Briefwechsel Peter Kolb
Kurzinformation zum Brief | Zum Original |
Autor | Kolb, Peter (1675-1726) |
Empfänger | Krosigk, Bernhard Friedrich von (1660-1714) |
Ort | Kap der Guten Hoffnung |
Datum | 20. April 1707[1] |
Signatur | UB Basel: UBH L Ia 700: Bl. 65r-67r |
Transkription | Hans Gaab, Fürth; Andreas Henkel, Wunsiedel |
Hochwohlgebohrner Herr,
Gnädiger Herr.
Diese Schiffe gehen nun wiederum weg, sonder daß von Ew. Excellence einen einigen Buchstaben empfangen, der mich unterrichtete, wie die übersendete Observationes wäre aufgenommen worden,[2] noch was mich wegen gethaner Vorschläge,[3] die unmaßgeblich in aller Unterthänigkeit vorgestellet, zu versehen hätte. Und wie wohl ich nicht zweifele, Ew. Excellence werden darüber weitläuffig geschrieben haben, sonderlich da mir bekandt, daß meine Briefe, von hier abgegeben, sind zu rechte gekommen; indem auf mein erstes Schreiben an Hln. Daniel Deutz[4] Antwort, mit dem lange in Amsterdam bey Hln. Münch[5] gelegenen Wechsel von 400 fl. oder 160 Rthlr, von demselben empfangen, welcher Wechsel mir auch verwichenes Jahr den 1. Novembr. von dem WohlEdelen Hln. Oud-Gouverneur, Simon van der Stel[6], ist bezahlet worden; so ist doch Ew. Excellence gnädige Antwort entweder mit denen durch die Franzen genommenen Schiffen, Hochstett und Assendelfd verlohren gegangen,[7] oder sie ist mir von mißgünstigen Menschen enthalten worden. In Ermangelung aber derselben können Ew. Excellence von Selbst urtheilen, daß so wohl ungewiß bin, wegen gethaner unmaßgeblichen Vorschläge, als wegen des Ausschlags; und der Finalen Resolution darauf. Unterdeßen doch bleibe bey der vorigen Einrichtung meines Journals (welches ob es wohl oder übel gemachet, mich die nun alle Augenblick verhofte Schiffe sonder Zweifel belehren werden, weil sie nicht vermuthe anzukommen, sonder briefe von Ew. Excellence mitzubringen) und übersende es, so, als es bishero gehalten und noch einmahl hier bewahre. Die Observationes Eclipsium kan mit diesen Schiffen unmöglich senden, theils weil sie erst noch einmahl übersehen muß, theils auch weil gegenwärtig mit dem schweren Calculo dreyer Eclipsium (von welchen ersten beyden nichts gesehen habe, gleich als zu andrer Zeit ausführlicher beweisen werde) überhäuffet gewesen, welchen alleine zu verrichten, und die Observationes Quotidianas dabey wahr zu nehmen viele Mühe und Zeit kosteten,
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gleich als Ew. Excellence selbst beßtermaßen bewust ist: Sie sollen jedoch mit denen nächsten Schiffen folgen,
daferne mir anders Gott Leben und Gesundheit giebet. Die Observationem Veneris habe tendiret, und mehr als einmahl versuchet;
alleine mein kleiner Tubus, den ich mit aus Teutschland genommen, ist dabey große Gefahr gelauffen. Dann Ew. Excellence
belieben doch selbst gnädigst zu überlegen, wie unmüglich es sey, einen Tubum in linea Meridiana
so feste zu machen, daß er pro altitudine stellae, höher oder niedriger könne gemachet werden,
da in der Drogen= oder Sommerzeit die schweren SüdOosten Winde, in der Regen= oder Winterzeit aber
die schwere Regens mit denen starcken Nordwesten winden alles umreißen, was nur ein wenig beweglich ist.
Mein langer Tubus hat, folgens unterthänigen Bericht vom verwichenen Jahre, eine probe davon ausgestanden,
indem Er benebens den hölzernen Canal, darinnen er lieget, von dem Nordwest wind aufgenommen,
und wieder eine Maurer in dem Fort angeschmißen worden, daß er in zwey stücke gebrochen.
