Briefwechsel Johann Gabriel Doppelmayr


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Doppelmayr, Johann Gabriel (1677-1750)
Empfänger Kirch, Christfried (1694-1740)
Ort Nürnberg
Datum 27. Oktober 1733
Signatur UB Basel: L Ia 688, Bl. 112,1r
Transkription Hans Gaab, Fürth

Nürnberg den 27. Octobr.
A.C. 1733.    

HochEdler und Hochgelehrter,
Sonders Hochzuehrender Herr
werthester Gönner!

Indeme sich eben eine Gelegenheit praesentiret daß ein Freund nach Berlin schreibt, so habe diese wenigen Zeiln mit bey zu fügen nicht ermangeln und zuförderst berichten wollen, daß unser Hl. Prof. Celsius mit Hl. Meldercreuz[1] den 31. Augusti, nach deme sie sich 12 Wochen allhir aufgehalten, nach Italien von hier gereiset, welche beede nun, wie ihre Brieffe melden, die ich vor zehn Tagen bekommen, sich zu Bononien befinden, und des Hl. Manfredii angenehme conversation, soviel seine Maladie zulässet (da er an dem Stein laboriert) genießen.[2] Nächst deme habe zu melden, daß, nachdeme einer Namens Adelbulner eine Epistolam Invitatoriam pro commercio astronomico,[3] auch an E. HochEdlen, wie an mehrere meiner Hhl. correspondenten abgeschicket, dieser ungeachet er ehedeme mein discipul gewesen, und gehöret, daß ich auff Hl. P. Celsii u. E. HochEdlen gutachten meine observatones collectas ediren mögte, als ein Insidiator,[4] da er lebenslang keine observation gesammlet, mir jezo auf malhonnete[5] art am poth abraumen und meine Hhl correspondenten abwendig machen will, daher bitte ihme nichts, wie Hl. P. Nicasio, Hl. Marinonia[6] und Hl. P. Schmelzer[7] in Wien gethan, nichts zu schicken, sondern Ihn nur auf mich zu verweisen, da ich nach dem N. Jahr G.G.[8] mein Intent schon prosequiren werde.[9] Übrigens bin ich begierig zu vernehmen ob das opusculum von den Eclipsibus der 4 circumjovialium, auf den berlinischen Meridianum reducirt, zum Stand gekommen,[10] welches ich, im Fall es nicht ediret werden sollte, aus dem Mst des Hl. P. Celsius abcopiret, dieser Tage habe ich in meiner collectione de Declinatione magnetis gefunden, daß ich von Ihnen zu Berlin gehaltene observationen nicht mehr als diejenige von 1717. 1724. 1725. 1728. 1729. 1730. 1732. in Besiz habe. Könnte ich einmahl die übrige zur Supplicirung vor dero Gütigkeit erhalten, wird es mir gar lieb seyn. Was sonsten zu melden gewesen, habe allbereit in meinem vom 14 Augusti abgelassenen Schreiben (worauff mich einer geneigten antwort zu erhalten mir ausbitte) und zwar auf ihre zwey vorher gehende Brieffe gethan. Womit mich aus Mangel der Zeit vor diese mahl eilfertig expedire, da der Freund den brieff verlanget, und inmittelst wie jeder zeit verharre

    Ew. Hochedlen
Meines hochgeehrten Herrn

ergebenster Diener
J G Doppelmayr mpp


Fußnoten

  1. Jonas Meldercreutz (1715-1785) begleitete Celsius auf seiner Europareise und nahm später auch an der Expedition nach Lappland teil.
  2. Celsius ging über Padua und Venedig nach Bologna, wo er auf Eustachio Manfredi (1674-1739) traf, der Direktor des dortigen Observatoriums war. Wie Manfredi selbst berichtet, hielt sich Celsius in Bologna vom 13. Oktober 1733 bis zum 8. April 1734 auf: "Anno 1733 Andreas Celsius Regius in Vpsaliensi gymnasio astronomus, ac scientarum academiae nuper ibi erectae a secretis, Bononiae cum moraretur ex die 13 Octobris quotidie cum per tempestatem liceret Soleni ad Divi Petronii observare instituit ad usque diem 8 Aprilis 1734, quo die Bononia discessit", vgl. Manfredi, Eustachio: De Gnomone meridiano Bononiensi. Bologna: Laelii a Vulpe 1736, S. 20. Celsius verließ Bologna dann in Richtung Rom.
  3. Adelbulner, Michael: Invitatio ad Commercium litter. in rei astronomicae incrementum communi studio instituendum. Nürnberg 1733.
  4. Insidiator: Wegelagerer, Erbschleicher.
  5. malhonnet (französisch): unredlich.
  6. Der in Italien geborene Johann Jakob Marinoni (1676-1755) war ein österreichischer Astronom und Kaiserlicher Hofmathematiker, der im Briefkontakt zu Doppelmayr stand.
  7. Franz/Franziskus Schmelzer (1678-1738) war ein Jesuit, der von 1725/26 bis 1737/38 das Akademische Kolleg sowie das Mathematische Museum in Wien leitete.
    Literatur:
    Lackner, Josef: Die Jesuitenprofessoren an der philosophischen Fakultät der Wiener Universität (1712-173). Wien: VWGÖ 1976, II, S. 406f.
    Pärr, Nora: Maximilian Hell und sein wissenschaftliches Umfeld im Wien des 18. Jahrhunderts. Dissertation. Wien 2011, S. 13.
  8. G. G.: Geliebt es Gott.
  9. Celsius hatte bei seiner Anwesenheit in Nürnberg angeregt, eine astronomische Fachzeitschrift zu gründen. Darin sollten u.a. die von Doppelmayr gesammelten astronomischen Beobachtungen veröffentlich werden. Doppelmayr sollte der junge Michael Adelbulner zur Seite gestellt werden, dessen Vater eine Druckerei betrieb. Doch kam es zum Streit, wer der Direktor dieses Unternehmens sein sollte. Doppelmayr sah seine Rechte nicht genügend berücksichtigt und verweigerte die Mitarbeit. Zu Adelbulners Sicht der Dinge vgl. seinen Brief an Kirch vom 10. Dezember 1733. Vgl. Gaab, Hans: Astronomie in Altdorf. Altnürnberger Landschaft e. V. Sonderheft 2011. Neuhaus: Altnürnberger Landschaft 2011, S. 121-128.
  10. Kirch, Christfried: Eclipses circumjovialium sive immersiones et emersiones omnium quatuor satellitum Jovis: ad annos 34. 35. 36. 37. 38. et priores menses anni 39. labentis hujus seculi, supputatae, et ad meridianum Berolinensem reductae. Berlin: Michaelis 1734.