Briefwechsel Georg Moritz Lowitz
Kurzinformation zum Brief |
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Autor |
Lowitz, Georg Moritz (1722-1774) |
Empfänger |
Landesregierung in Hannover |
Ort |
Göttingen |
Datum |
30. April 1764 |
Signatur |
Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, unpaginiert [Scan 361-402] |
Transkription |
Hans Gaab, Fürth |
N. 22. pr. d. 2. May 1764
Balck[1]
Königlich Großbritanische zur Churfürst=
lich Braunschweig-Lüneburgl. Landes Regie=
rung höchstverordnete Herren Geheime
Räthe
Hochgebohrne Herren,
Hochgebiethende, und Gnädigste Herren !
Ew. Hochgebohrl. Excellences haben in der
hiesigen unglückligen Pasquillen Sache
durch ein Gnädigstes Rescript vom 19. Jenner[2]
dieses Jahres, der Universitäts-Deputation
zu befehlen geruhet: daß selbige mir die
verlangten Acten-Stücke zu meinem
Gebrauch abschriftlich mittheilen sollen:
[S. 2]
Ich muß aber in aller Unterthänigkeit wehemüthigst
mich beklagen, daß die Deputation
in Erfüllung dieses gnädigsten Befehls sich
so dann seelig bezeiget, und wie aus denen
datirten Unterschriften des Prof.
Riccius[3]
zu ersehen ist, diese Mittheilung
so langsam geschehen läßet, daß mir,
dadurch in Ansehung der unnöthiger Weise
verlängerten Zeit, ein sehr großer
Schaden entstehet, deßen Ersetzung ich mir
auf alle rechtliche Weise vorbehalten
muß. Ich habe heute, da ich dieses schreibe,
aller meiner Erinnerungen ohngeachthet,
noch nicht alles in den Händen: und ich
warte mit Verlangen darauf, bis
mir die completen Acten zu meiner
gäntzlichen, und vollkommenen Verteidigung
wider die niederträchtig=
[S. 3]
sten, und ungerechtesten Beschuldigungen
meiner verschworenen Feinde, eingeliefert
sind.
Ew. Hochgebohrl: Excellences haben aber
auch in eben diesem Rescripte zu befehlen
beliebet, die geforderten Rechtsgutachten,
die beÿ denen hiesigen Acten
liegen, mir weder zur Einsicht darzulegen,
noch abschriftlich mitzutheilen:
ja selbige eben so wenig mit zu verschicken
noch zu zu laßen, daß darüber erkannt
werde. Und eben dieses soll
sich auch auf die berufenen dringenden
Vorstellungen der beeden unruhigen
Hofräthe Aÿrer[4],
und Michaelis[5] erstrecken.
Es ist wahr ! ein jeder rechtschaffene
Mann, der den Zustand dieses warhesten
Proceßes kennet, und der die ge=
[S. 4]
genwärtigen Acten durch gesehen hat, erkennet
die reinste Absicht, welche Ew.
Hochgebohrl. Excellences beÿ diesen Verweigerungen
hegen, mit entzückender Freude!
Denen sagen Sie, es kann unmöglich
eine andere Absicht der Grund dieser
Zurückhaltung offenbarer Theile von
Inquisitions-Acten seÿn; als dadurch dem
weiter um sich freßenden Feuer der
Uneinigkeit, und des Verdrußes Einhalt
zu thun, und ihre weitere Ausbreitung
damit abzugraben. So sehr ich
auch diese heilige Gesinnungen Ew:
Hochgebohrl: Excellences in meinen Hertzen
verehren muß, so schmertzlich fällt es mir
zu empfinden, daß durch dieses Mittel
der Lauf einer unpartheÿischen Justiz-Pflege,
deren ich mich so willig und freu=
[S. 5]
dig unterworfen habe, mit Gewalt gehemmet,
dabeÿ aber eine reine Unschuld der
schwärtzesten Bosheit aufgeopfert werden
müßte.
Ew: Hochgebohrl. Excellences erlauben gnädigst,
daß ich mich in aller Unterthänigkeit,
und mit dem tiefsten Respect unterstehen
darf, zu beweisen: daß
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1.mo |
überhaupt alle Vorstellungen, die in
diesem wichtigen Proceß, der mehr als
Leib und Leben anbetrifft, jemals eingekommen
sind, ins besondere aber
die dringenden Vorstellungen der
Hofräthe Aÿrer und Michaelis partes
actorum heißen und daher nothwendig
denen Acten beÿzulegen; und
mir abschriftlich mitzutheilen sind.