Der kleinere von Papier, den ich aus Teutschland mitgenommen, solte nicht frey gekommen seyn, wenn ich ihn,
bey besagter Observatione Veneris, hätte länger laßen liegen. Und behalben dieses, wenn auch gleich
diese incommoditet nicht zu besorgen, und täglichs zu befürchten wäre, so könte es doch nicht geschehen,
daß ein tubus unverändert in linea meridiana liegen bliebe, weil die Soldaten, Matrosen, Sclaven und
andres liederliches Volck, das an dieser Caap bey hauffen zu finden, die Gläser hingeschunden,
und die altitudinem des tubi nicht unverändert laßen würden. Ich habe davon eine probe
an meinen andern Instrumenten gehabt, welche offtmahls so miserable gehandelt worden, daß mit weinenden Augen
die Verwüstung habe ansehen, und auf deren reparierung bedacht seyn müßen. Wie manchmal sind mir die Dioptra,
welche auf der Regula Quadranti stehen, aus ihrem Parallelismo gesezet worden? Ich versichere Ew. Excellence,
wer solche Verrichtungen auf sich hat genommen, als ich, und wird so geplaget, als ich, dem ist es nicht übel zu nehmen,
daß er offtmahls darüber mißvergnüget, und böse wird. Jedoch was sage ich von dem Quadranten;
haben nicht unlängst noch Gottlose Hände einige kleine Schrauben, mit welchen das Micrometron des
Sextanten feste gemachet, boßhafftig heraus genommen, den Sextanten so lang unbrauchbar gemachet,
und mich dadurch in Unruhe gesezet? Der Mann ist noch hier, der ander wieder dazu gemachet, mit welchen,
gleich als vielen andren es beweisen kan. Unterdeßen sind diese brutaliteten, so ich sie so nennen mag,
noch nicht die vollkommensten, sondern damit sie ihren vollkommenen grad der Vollkommenheit erlangen mögten,
so mußte diese noch dabey kommen, daß ein Teufflischer Mensch (wer es gewesen, habe biß anhero nicht
erfahren können) das Schilterhäußgen, darinnen meine Horologie verwahret stehet, erbrochen,
und an den Minuten-Weiser so lange hin und her gedrehet, biß daß er die inwendige Spindel in Stücken
gebrochen. Was düncket Ew. Excellence wie weit ein Liebhaber von Künsten und Wissenschaften es,
bey solcher gestaltheit von Sachen, bringen, und was Er gutes ausrichten könne, der so angegriffen
und auf so unzehlige manieren tendiret werde? Gott und ehrliche Menschen können meine Zeugen seyn,
daß an diesen allen nichts liege [=lüge], ja vielmehr noch verschweige, als bißhero angemercket.
Denn da lieget der Canal zu meinem großen Tubo wieder in Stücken, welcher unlängst bey reparation
des walles durch Sclaven oder Soldaten (wer kan es wißen) ist gebrochen worden. Jedoch ich will hier
lieber mit Vorbedacht ein Ende des Klagens machen, über so viele impertinente Dinge, als Ew. Excellence nöthigen,
in absentie eben denselben Harnisch anzuziehen, den ich in praesentie fast täglich von nöthen gehabt.
