches zur Bezeugung meiner sonderbaren Freude wegen des gütigen Andenckens bey Praesentierung eines so angenehmen Geschenkes ich nicht umhin kan, so dann schleunigst meine schuldige Antwort zu erstatten, bey welcher zuförderst vor das Überschickte in aller Ergebenheit meinen Danck ablege und versichere, daß, wo ich diser vortrefflichen Academie durch meinen wenigen beytrage was werde contribuiren können, ich niemahlen unterlassen werde solches zu thun. Weil nun, wie E. HochEdelgebl. gar wohl erinnern, zur Beförderung derer Künste und Wissenschaften eine Correspondenz mit Ausländern hauptsächlich erforderlich ist, so bin ich auf die Gedancken gerathen, wie ich in hoc puncto von Nürnberg aus (weil dieser Orth mitten in Teutschland ja fast mitten in Europa, und also gar bequem lieget) durch eine angestellte grose Correspondenz an die curieuxeste Gelährte der mehresten örther, da ich nach Spanien, Italien, Engeland, (daraus aber selten was erfolget weil die Hhl. Engeländer nicht gern schreiben) in die Schweiz u. Teutschland schon lang einen guten Anfang vor mich gemacht, sowohl in Physicis als Mathematicis Ihre Hochpreißl. Academie künftighin

[Bl. 231v]
gar gute dienste leisten, alle Vierthel Jahr, was hiervon auff mein Ansuchen eingelieffert wird, zusammen schreiben lassen, und in einem kleine Paquet nach Petersburg zur Communication überschicken könte, die weil aber dadurch, wie leicht zu ermessen, die meiste Zeit meiner ordinairen Verrichtungen, die in Haltung der Collegien und da ich vor die Buchführer zu thun habe, bestehen, um die nöthige sustentation[3] vor mich und die meinige zu haben, benommen wird, die Porto der vielen Brieffe, die von so weit entfernten orthen das Jahr durch an mich abgesandt werden, auch ein ziemliches Stück: Geld ausmachen, auch einen Scribenten, der absonderlich die communicata von Petersburg vor so viele meiner Hhl. Correspondenten, um weiter was von Ihnen wieder zu erlangen, abzuschreiben hätte, zur meiner Beyhülffe annehmen muß, so kommet es nun darauff an, ob E. HochEdelgebl. diesen meinen, wie wohl unmaßgeblichen, Anschlag zu approbiren, durch dero hohe Interposition ein Diploma vor mich, daß ich zur Direction dieses Correspondenz=Werckes, als einer höchst nüzlichen Sache ernennet seye, aus zu würcken, und zur Bestreitung der obbemeldten erforderten unkosten, auch meiner dabey sich sehr mühsam ergebenden Beschäfftigung wegen, jährl. etwas gewisses, das in einigen hundert Rubeln bestehen mögte, lieffern zu lassen, (dadurch viele andere Porto dargegen ersparet werden) sich wollten gütigst gefallen lassen, da ich dargegen en honnete homme[4]

[Bl. 232r]
verspreche alles mit dem möglichsten fleiß beständig zu besorgen und zu lieffern wo ich was immer in der Welt auftreiben kan, und sollte es gar von andern Theilen der Welt seyn, wie ich denn so glücklich bin gar aus China durch die Hhl. P. P. Jesuitas,[5] mit dern verschiedenen ich [in] einer guten Harmonie und Correspondenz stehe, Astronomische Observationes (worüber sich Mr. de l'Isle[6] verwundert und bekennet, daß er in Paris dergleichen hat nicht erlangen könen) zu bekommen, davon ich zur Probe die neueste, die ich neulich erhalten, hiebey übersende,[7] welche Mr. de l'Isle nicht unangenehm seyn werden. Ich werde auch nicht unterlassen auff die Instrumenta, so zur Praxi Astronomica gehören, von meinen eigenen Mitteln was zuwenden, um die observationes damit desto richtiger anzustellen, und von hier aus auch schuldigst communiciren, auch andere durch Brieff beständig auffmuntern, daß sie auch das ihrige hierinnen mit mehrern fleiß praestiren mögten, woraus nichts anders als alles Gute und der illustren Academie höchst nuzliches sich ergeben könte, ich aber dabey zeigen mögte, wie ich eben so guth, als wenn ich bei Ihnen wäre meine dienste damit darlegen sollte, die ich nachmahlen schuldigst offerire, und in Erwartung der hierüber gefassten hohen ordre, mich inmittelst Dero Patrocinio[8] bestens empfehlend, verbleibe

    E. HochEdelgebohrnen

gehorsamst: ergebenster Diener    
J G Doppelmayr mpp  

[Bl. 232v]
P.S. die Bemühung wegen der Zulage der Briefe an Mr. de l'Isle und Mr. Goldbach, meine werthe Gönner, bitte zu excusiren


Fußnoten

  1. Bilfinger, Georg Bernhard; Hermann, Jacob: Sermones in primo solenni Academiae Scientiarum Imperialis conventu die XXVII. Decembris anni MDCCXXV publice recitati. St. Petersburg: Akademie 1726.
  2. Der Brief von Blumentrost vom 29. Mai 1726 ist nicht überliefert.
  3. sustentation: Unterhalt, Versorgung.
  4. en honnete homme: als ehrbarer Mann.
  5. Von einem direkten Briefwechsel von Doppelmayr mit den Jesuiten in China ist nichts bekannt. Die erhaltenen Observationen aus Peking aus Doppelmayrs Sammlung wurden alle von Nicasius Grammatici übermittelt.
  6. Auf seiner Reise von Paris nach St. Petersburg hatte Joseph-Nicolas Delisle (1688-1768) im Dezember 1725 Doppelmayr in Nürnberg besucht. Mit ihm stand Doppelmayr seit 1723 in Briefkontakt. Mit Brief vom 7. Dezember 1723, die Delisle in seiner Antwort als sehr wertvoll bezeichnete.
  7. Die angehängten Observationen sind nicht überliefert, auch macht Doppelmayr über deren Art keine näheren Angaben. 1733 kam aber Celsius durch Nürnberg und schrieb bei dieser Gelegenheit zahlreiche der von Doppelmayr angesammelten Observationen ab. Darunter befinden sich verschiedeneste astronomische Observationen aus Peking aus dem Zeitraum von November 1724 bis 1725, die von Ignatius Kögler stammen. Diese Daten wurden von Grammatici übersandt, allerdings ohne konkrete Zeitangabe. Vgl. UB Uppsala: A 533 d, Bl. 104v-106v.
  8. Patrocinio: Schirmherrschaft, Förderung.