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|
2.do |
daß die rechtlichen Bedencken, oder
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[S. 6]
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Rechts-Gutachten, die beÿ denen Acten
in einem besondern, bisher aber
für mich geheimen Fascicul verwahrt
liegen, nicht allein als würckliche
partes actorum zu halten sind,
sondern daß mir auch daher deren
abschriftliche Mittheilung mit keinem
Schein des Rechtens jemals können
abgeschlagen werden.
|
Es ist ein allgemeiner, und durch die
gantze Welt angenommener Satz: daß alle
diejenigen Schriften, worauf man sich
in einem schriftlich geführten Proceße
berufet, oder beziehet: oder die zu Erläuterung
eines Umstandes dienen können,
wenn sie einmahl im Gerichte
eingegeben, und angenommen sind,
auch als würckliche, und unzertrennli=
[S. 7]
che partes actorum gehalten, und dafür erkläret
werden. Nun sind
|
1.mo |
nicht allein die dringenden Vorstellungen
der Hofräthe Aÿrer und Michaelis
des Pasquillen Proceßes willen beÿ
Ew. Hochgebohrl. Excellences eingereicht worden,
sondern sie haben so gar veranlasset,
daß Höchst dieselben einen sehr deutlichen,
und positiven Befehl, welchem
der Deputation in einem gnädigsten
Rescripte gegeben worden ist, in einem
andern darauf folgenden Rescripte
wieder aufheben, und die erst
gefaßte Meÿnung gäntzlich ändern
mußten: so folgt daraus, daß diese
dringende Vorstellungen solche neue
und wichtige Scheingründe in sich enthalten
müßen, die Ew. Hochgebohrl. Excell:
|
[S. 8]
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bestimmen konnten, die schändlichste Inquisition
wider mich fortsetzen zu laßen. Man
hielt also diese neuen Gründe zum Verdacht
für unendlich stärcker, als alle die elenden,
und boshaften Anzeigen des Stallmeisters,
und seiner erkauften Zeugen.
Mithin ist es höchst gerecht und billig, daß
mir diese neuen Anzeigen, diese neuen
Beschuldigungen meiner verschworenen
Feinde zu meiner Vertheidigung mitgetheilet werden.
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Denn da Ew. Hochgebohrl. Excellences in
dem höchst zu verehrenden
Rescripte vom
16. Junii 1763., welches mir sub nro: actor: 21.
abschriftlich mitgetheilet ist, nachdrücklich
melden ließen:
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Da nun keine Apparentz vorhanden
daß die wahren Urheber dieser
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[S. 9]
|
|
Schmäh=Schriften sich werden entdecken laßen,
die weitere Untersuchung aber
nur zu ungegründeten
Suspicionen[6],
disidiis[7],
und Animositäten Anlaß geben, und
solche vermehren dürffte: So halten
Wir das Beste zu seÿn der Sache dergestalt
ein Ende zu machen, daß obberührte
Schand-Schrifften durch Nachrichters[8]
Hand verbrand werden.
|
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So wäre die unterthänigste Befolgung
dieses gnädigsten Befehles freÿlich das
einzige Beste gewesen, was die Deputation
jemahl hätte thun können. Allein,
an deßen statt, nahm sie die freche Protestation
des anwesend gewesenen Hofraths
Michaelis wider diesen Befehl an:
und protocollirte selbige in pro: actor:
22.[9]
Am 23. Jun 1763. geruhete Ew.
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[S. 10]
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Hochgebohrl. Excellences ein anders Rescript
an die Deputation abzulaßen, welches
mir sub pro: act: 24. abschriftlich mitgetheilet
ist, und also lautet:
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Es ist von denen Hofräthen Aÿrer und
Michaelis dringende Vorstellungen geschehen,
daß in der bekannten Pasquillsache
die angefangene Untersuchung,
zu ihrer rechtmäßigen Satisfaction
fortgesetzet, und der Lauf
der Justiz nicht gehemmet werden möge.
Nachdem es nun beÿ dem am 16.ten Junius
erlaßenen Rescripto keine andere
als diese Meÿnung gehabt hat, daß
wenn keine Apparenz vorhanden, die
Urheber solcher Schmähschriften zu entdecken,
sodann der Sache durch Verbrennung
berührter Schandschriften von
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[S. 11]
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dem Nachrichter ein Ende zu machen seÿ,
so verstehet es sich von selbst, daß, so
lange noch Spuren übrig sind, den Thäter
heraus zu bringen, welche, wenn sie
nicht von euch auf rechtliche Weise ausfündig
zu machen seÿn, zu suppeditiren[11],
ihr denen beleidigten Theilen besonders
den Anfangs erwähnten Hofräthen
anheim stellen werdet, von der
Strenge der rechtlichen Untersuchung
nicht nach zu laßen seÿ. Wir haben dennoch
solches zum Ueberfluß zu eurer
Direction hierdurch declariren wollen,
damit eine solche boshafte That gebührlich
geahndet werden möge. Wir sind pp.
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Diese dringenden Vorstellungen haben
also verursachet, daß die im vorigen
Rescripto so deutlich bestimmt Meÿnung
|
[S. 12]
|
Es sey keine Apparenz vorhanden, daß die
wahren Urheber pp
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in die ihr gantz entgegen gesetzte Meÿnung
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daß wenn keine Apparenz vorhanden, die
Urheber pp
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sich verändert hat. Ich überlaße es Ew:
Hochgebohrl. Excellences selbst zu beurtheilen,
wie Himmel weit diese beÿden so deutlich
bestimten Meÿnungen von einander unterschieden
sind. Die Ursachen dieser gewaltigen
trennung können nicht von unpartheÿischen
Acten ausgeschloßen bleiben:
indem sie dem Proceß mit einem mahl
ein gantz anderes Ansuchen gegeben, und
die Fortsetzung deßelben belebet haben.