Dieses füge nur dabey, daß alle diese, und dergleichen viele andre Verdrießlichkeiten,
ein sattsamer beweiß seyn können, wie weit es ein Liebhaber der Astronomie, sonderlich der auf eines
andren Patrons Kosten, gleich ich, gesonden, bringen können. Hätte ich eine Kammer in dem Fort, nahe bey
meinem Observatorio (um welche zwar den Edlen Hln. Gouverneur durch
Mr Olaf Berg[8] einen Schweden,
und Capitain von der Militie, habe versuchen laßen, jedoch nicht erhalten,) haben können, es
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solte sonder Zweifel so viel Gewalt an meinen Instrumenten nicht geschehen seyn, als wohl gebühret ist,
weil ohngefähr so weit von dem Fort ab wohne (nemlich in der Edlen Compagnies GartenHauß,
wie vor diesem unterthänigst berichtet) als Pesen[9]
von Popliz entfernet ist. Oder hätte ich nur ein
eigen Hauß (an welches gegenwärtig zu gelangen, nicht schwer seyn solte) und wäre mir von der
Edlen Compagnie permission gegeben, die Instrumenta aus dem Fort weg zu nehmen, es sollte sicherlich alles viel bequemer,
viel beßer, und viel vortheilhafftiger verrichtet werden können. Ja könte ich endlich vorhero wißen,
wie wohl es nicht möglich, welcher von denen unmaßgeblichen Vorschlägen, wäre acceptiret worden,
oder ob einer davon zu seinem effect gekommen (woran mich jedoch die große Freude der Hhln. Astronomorum in Europa,
wegens dieses unternehmens verursacht, keines weges zweifeln läßet,) ich solte auch dieses ungemach
wohl wißen zu entfliehen, das mir, wie wohl wieder des Edlen Hln. Gouverneurs willen, als der es in meiner
presentie expresse verbotten, durch Verhöhung der Brustwehrung, oder des Walles angethan wird.
Dann da vorhero alle propugnacula waßerpaß[10]
waren, so sind sie nun abhangende gemacht,
weil sonsten das waßer, bey so schweren Regen Zeiten, als verwichenes Jahr gewesen, nicht konte abgeleydet werden.
Indessen aber weil die Canons, dem feind von außen, durch solche inwendige Verhöhung, zu starck und
viel ins Gesicht kamen, so wurde ordiniret, den Wall oder die Brustwehrung, mehr als einen Fuß höher zu machen.
Nun hatte ich meine Instrumenta nach dem alten Wall gesezet, so, daß den Horizont besehen kunte; allein
anjezo ist der wall über einen Fuß höher als der Horizont meiner instrumenten.
Diese incommoditet, sage ich, gleich als viele andre, wären mir leichte weg zu nehmen, daferne ich wüste,
ob einer, und dann welcher unmaßgebliche Vorschlag gnädig wäre acceptiret worden; jedoch dieses
verhoffe durch die Ankunfft der alle moment erwarteten Schiffe zu vernehmen. Unterdeßen aber glaube,
daß Ew. Excellence, entweder aus Curiositet oder auch wohl um eigenen hohen interesse willen, begierig seyn werden,
zu wißen, wie und auf was Art und Weise, diese incommoditeten, die der Astronomie in dem Wege stehen,
können weg genommen werden? Es finden sich zwar viele Umstände, die diese Vorstellung zu verschweigen rathen,
sonderlich weil der Gnädige Ausschlag, voriger unmaßgeblich gethaner Vorschläge noch nicht bekand ist;
jedoch, weil ich sehe, daß es zu Ew. Excellence hohen Dessin vieles beytragen kan; weil ich auch nicht zweifele,
daß gegen Ew. Excellence eben so frey sprechen möge, als ein Kind gegen seinen Vatter; ja weil ich mich
versichert halte, Ew. Excellence werden einem aufrichtigen Diener eine unterthänige bitte nicht abschlagen;
so düncket mich unbillich zu seyn, eine Sache, die die Aufrichtigkeit zum Grunde hat, vor Ew. Excellence zu verbergen,
als die, bey Ersehung des Vortheils, den es in sich beschließet, mein Absehen keines weges disapprobiren,
sondern vieleher befördern wird. Denn alles was primario zu Ew. Excellence, und secundario auch zu meinem Vortheile
dienen kan, ist allerdings nicht zu verschweigen, sondern, weil es auf approbation und Untersteuerung von
