Briefwechsel Peter Kolb
Kurzinformation zum Brief | |
Autor | Kolb, Peter (1675-1726) |
Empfänger | Eimmart, Georg Christoph (1638-1705) |
Ort | Martkredwitz |
Datum | 16. Juni 1702 |
Signatur | Nationalbibliothek St. Petersburg: Fond 998, Band 3, Bl. 461r-v |
Zustand | Auf der Verso-Seite Textverlust durch die Bindung am rechten Rand. Mögliche Ergänzungen stehen in eckigen Klammern. |
Transkription | Hans Gaab, Fürth |
HochEdler, Vest und Hochgelahrter Herr,
Sonders hoher Gönner und Patron.
Wann beÿ meiner neulichen durchreise das unglück gehabt, daß meinen hoch ZuEhrenden Patron nicht nocheinmahl habe sprechen, und von Ihm Abschied nehmen können; so habe deßwegen höchstnöthig, mich gehorsamst zuentschuldigen, und zubitten, Er wolle nicht ungütig auf mich seÿn. Dann so bald ich von Altdorff wiederumb zurücke nach Nürnberg gekommen,[1] wurde ich von Herrn Abgesandten von Baÿreuth, Herrn Praesident Tannern[2] zu Erlang, beruffen, zu Ihme zukommen; beÿ welchem ich auch selbigen ganzen Nachmittag verbleiben müßen. Des andern Tages aber wurde ich von Herrn Wag Junckern Praun[3] gebetten, zu Ihme zu kommen, beÿ welchem ich auch den ganzen nachmittag geblieben und seine Kunstkammer[4] besehen. Am Sonnabend wurde wieder
[Bl. 461v]
von Herrn Praesident Tannern begehret, und nicht von Ihme gelaßen, biß meine Lands leute kamen,
und mich abholeten,[5]
daß mir dahero unmöglich fiele mehr zu einem einigen Men[schen] zu gehen; so gar, daß auch nicht einmahl
meinen Herrn Gevattern mehr sehen, und Abschied nehmen kunte. Ersuche dannenhero meinen Herren und Patron nochmahle[n]
mir diesen fehler zuvergeben, und indeßen vergnügt, zusam[mt] denen HochEdlen Angehörigen zuleben,
biß mir wieder die [Ehre] angedeyet, daß meinen Patron zusprechen, Erlaubnis habe. Solte
mir indeßen die Vergnügung geschehen, meinen Pat[ron] mit einem briefgen aufwarten zudörffen,
so würde mich nich[t] manquiren[6], einige Nachricht
bißweilen einzuholen. Zumahlen da mir ins künfftige obliegen wird, observationes coelestes z[u] halten, und in
tota Mathesi einige exercitia mit des Herren Geheimen Raths von Großecks Söhnen
zu halten u[nd] anzustellen.[7] Ich
werde aber, so bald beÿ Ihme seÿn werde[,] meinem Patron von allen Nachricht geben, und mir ferner[e] information
ausbitten. Vor welche Gütigkeit, gleich wie vor alle andre Wohlthaten, ich unaufhörlich seÿn werde
Meines Hoch ZuEhrenden Herrn
und Patrons
Redwiz den 16. Junij.
Ao 1702.
demütigst gehorsamster Die[ner]
M. Peter Kolb.
Fussnoten
- ↑ Der konkrete Zweck dieser Reise nach Nürnberg, Altdorf und (Markt-)Redwitz ist nicht bekannt. Auch 1704 besuchte Kolb seine Nürnberger Gönner und seine Familie vor seiner Abreise nach Holland und Afrika.
- ↑ Der (Markt-)Redwitzer Johann Adam T(h)anner von Reichersdorf (1660-1714)
entstammte einer Egerer Familie, der das Gut Reichersdorf bei Eger gehörte und die 1629 in die benachbarten
protestantischen Städte Wunsiedel und Redwitz emigrierte. Johann Adams Vater Johann Christoph war
Bürgermeister in Redwitz. Tanner wurde nach einer juristischen Ausbildung
(Disputatio inauguralis De Captivis in Bello. Straßburg 1685)
Brandenburg-Kulmbachischer Geheimer Rat, Hof- und Landschaftsrat sowie Kriegsrat des Fränkischen Kreises.
Seit 1699 war er Präsident von Alt- und Neu-Christianserlang. 1703 wurde er in den Reichsritter-
und 1710 in den Freiherrenstand erhoben; 1704 erwarb er das Rittergut Nemmersdorf bei Bayreuth,
das seinem Sohn Albrecht Andreas 1719 wegen Felonie (schwerem Verrat) wieder entzogen wurde;
sein Schwiegervater war der Bayreuther Hofprediger Johann Wolfgang Rentsch (1637-1690).
Als Gesandter des Fränkischen Kreises hielt er sich 1702 zumeist in Nürnberg auf.
Kolb führt Tanner im Lebenslauf nicht unter seinen Gönnern auf, auch sonst findet sich keine weitere
Erwähnung.
- Fikenscher, Gerhard Wolfgang Augustin: Gelehrtes Fürstentum Baireut. 9. Band Erlangen 1804, S. 126-127
- Hefner, Otto Titan: Stammbuch des blühenden und abgestorbenen Adels in Deutschland. Bd. 4 Regensburg 1866, S. 63
- Röttger, Bernhard Hermann: Die Kunstdenkmäler von Oberfranken. Bd. 1 Landkreis Wunsiedelund Stadtkreis Marktredwitz. München 1954, S. 511, 680
- Pröckl, Vinzenz: Eger und das Egerland. 2. Bd. Prag, Eger 1845, S. 306-307
- Reitzenstein, Hermann Freiherr von: Die Burggüter und Freihäuser in der Stadt Bayreuth. In: Archiv für Geschichte und Altertumskunde von Oberfranken 15.1 (1881), S. 61-114, hier S. 87
- Willax, Franz: Das Fürstentum Brandenburg-Ansbach und die Reichsstadt Nürnberg im Spanischen Erbfolgekrieg. Ansbach 1984, S. 35
- Winkler, Richard: Historischer Atlas von Bayern. Reihe I Bd. 30 Bayreuth. München 1999, S. 220, 224
- Erlanger Stadtlexikon 2002, S. 693 (Verfasser: Andreas Jakob)
- ↑ Zu Jobst Siegmund Praun siehe die Anmerkung im Brief vom 13.10.1700.
- ↑ Diese Kunstkammer war von Paul Praun (1548-1616) eingerichtet worden.
- Achilles-Syndram: Die Kunstsammlung des Paulus Praun. Die Inventare von 1616 und 1719. Nürnberg: Selbstverlag des Stadtrats 1994
- ↑ Zu Kolbs Beziehungen zu Mutter und Verwandtschaft in (Markt-)Redwitz und Hof vgl. die Anmerkung zu Krosicks Brief vom 26.08.1706.
- ↑ manquiren: unterlassen.
- ↑ Kolb trat mit dem Vertrag vom 06.07.1702 in Bernhard Friedrich von Krosigks Dienste.
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