Ueber das muß ich auch wißen, was den
Hofrath Aÿrer für Gründe bewogen
haben an Ew: Hochgebohrl. Excellences drin=
|
[S. 13]
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gende Vorstellungen zu thun? Und wie
war er denn mit dem Pasquillen Proceß verknüpfet,
daß man demselben in diesem
Rescripte eine rechtmäßige Satisfaction
verspricht, und ihm anheim stellet von der
Strenge der rechtlichen Untersuchung nicht
nachzulaßen? In denen gantzen mir mitgetheilten
Acten ist nicht die geringste Spur
von ihm vorhanden: außer daß sein Vetter
der Stallmeister[12]
schon am 9.ten April. 1763. sub nro: act.
3.[13] mit folgenden Worten von ihm schreibt:
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|
Ew. Magnificence hierdurch beschwerlich zu werden,
veranlaßet mich der Befehl des Herrn
Hofrat Aÿrer, nehmlich, daß ich Ew: p das vor
langer Zeit vom Hln. Prof. Lowitz erhaltene
Schreiben
zu senden sollte pp
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Eben so wenig läßt sich eine Spur entdecken,
daß dieser unruhige Kopf nur
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[S. 14]
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im geringsten wäre beleidiget worden:
es müßte sich denn etwas in einem, von
der Deputation widerrechtlich gemachten,
geheimen, separat Fascicul, finden, welches
man, an das Tages Licht zu bringen
Scheu trüge. Allein, da ich gezwungen
worden bin, mich in die möglichst schärfste
gerichtliche Untersuchung einzulaßen,
und dieselbe, auch unter der äusersten
Beschimpfung, geduldig ausgehalten
habe; so darf vor meinen Augen
nun nicht das geringste mehr
geheim gehalten werden, wenn sich
die Deputation nicht ferner verdächtig
machen will. Was
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II. |
die Rechts-Gutachten anbetrifft,
so schäme ich mich fast einen Beweiß
darüber zu führen: daß selbige, partes acto=
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[S. 15]
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|
rum sind. Indem ich mich nur auf alle in unsern
Landen verhandelte acta judicialia
berufen dürfte: ohne der auswärtigen
zu gedencken. Alleine, da ich beÿ diesem
elenden Proceße bis hieher die Hauptperson
habe seÿn müßen; so will ich mich
dieser Bemühung dennoch unterziehen;
und nur aus unsern gegenwärtigen
Schand-Acten beweisen, daß die Deputation
höchst unrecht gehandelt habe,
diese Stücke, die den gantzen Proceß
dirigiren mußten, von denen ordentlichen
Acten abgesondert zu halten: und daß
sie noch bisher mit Unrecht fortfähret,
zu behaupten, es sind diese Schriften
nicht partes actorum geworden. Hier kann ich ja
gantz einfältig fragen: warum hat
sie denn der Hl. Prof.
Meister[14] /: denn der allein
|
[S. 16]
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ist in der Pasquillsache bisher die Deputation
gewesen :/ nicht zu den Acten gelegt,
und sie numerirt? Warum hat er denn
andere Schriften, die nicht die geringste
Beziehung auf diese Acten haben:
als wie nro: 28.
nr. 48.[15] p beÿgelegt,
und numerirt? Er kann nur dieses
antworten: weil es ihm so gefiel. Die
wahren Ursachen, die diesen unseren
hiesigen, so genannten großen Criminalisten
dazu bewogen haben, sollen
in meiner Defension entwickelt werden.
|
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Ew. Hochgebohrl. Excellences erlauben
gnädigst, daß ich aus denen mir mitgetheilten
Acten die gantze Beziehung
derselben auf diese Rechts-Gutachten
vorstellen darf.
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[S. 17]
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|
Nachdem die Universitäts-Deputation
Ew. Hochgebohrl. Excellences unterm 7.ten Maÿ 1763.
von dem bis dahin daurenden, und bis jetzt noch
nicht geendigten schändlichen Pasquillen-Unfug,
nebst dem Zustand der darüber
gehaltenen General-Inquisition den sub
pro: act: 13. befindlichen
Bericht erstattet hatte;
so gaben höchst dieselben in einem gnädigsten
sub pro: 14. liegenden Rescript vom
28. Maÿ 1763.[16] der Deputation den gerechten
Unwillen über diese Bosheiten in
folgenden Worten zu erkennen:
|
|
Nachdem nun diese Sache eines theils
durch das Gerücht so weit verbreitet
ist, daß man von Obrigkeits wegen
es dabeÿ um desto weniger beruhen
laßen kann, damit nicht andere
ihrer Schmähsucht den Zügel schießen
|
[S. 18]
|
|
zu laßen, sich erfrechen mögen, andern
Theils billig ist, daß dem Publico
und denen beleidigten Theilen, wenn
die Thäter, und Theilhaber entdecket
werden können, die gebührende
Genugthuung wiederfahren, wie
solches in dem beÿgefügten rechtlichen
Gutachten des mehrern ausgeführet,
und darin gute Anleitung gegeben ist:
So werdet ihr mit der angefangenen
Inquisition ex officio[17] fortfahren,
und von dem Erfolg anhero berichten pp.