Ew. Excellence ankommet, muß billich frey heraus gesprochen werden. Und darum soll ich es auch in schuldiger
Unterthänigkeit zu Ew. Excellence dispositie, vor dero Gnädige Füße niederlegen,
nicht zweiflend es werde Eingang finden, und mir mit denen erst abgehenden Schiffen eine gnädige Antwort
zugesonden werden. Ew. Excellence sehen nemlich von selbsten leichte, folgens übersondener Observationen,
daß der mitgegebenen Instruction nicht nicht vollkommene Satisfaction geschehen, auch bey solchen Umbständen,
gleich als unterthänigst berichtet, nicht geschehen kan. So ist auch Ew. Excellence nicht unbekandt,
daß ich vor diesem niemalen, wo mich auch dieselbe zu gebrauchet, wieder zurücke gekommen,
bevor meine Ordre vollkommen expediret. Nun suche ich, unter Göttlichen beystand und Gesundheit,
auch dieser ein genügen zu leisten, wie wohl auf diese weise noch nicht dazu habe gelangen können;
dann es solte mich, als einen ehrlichen aufrichtigen diener von Ew. Excellence erschrecklich betrüben,
wenn ich von hier, unverrichter Sachen, solte genommen, und anstatt Lorberen ein zusammlen, nichts als ungemach
und beschimpfung zu gewarten haben. Darum ist mein unterthänigster Versuch an Ew. Excellence, die hohe Gnade
vor mich zu haben, und, weil auf Ew. Excellence Kosten länger hier zuleben, allzu kostbar werden solte,
bey denen Hhln. Bewindhebbern[11]
der Kammer von Siebenzehn, welche gegenwärtig in Amsterdam residiret, zu versuchen,
daß sie mich als frey bürger mögten hier leben laßen, und mit einem Stücke Land,
gleich als Sie andren zu geben nicht weigern, besorgen u. beehren. Es solte dieses Ew. Excellence nicht schwer fallen,
von Ihnen zu erwerben, weil ich weiß, daß die meisten unter Ihnen, wegen guter bekand=
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schafft, und gepflogener Correspondentie, solches Ew. Excellenve nicht weigern würden; ich aber würde dadurch
in Staat gesetzet, auf eigene Kosten deroselben hohes Dessein nach aller möglichkeit helffen zu befördern,
außer welchen ich nichts intendire, noch eifriger suche. Gott seÿ mein Zeuge, daß ich durch die Continuation
der Observationen, zu welcher, wie bereits vor einen Jahr berichtet, niemand capable gemacht werden kan, hoffe Ehre einzulegen,
und so mir diese bitte vergönnet wird, es dahin zu bringen, daß sonderlich wenn mir von der Edlen Compagnie
der freÿe Gebrauch der Instrumenten zugestanden würde, an der instruction kein punct seÿn soll, den ich nicht,
nach möglichkeit ein genügen gethan. Wegen der Rechnung, die Ew. Excellence noch von mir zu praetendieren hat,
haben dieselbe nichts zu befürchten, weil ich sie alle Zeit mit anderen briefen und observationen übersenden kan,
und will, so bald als sie nur von mir gefordert wird. Ich zweifele demnach nicht, Ew. Excellence sollen ein sattsames
Vergnügen bey Ihnen selbst haben, über den Eifer, den ich, in Ansehung Ihres hohen Desseins, bezeuge;
ja, ich halte mich versichert, daß diese meine lezte bitte mir nicht soll abgeschlagen werden, solte auch gleich
Ew. Excellence in eigener hoher Person nach Holland zu reisen, genothsacht [= genötigt] seÿn.
Es sollten mich warlich, wenn alle
Vorschläge fruchtlos wären, nichts mehr als die instrumenta jammern, die doch ungebraucht blieben, und verderben,
gleich als bereits vor einem Jahr weitläuftiger unterthänigst angewiesen habe. Und was kan es endlich
Ew. Excellence schaden, wenn ich noch einige Jahre hierbleibe, da dieselbe noch alle Zeit gute und getreue dienste
von mir haben können. Doch ich unterwerffe mich, mit alle dem was gesaget, Ew. Excellence hohen und weitersehenden
Gedancken, nicht zweiflende, der Ausschlag werde sowohl vor Ew. Excellence, als vor mich selber gut seÿn.