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Hierauf folgete die sub nro: 16. sich
befindende Citation an mich.[18] Die Deputation
fand für gut, die Ursachen
dazu in dem Eingange des mir sub pro:
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[S. 19]
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actor: 18. mit getheilten Protocolls vom 7.ten Junii
1763.[19] in folgenden Worten anzuzeigen:
|
|
Nachdem die angeschlagene Pasquille nebst
denen in dießer Sache abgehaltenen Protocollen
an Hochpreißliche Königl.
Landes Regierung eingesendet, und
weitere Verhaltungs: ob, und wie
in der Sache zu verfahren, verlanget
worden; so ist darauf ein Rescript
erfolget, vermöge deßen in der Untersuchung
fortzufahren, und die in
den beÿgelegten Gutachten gemeldte
Personen ad protocollum vernommen
werden sollen. Diesem Auftrag zufolge pp.
|
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Da ich nun laufend erhebliche Ursachen
hatte, mich am 7. Junii mit denen mir
äuserst verdächtigen Personen, womit
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[S. 20]
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damals die Deputation besetzt war, in
kein Verhör einzulaßen; indem ich ihnen
selbst alle meine Gründe in das Gesicht
meldete; so machten sie als denn
unter dem Nahmen der Deputation
an Ew. Hochgebohrl: Excellences, und zwar
erst am 18.ten Junii einen Bericht[20] wegen
dieses Vorfalls. Sie bezogen sich dabeÿ auf
das damahls abgehaltene, und sub nro: act. 17.
liegende Protocoll,[21] in welchem ebenso wenig
als in dem Bericht die Wahrheit der Sache
vorgestellet ist. Gantz weißlich hielte die
Deputation meine Gründe zuruck, damit
selbige nicht zum Erkänntniß Ew.
Hochgebohrl. Excellences kommen sollten.
Aber zum Glück war ich so vorsichtich,
nicht allein diese Unterredung, die über
eine Stunde dauerte, sondern auch alle
|
[S. 21]
|
|
|
die folgende, die ich mit der Deputation hielt,
also bald aufzuschreiben, und unvergeßlich
zu erhalten. Diese Gespräche, sollen
Ew. Hochwohlgebl. Excellences zu seiner Zeit sämtlich
vor die Augen gelegt werden. Zum
Beweiße meiner Genauigkeit beÿ meinem,
Gott lob! sehr guten Gedächtniße,
habe ich die Ehre das letztern am 30.ten Jenner
dieses Jahres über die gegenwärtige Sache gehaltene
Unterredung sub Lit: A.,
deren genauen
Inhalt ich auf alle rechtliche weise behaupten
kann, und will, zur Einsicht hier
mit beÿzulegen, und es mit dem nehmlichen
sub Lit: B. befindlichen Protocolle des Prof. Riccius
zu begleiten.
|
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|
Auf diesem, und einem andern Bericht
ließen Ew. Hochgebohrl. Excellences unterm 22.ten Augl.
1763. an die Universitäts-Deputation fol=
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[S. 22]
|
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gendes rescribiren, welches sub nro: 32.
verwahrt liegt:
|
|
Wir haben erhalten, und vernommen,
was ihr unterm 29. m. p. wegen
der bekannten, uns höchst unangenehmen
Pasquillsache berichtet,
und angefraget habt: Als wir nun
diensam gefunden, ein rechtliches
Bedencken darüber zu erfordern:
So laßen Wir solches, da es
unsern völligen Beÿfall findet,
behuf eures weitern Verfahrens,
nebst denen eingesandten actis
hiebeÿ schließen, und zweifeln
im übrigen nicht, daß ihr, die Hofräthe
Aÿrer und Michaelis, von
selbst gemeÿnet seÿn werdet
zu Ablehnung allen Verdachts,
|
[S. 23]
|
|
euch aus der Raths-Stube zu begeben,
so oft in gegenwärtiger Sache in
dem Collegio vorgenommen wird.
Was übrigens dem Prof. Lowitz zur
Resol: ertheilet worden, solches eröfnet
der copeÿliche Anschluß in
mehren. Wir sind euch pp
|
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|
Dieses sind die öffentlichen Beziehungen
der allerwichtigsten, und so gar vom
höchsten Oberrichter selbst eingelegten
Actenstücke, auf die streitigen Rechts-Gutachten:
die gantz gewiß unverwerflich sind.
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|
Eine andere Beziehung, die aber verdeckt
zu seÿn scheinet, und die man mir
demohngeachtet offenbahren mußte, ist folgende:
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Als ich am 12. Octobr: 1763. das erstemahl
inspectionem actorum erlangte, so fand ich un=
|
[S. 24]
|
|
|
ter nro: 28. ein boshaftes ärgerliches Schreiben
des Prof. Köhlers[22]
an die Deputation: darinnen
derselbe alle mögliche Injurien auf mich
und auf den Prof. von Selchow[23], ohne Ursache
zu haben, ausstieß. Ich erstaunte über dessen
Inhalt, und fragte: Ob denn die Deputation
die so rasende Vorstellung gebilliget
habe: da sich nicht die geringste Spur in
denen Acten befindet, daß man ihm einiges
Mißfallen darüber hätte zu erkennen gegeben.