Unterdeßen aber berichte Ew. Excellence unterthänigst, wie daß der Edle Hl. Gouverneur,
unlängst von mir schriftlich zu haben gepraetendiret, wie weit ich in der Astronomie gekommen,
u. was ich gefundten hätte. Weil mit aber diese quaestion was nachdencklich schiene, einen andern zu geben,
was Ew. Excellence alleine zukommet; als habe darauf nicht resolviren können: indem weder expressen befehl habe,
niemand nichts, oder was an jemand zu geben. Darum versuche von Ew. Excellenve einige Ordre zu bekommen,
wie mich darinnen aufzuführen habe. Es scheinet dieser Hl. Gouverneur, durch böse Zungen verleydet ungnädig
auf mich zu seÿn, wie wohl ich mit Gott und gutem Gewißen bezeugen kan, daß, mit meinem wißen,
niemals was zu seinem Nachtheil gethan habe: Es müßte dann seÿn, daß mich in die Dispute, die zwischen
ihm und denen Freÿburgern entstanden,[12]
als einer Sache, die mich nicht angehet, nicht habe meliren wollen;
oder, daß einige conversation mit seÿnen partheÿen gehalten. Dann er hat mir dieses unlängst verwiesen,
sagende: Ich weiß wohl, daß Ihr täglich beÿ meinen Partheÿen verkehert, diese aber sind es,
auf die Er mich, in beginn meiner Ankunft selber recommendiret, nemlich Mr.
Cruse[13],
Corsenaar[14],
v. Schwellingräfen[15],
alle 3 Comp[pagnie] diener, in Qualitet Unterkauffleute, die ersten zwey Politique, der lezte aber Justitie Raths=Personen.
Der einige freÿman, Nicolaus Oortman[16], Advocatus,
ist es mit dem ich fast täglich conversire,
welcher mit dem Edlen Hl. Gouverneur selbst hiergekommen, um als Compagnie mit demselben und conversation zu pflegen:
Ob ich nun unrecht thue, daß mich zu denen principalsten halte, und lieber mit ehrlichen leuten,
als liederlichen menschen suche umzugehen, gebe Ew. Excellence zu bedencken. Hat der Edle Hl. Gouverneur quaestie mit Ihnen,
die ist ja außer mir. Zudem so kan ich ja nicht feind seÿn gegen diejenige, gegen welche der Edle Hl. Gouverneur
feind ist. Jedoch ich gebe diesem honorablen Mann die Schuld nicht; falsche Zungen und böse Rathsleute
haben Ihn so weit gebracht, daß Er nun nach dem Vatterlande zur Antwort kommen muß.
Ich bejammre ihn herzlich und wolte wohl wünschen, daß Er hier bleibe, so lang als mir Gott und
Ew. Excellence hier zubleiben gestatten werden. Inzwischen, so es sich zutragen möchte, daß böse Menschen
böse Dinge von mir vorbrächten, die Ew. Excellence möchten zu Ohren kommen, ich versuche
unterthänigst mich nicht allzu frühe zu verdammen. Dann so Ew. Excellence nach meinem Leben und Getrag[!]
fragen wollen, ich habe angewiesen mit wem ich Conversation pflege. Vernehmen Ew. Excellence doch erst noch dieses,
so werden dieselbe leichte abnehmen können, daß Gleich und gleich sich alle Zeit suchet zusammen zu gesellen.
Endlich, weil ich noch dieses Jahr doch hier bleiben muß, indem auf die unmaßgeblichen Vorschläge
noch keine Antwort habe, indeßen auch vor mich selbst noch nicht bestehen kan, so versuche Ew. Excellence demütigst,
über die verwichnes Jahr geforderte 300 Rlhlr
[Bl. 67r]
an welchen noch 140. Rlhlr manquiren, die ich jedoch mit der Ankunfft der ersten Schiffe hoffe zu empfangen, weil sie
mehrentheils bereits debet bin (indem noch das Unglück gehabt, daß ein Sclave, welcher meine Kammer,
in meiner absentie, und die Küste, mit denen in der kammer dazu hangenden schlüsseln, aufgethan, mehr als
über die 50 Rlhlr daraus gestohlen, von welchen ich nicht einen deut wieder bekommen, ohnerachtet er durch die
Justitie darüber examiniret, und an dem Geiselpfal mit 530. Stockschlägen ist gestrafet worden) noch vor dieses Jahr
200 Rlhlr zusenden, mit welchen ich suchen soll aus zu kommen; solte ich aber,
wie wohl es nicht hoffe, zu kommendes Jahr, nach Hauße
beruffen werden, so würden noch wohl vor den Transport zu bezahlen 100 Rlhlr mehr vonnöthen seyn.
Wollen auch Ew. Excellence einige Gütter mitgebracht haben, so bitte so viel Geld darzu zu senden, als dieselbe
meÿnen und selbst vor Gut befinden. Ich versichere, daß wann ich hier 200 Rlhlr. anwendete, zum allermeisten in Holland
so viel könte profitiret werden, daß der Transport gut gemachet würde. Zu einer probe sende Ew. Excellence
ein paar Stück Neßeltuch,[17] welche hier 7. à 9. Rlhlr verkaufft werden, mir aber von einem Dänischen Capitain,
Mr Meyern[18], der offtmahls bey mir gewesen,
verehret worden; aus welchen Ew. Excellence sehen können,
wieviel man in dem Vatterland damit thun, und was man darauf gewinnen könne. Eine Flasche Thee von 4. à 5. Pfund,
davor ich 1 Rlhlr vor das Pfund gegeben, hatte allbereits stehen, um mit zu übersenden, alleine der Überbringer
dieses Mr Joh. Conrad Rätzel[19],
von Aalsleben[20] gebürtig, kunte sie nicht mitnehmen; sagte aber daß Er
Ew. Excellence von dem Seinigen wohl versehen wolle, woran auch nicht zweifele. Er ist lange Jahre in der Apothec
uff Batavia gewesen, besizet viele Curiositeten, welche von Ew. Excellence gesehn zu werden, wohl werth sind;
Gestalden Ew. Excellence von Ihm selber weitläuffiger vernehmen können. Übrigens hoffe auch zu vernehmen,
wie es mit Mr. Blanckenbergs Geld abgelauffen;[21]
man hat hier von seinem Debiteur wunderliche nouvelles gehört,
welche, wenn sie wahr sind, vor einen ehrlichen Mann nicht wohl stehen. Und hiermit überlaße Ew. Excellence,
nebst der gantzen HochAdl. Familie der Gnädigen Beschirmung Gottes, feste vertrauende, daß Er Ew. Excellence,
nebst der ganzen HochAdl. Familie in ungekränckten hohen Wohlseÿn erhalte, mir aber,
der ich mich Ew. Excellence ganz u. eigen überlasse, die Gnade geben werde, capable zu seyn, mit recht den Nahmen,
unter dienstl. und demütiger Begrüßung an die Hochwohlgebohrene Frau Gemahlin, und sämtl.
HochAdl. Familie zu führen, daß ich heiße
Ew. Hochwohlgebohren Excellence
Caap de goede Hoop
20. April Ao.
1700 [recte 1707]
Unterthänigster Knecht
Peter Kolbe
Fussnoten
- ↑ Der Brief wurde von Kolb versehentlich falsch datiert. Das richtige Jahr 1707 ergibt sich aus allen inhaltlichen Bezügen (etwa der Einlösung des Wechsels von 400 fl.) und der Erwähnung dieses Briefs mit dem richtigen Datum in Kolbs Schreiben vom 15.04.1708.
- ↑ Krosicks Schreiben vom 22.08.1706 und 03.11.1706 erhielt Kolb erst im Mai 1707. Allerdings enthalten auch diese Schreiben kein Wort Krosicks über die "übersendeten Observationes", obwohl sie doch Inhalt des "Paquet Briefs" gewesen sein müssen, den Krosick spätestens im September 1706 in Poplitz erhalten hatte.
- ↑ Krosick behandelt im Brief vom 03.11.1706 lediglich Kolbs Wunsch, bei der VOC "employ" zu finden. Welche "unmaßgeblichen Vorschläge" Kolb sonst unterbreitet hat, ist nicht bekannt.
- ↑ Zu Daniel Deutz siehe die Anmerkung im Brief vom 00.05.1704.
- ↑ Zu Georg Munck siehe die Anmerkung im Brief vom 06.12.1704.