Der Prof. Riccius antwortete mir:
Doch! es ist ihm auf Befehl der Königl. Regierung
durch die Deputation ein tüchtiger
Verweiß gegeben worden. Ich fragte, wo
sich der Befehl der Königl. Regierung sowohl
als der Verweiß befinde? Antwort:
Es seÿ zu den Acten kommen.
Ich bezeugte mein Mißfallen über diesen Mangel und ver=
|
[S. 25]
|
|
|
langte: daß, um der Ehre des Judicii willen,
eines so wohl als das andere herbeÿ geschaffet,
und diesen Acten beÿgeleget
werden müße. Denn sonst würde
es möglich seÿn, daß man den unbilligen
Gedancken hegen könnte, die Königl. Regierung
hätte diesen Frevel übersehen.
So oftmals wir die Acten besahen, so waren
diese Stücke immer noch unsichtbar. Endlich
wurde auf öfters Erinnern zu
nro: act. 36.[24] eine kleine besondere Beÿlage
sub lit. b. gefüget, die hier abgeschrieben wird:
|
|
Nachdem beÿ denen ohnlängst von
Hannover zuruck gekommenen
Acten in der fameusen Pasquillensache
unter andern Hohen Orths erinnert
worden, dem Professori
Koeler, auf seine d. 7. Jul: 1763.
|
[S. 26]
|
|
beÿ der Deputation eingereichte
Schrift die Bedeutung zu thun,
daß er sich der darinnen geäuserten
Selbstrache beÿ scharfer Ahndung
zu enthalten habe; so wird
demselben solches von Gerichts wegen
hiemit angedeutet, und alles
Ernsts anbefohlen, sich überhaupt
einer geziemenden Schreibart gegen
die Deputation zu bedienen.
Decretum in Deput: acad: Göttingen
den 2.ten Sept. 1763.
|
|
J. S. Pütter[25]
|
|
|
Da ich nun auf mein öfters mündliches
Bitten, mir die Erinnerungen
Ew. Hochgebohrl. Excellences wegen diesem
Koelerischen Schreiben vorzulegen, und
denen Acten beÿ zu fügen, keine Ant=
|
[S. 27]
|
|
|
wort erlangen konnte: So forderte ich selbige
in meiner sub nro: act: 58. liegenden
Vorstellung
vom 13. Xbr. 1763. Und man zeigte
mir nachher an, daß diese Aeuserung
nur in einem beÿ denen Acten liegenden
Rechts-Gutachten enthalten wäre. Eben dieses
gab man mir auch wegen dem mir
widerrechtlich zuerkannten Purgatorio[26]
zu erkennen.
|
|
|
Da nun das gantze Verfahren beÿ
diesen Criminal-Proceß, welches
die mir nunmehr mitgetheilten Acten
zeigen, vom Anfang an, bis zu dem
Ende nicht nach der bekannten Vorschrift
einer unpartheÿischen Justiz-Pflege,
ja nicht einmahl nur der äuserlichen
Form überhaupt nach allhier beÿ der Universität
geführt worden ist: die Depu=
|
[S. 28]
|
|
|
tation aber beÿ allen meinen Beschwerden,
die ich deswegen führte, sich beständig
auf die ihnen von Hannover gegebene
Vorschrift bezog, ohne welche sie
keinen Schritt in dieser Sache gethan
haben will; so sollte man zu glauben
bewegt werden, daß diese Vorschrift
gar sehr von der gedruckten, und mir
nun allzugut bekannten Königl. Criminal-Instruction
abweichen müßte.
|
|
|
Es ist aber ihr Verfaßer der Herr
Hofrath von Bilderbeck[27]
allzu bekannt,
als daß man vermuthen dörfte, dieser
große Rechtsgelehrte hätte die Acten nicht
gäntzlich eingesehen, sondern nur nach
denen Berichten der Deputation, und
vielleicht nach eingelaufenen Privat-Nachrichten
seine Rechts-Gutachten ein=
|
[S. 29]
|
|
|
gerichtet, ohne die Gemüths Beschaffenheiten
und den Ruf, oder auch andere dazu erforderten
Umstände aller in diesem
Proceß vorkommenden Personen dabeÿ
in Betrachtung zu ziehen: oder aber
sich von denen wider mich eingegebenen
verwirrten, duncklen, elenden, zerstückelten,
und gantz gewiß aus einer blosen
Eÿfersucht entsprungenen Anzeigen
des Stallmeisters, nebst andern dazu
gehörigen Dingen, keine deutliche,
und gewiß bestimmte Begriffe gemacht.