- ↑ Die Transaktion wurde vom "Alt-Gouverneur" Simon van der Stel (1639-1712, Gouverneur 1691-1699) abgewickelt, der nach der Ablösung durch seinen Sohn Willem Adriaan van der Stel (1664-1723, Gouverneur 1699-1707) weiter am Kap lebte.
- ↑ Die drei Schiffe Assendelft, Hochstedt und Berg segelten am 20.01.1706 von Texel aus los. Am 13.04.1706 wurden sie von französischen Schiffen angegriffen. Im Rahmen des spanischen Erbfolgekrieges waren Frankreich und die Niederlande Gegner. Die Schiffe Assendelft und Hochstedt wurden gekapert, wobei die Assendelft nach Martinique verschleppt wurde, die Hochstedt brannte aus. Das Schiff Bergen konnte entkommen.
- ↑ "Olof[!] Berg, Capitain über hiesiege Guarnison", Mitglied des Politischen Rates.
- ↑ Die Entfernung zwischen Beesenlaublingen und Poplitz entspricht ungefähr der zwischen Fort und Garten der Kompagnie (ca. 1,2 Kilometer).
- ↑ Die Grundflächen der Bastionen (propugnacula), die ursprünglich flach (wasserpass) waren, wurden zur Erzielung eines Gefälles angehoben, weswegen man dann auch die Brustwehren erhöhen musste.
- ↑ Die Bewindhebber (ndl. Befehlshaber) sind die "Herren XVII", die 17 Mitglieder des zentralen Verwaltungsrats der VOC.
- ↑ Die Auseinandersetzungen zwischen dem Gouverneur
Willem Adriaan van der Stel und den Kolonisten hat Kolb in seinem Kap-Werk ausführlich dargestellt.
- Caput Bonae Spei hodiernum 1719, S. 730-815.
- ↑ Jakob Cruse, "Unterkauffman und Guarnisons-Buchhalter" sowie "Curator ad lites" der VOC.
- ↑ Willem
Corsenaar
(?-1709), der 1689 im Dienst der VOC, "Winckelier oder Kauffmann in der Festung".
- Caput Bonae Spei hodiernum 1719, S. 598
- ↑ Johannes Schwellingrebel (Im Kolbs Hauptwerk immer in dieser Schreibweise]
war Justiz-Rat der VOC.
- Caput Bonae Spei hodiernum 1719, S. 760-762
- ↑ Nikolaas
Oortmans (1660-?)
hatte von 1681 bis 1684 in Leiden Jura studiert. Im Oktober 1699 heiratete er am Kap.
Kolb erwähnt ihn und seine Angelegenheiten in seinem Hauptwerk.
- Caput Bonae Spei hodiernum 1719, S. 765-769
- ↑ Um die Beschaffung von Nesseltuch und Tee bittet v. Krosick auch in seinem Schreiben vom 22.08.1706, das Kolb noch nicht erhalten hat.
- ↑ Diese Person ist in Kolbs Hauptwerk Caput Bonae Spei hodiernum von 1719 nicht nachweisbar.
- ↑ Johann Conrad Raetzel (1672 Alsleben - nach 1742) diente
1694 bis 1707 als Unterkaufmann und Laborant in der VOC und war später Ratskämmerer
in Halberstadt. Er publizierte einen Catalogus seiner Raritätensammlung und ein handschriftliches
Ostindisches Diarium.
- Catalogus Oder Eine in ordentlichen Classen abgetheilete Specification Vieler aus dem Regno Animali, Vegetabili und Minerali, raren Colligirten Natural- Auch einiger Artificial- Cabinet-Stücke. Halberstadt: Bergmann ca. 1735
- Gelder, Roelof van: Das ostindische Abenteuer, Deutsche in Diensten der Vereinigten Ostindischen Kompanie. Hamburg: Convent 2004, S. 223-224
- ↑ Alsleben (Saale) liegt kaum 2 km von Poplitz entfernt und beherbergt ein weiteres Schloss der Familie Krosick.
- ↑ Darüber berichtet Krosick ausführlich im Brief vom 03.11.1706, den Kolb am 11.05.1707 erhielt.
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