Ueber des müßte man zu gleicher
Zeit dabeÿ annehmen, dieser in solchen
wichtigen Untersuchungen so offenbahr,
und längst geübte Mann, hätte
die unzähligen Nullitäten unsers
Prozceßes nicht bemercket, welche die hie=
|
[S. 30]
|
|
|
sige Deputation, vielleicht aus Vorsatz um
ihn zu verderben, oder ihn wenigstens
zu verwirren, begangen hat. Alles dieses
ist unmöglich zu vermuthen; noch viel
weniger zu glauben.
|
|
|
Diese Rechts-Gutachten haben nicht
allein, wie mir nunmehro die Acten zeigen,
den gantzen wider mich geführten
Proceß dirigiret: sondern sie werden
auch ohnfehlbar alle Gründe des Verfahrens
deutlich aus der Natur der
Sachen, und aus ihren Umständen hergeleitet,
und bestimmt haben. So
wird vielleicht darinnen auseinander
gesetzt seÿn: in wie ferne man die
beÿden, für Wuth und Rache tobende beleidigte
Mannspersonen den Stallmeister,
und Koeler, als Denuncianten
|
[S. 31]
|
|
|
wider einen unberufenen, und in der
größten Stille und Einsamkeit lebenden
ehrlichen Mann zulaßen könne. Auch
wie man insbesondere die eigentlich, durch
alle Pasquille beleidigte Hauptperson die
Köchin[28]
des Stallmeisters in ihrer eigenen
Sache, wider mich als Zeugin hat annehmen:
und selbige dennoch bis hieher in
dem Dienste, und in der genauesten Verbindung
mit meinem rasenden Feinde
hat laßen können? Ferner: Warum
man nicht zulaßen darf, daß die so vilerleÿ
von mir der Deputation angegebene
Verbindungen dieser Zeugin
mit meinem Hause untersuchet, und
auseinander gesetzt werden? Endlich:
warum man diesen äuserst wichtigen
Proceß im Grunde gantz und gar nicht
|
[S. 32]
|
|
|
inquisitorisch, sondern nur catechetisch, und
dieses noch dazu unendlich schlecht geführet
habe? Andere wichtige Umstände, welche
die offen liegende Acten zeigen, jetzt
nicht zu gedencken.
|
|
|
Da ich nun überflüßig ausgeführet
habe, daß sich nicht allein
|
|
1.) die mir mitgetheilten Acten selbst
sowohl auf die dringenden Vorstellungen
der beeden Hofräthe Aÿrer
und Michaelis, als auch auf die
Rechts-Gutachten beziehen
|
|
2.) daß in denen Vorstellungen entweder
sehr wichtige Ursachen, oder neue
Beschuldigungen wider mich enthalten
seÿn müßen, die den Proceß haben
verändern können: dere Erkänntniß
man mir aber nicht versagen darf:
|
[S. 33]
|
|
3.) daß durch die Rechts-Gutachten der gantze
Proceß dirigiret worden ist.
|
|
|
So erhellet, daß diese Stücke sämtlich
partes actorum sind, und daher denen Acten
müßen beÿgeleget werden. Ein unpartheÿisches
Judicium, welches die Bosheit,
wo sie auch stecket, entdecken, und
strafen, die Unschuld aber beschützen
will, kann mir die abschriftliche Mittheilung
dieser wichtigsten Actenstücke
nicht versagen.
|
|
|
Ueber dieses haben ja Ew. Hochgebl.
Excellences diese Sache durch die öffentliche
Inquisition vor den Augen aller
hier studirenden fremden Leuten nicht
allein zu einer Sache des Göttingischen
Publici, sondern auch so gar zu einer
Sache für gantz Teutschland, und noch
|
[S. 34]
|
|
|
mehr gemachet. Ja! Höchst dieselben haben
dem Publico, so wie denen beleidigten
Personen die gebürliche Satisfaction öffentlich
versprochen. Da man nun mich
als denjenigen angegriffen hat, der für
diese Absicht sacrificirt[29]
werden sollte:
und da also das Publicum von mir diese
Satisfaction erwartet: so ist es
nothwendig, daß man demselben von
der wahren Beschaffenheit, und dem Zustand
dieser äuserst unglücklichen Sachen
Unterricht gebe; damit es selbst urtheilen
könne, von wem daßelbe die eigentliche
Satisfaction würcklich zu fordern und
zu erwarten habe. Mithin darf auch um dieser
Ursache willen keine einzige wegen
dießes Proceßes entstandene Schrift im
Verborgenen gehalten werden, wofer=
|
[S. 35]
|
|
|
ne das Judicium nicht selbst zu gleicher Zeit
diese zuruckbehaltene Schrift entweder
als verdächtig, oder in dieser Sache als falsch
erklären will.
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|
Ew. Hochgebohrl. Excellences erlauben
gnädigst, die Versicherung hiebeÿ zu fügen,
daß das, was ich in dieser Schrift angeführt
habe, nicht allein der hiesigen berühmtesten
Rechtsgelehrten ihre Gedancken von dieser
Sache sind, sondern daß auch verschiedene
auswärtige große Rechtsverständige, und
geübte Criminalisten, denen ich die Pasquille-Acten
zur Einsicht zu gesendet habe,
ebenso dencken und urtheilen. Ich
werde dieses zu seiner Zeit durch öffentliche
Vorlegung derer darüber gesamelten
Privat-Bedencken überflüßig
beweisen. Denn, Gnädigste Herren!
|
[S. 36]
|
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dieser Proceß, in welchen ich meine, von vielen
rasenden Feinden, angefallene Ehre,
und guten Nahmen zu vertheidigen, gezwungen
bin; dießer Proceß, sage ich,
ist mir so wichtig, daß ich viel lieber mein
Leib, und mein Leben darüber verlieren,
als nachlaßen will, die schwartze Bosheit
diser gottlosen Verschwörung zu entdecken,
und mir eine dieses Verbrechens
gemäße eclatante Satisfaction zu verschaffen.
Meine Feinde müßen in ihre
eigene Grube fallen, die sie für mich gegraben
haben. Es gehet immer so in der
Welt ! Der Bösewicht pflantzet sich selbst
dichte, und dornichte Gebüsche, darinnen er
auf die vorbeÿ wandelnde Unschuld lauert
und beÿ seinen hitzigen Ausfalle reißet
er sich als denn, mittelst seiner eigenen
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Arbeit die Barte, unter vielen geritzten, und
schmertzhaften Wunden, vom Gesichte. Er
erreicht beÿ seinem Unternehmen keine andere
Absicht, als daß er die sichere Unschuld erschröcke,
sich selbst aber dadurch entdecket hat.
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Ew. Hochgebohrnl. Excellences bitte ich unterthänigst,
mir gnädigst zu verzeihen,
wenn ich etwann in dieser Vorstellung
härtere Ausdrücke gebrauchet habe, als es
die Anständigkeit erlauben mögte. Der
Schmertz meines Hertzens ist allzu groß und
allzu lebhaft, auch die mich betroffene
Mishandlung allzu starck, als daß ich ihn verbergen
könnte. Ich versichere heiligst,
daß ich niemahls den geringsten Gedancken
hege, Anzügligkeiten gegen das Judicium
aus zu stoßen. GOTT weiß es ! daß
ich alle mögliche Hochachtung, und Ehrfurcht
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gegen daßelbe in meinen Hertzen trage.
Es thut aber dem Gemüthe sehr wehe, wenn
man sich einem Gerichte unterwerfen
muß, das mit solchen Personen besetzet
ist, deren Persönliche Verbindungen mit
dem Gegentheil nicht kann geläugnet
werden: und wenn man dem ohngeachtet
gebunden seÿn soll, ohne sich Anzüglichkeiten
gegen das Judicium vorwerfen zu laßen,
die persönliche Eigenschaften derselben zu verschweigen:
und ihre Handlungen, die, wenn sie
offenbahr ungerecht, und partheÿisch sind,
als gerechte Handlungen zu erkennen!
Ew. Hochgebohl. Excellences wißen leider
selbst, daß es viele ungerechte, und viele
bestochene Richter in der Welt giebt. Wann
man diese gehäßigen Laster an solchen
Richtern tadelt, macht man denn damit auch
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zu gleicher Zeit dem Gerichte selbst Vorwürfe?
Das wird gewißlich niemand behaupten.
Auf diese Art würden die Obern niemahls
etwas gesetzwidriges von ungerechten
Richtern erfahren können, wenn man
es als Beleidigungen des Gerichts annehmen
und bestrafen wollte, so oft jemand saget:
ein ungerechter Richter ist ein ungerechter
Richter. Meinerseits wird es an unumstößlichen
Beweisen über das, worüber
wenigstens ich mich beschweret habe, und
noch beschweren werde, gantz und gar nicht
fehlen.
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Ich nehme mir nun die Freÿheit, Ew.
Hochgebohrl. Excellences unterthänigst anzuflehen
um der Gerechtigkeit willen:
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1.) |
Nicht allein die dringenden Vorstellungen
derer Hofräthe Aÿrer und
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Michaelis denen Acten beÿzulegen,
und mir dieselben abschriftlich mit
zu theilen: sondern auch
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2.) |
die abschriftliche Mittheilung der
Rechts-Gutachten mir zu meiner
Defension nicht länger zu
versagen: und
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3.) |
meine sämtlichen, an Ew. Hochgebohrl.
Excellences der Pasquillensache wegen
abgelaßene Vorstellungen,
insbesondere aber die gegenwärtige,
beÿfügen zu laßen, damit
die zuküftigen
Urthels[30]-Verfasser
sehen können, was ich an diesen
Umständen für Schritte gethan;
und was ich meiner Ehre wegen
dabeÿ aufgeopfert habe.
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Dann in meiner Defension muß ich
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mich auf diese letztern Schriften beziehen.
Ew. Hochgebohrl. Excellencen dörfen nicht glauben,
daß ich jemals Abschriften von meinen Vorstellungen
für mich verlanget habe.
Das ist ein gewönlicher Fehler der
Deputation, welche die Acten mit so
weniger Aufmecksamkeit lieset, daß
sie dieser Ursach willen falsche Berichte
machen, und dadurch Decrete veranlaßen
muß, die der Sache offenbar widersprechen.
Die gegenwärtigen Schand-Acten
sind voll von solchen Dingen. Wer
wird wohl in der Welt seÿn, der solche Vorstellungen
an höhere Orte machet, wie
die sind, die ich übergeben habe, ohne Abschriften
davon zuruck zu behalten? Ich
kann versichern, daß nunmehro alle diese
Vorstellungen aus meinen eigenen Concepten
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schon zum fünften Male abgeschrieben sind.
Unter sehnlichster Erwartung einer
baldigen, und gnädigsten Erhörung meiner
unterthänigsten Bitten und Flehen
verharret in tiefster Submißion
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Königl: Großbrittanl. zur Churfürstl. Lan
des Regierung Höchst verordnete Herren
Geheime Räthe
Hochgebohrne Herren,
gnädigste, und höchst gebietehnde
Herren
Ew: Hochgeborhnen Excellences
Göttingen am
30. April 1764.
unterthänigster Knecht
Georg Moritz Lowitz
Beilage A: Gedächtnisprotokoll
von Lowitz der Deputationssitzung vom 30.01.1764.
Beilage B: Protokoll
der Deputationssitzung vom 30.01.1764 von Riccius.
Fußnoten
- ↑ Heinrich Eberhard Balck (1705-1769)
war geheimer Kanzleisekretär in Hannover.
- ↑ Reskript der Landesregierung vom 19.01.1764,
mit dem Lowitz die Einsicht in die dringenden Vorstellunge von Ayrer und Michaelis
sowie in die Rechtsgutachten "abgeschlagen" wurde.
Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, Scan 344-345
- ↑ Christian Gottlieb
Riccius (1697-1784)
war seit 1747 Universitäts-Secretär und seit 1753 ordentlicher Professor
der Rechtswissenschaften in Göttingen.
- ↑ Georg Heinrich
Ayrer
(1702-1774) war seit 1736 Juraprofessor in Göttingen, 1743 ernannte man ihn zum Hofrat.
- ↑ Johann David
Michaelis (1717-1791)
war Theologe und Orientalist an der Universität Göttingen. U.a. er
entwarf für die dortige Akademie der Wissenschaften die Satzung
und war einige Zeit Sekretär, dann Direktor dieser Einrichtung.
- ↑ Suspicionen: Verdächtigungen.
- ↑ dissidium: Unruhe, Streitigkeit.
- ↑ Nachrichter ist ein damals gebräuchlicher
Begriff für den Scharfrichter.
- ↑ Protokoll vom 18.06.1763, als das Reskript der Landesregierung
vorgelesen wurde, wonach der Pasquillenprozess einzustellen ist. Universitätsarchiv
Göttingen: D-23-9-2, Scan 119.
- ↑ Protokoll vom 23.06.1763, wonach
der Pasquillenprozess fortzusetzen ist. Universitätsarchiv
Göttingen: D-23-9-2, Scan 122-123.
- ↑ suppeditiren: unterschieben, verschaffen.
- ↑ Johann Heinrich Ayrer (1732-1817) war seit 1760
Stallmeister in Göttingen, wobei er den Rang eines ausserordentlichen Professors hatte. Vgl.:
Wähner, Andreas Georg:
Tagebuch
aus dem Siebenjährigen Krieg. Bearbeitet von Sigrid Dahmen.
(= Quellen zur Geschichte der Stadt Göttingen, Band 2). Göttingen: Universitätsverlag 2012,
S. 162, Fußnote 1075.
- ↑ Dieses Schreiben des Stallmeisters an den Prorektor
datiert vom 29. April 1763, nicht vom 9. April. Universitätsarchiv Göttingen:
D-23-9-2, Scan 34.
- ↑ Christian Friedrich Georg
Meister (1718-1782)
war seit 1753 ordentlicher Professor der Rechtswissenschaften in Göttingen.
- ↑ Protokoll vom 28.09.1763. Hier bestätigte
Lowitz, dass zwei ihm vorgelegte Briefe an die Beckerin von ihm stammten.
Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, Scan 266.
- ↑ Reskript der Landesregierung vom 28.05.1763,
Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, Scan 89-90.
- ↑ ex officio: von Amts wegen.
- ↑ Zitation der Professoren Selchow und Lowitz,
Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, Scan 94.
- ↑ Protokoll der Deputationssitzung vom 07.06.1763,
Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, Scan 99-103.
- ↑ Protokoll der Deputationssitzung vom 18.06.1763,
Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, Scan 119.
- ↑ Protokoll der Deputationssitzung vom 07.06.1763
über das Verhör von Lowitz,
Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, Scan 95-96.
- ↑ Johann Tobias
Köhler (1720-1768)
war Professor für Philosophie in Göttingen.
- ↑ Der Jurist Johann Heinrich Christian von
Selchow (1732-1795)
war seit 1757 außerordentlicher Professor der Rechte, 1762 dann ordentlicher
Professor in Göttingen.
- ↑ Dekret an Köhler vom 03.09.1763,
Universitätsarchiv Göttingen: D-23-9-2, Scan 177.
- ↑ Johann Stephan
Pütter (1725-1807)
war seit 1753 ordentlicher Professor der Rechtswissenschaften
an der Universität Göttingen. Vom 04.07.1763 bis zum 03.01.1764
war er Prorektor.
- ↑ gemeint ist hier ein Reinigungseid,
den man ablegt, um damit zu zeigen, dass man mit der angegeben Sache
nichts zu tun hat.
- ↑ Rudolf Christoph von Bilderbeck (1714-1786) wurde 1780 Kanzleidirektor
in Hannover, 1783 wechselte er in gleicher Stellung nach Celle.
- ↑ Maria Elisabeth Becker war seit 1762 beim Stallmeister
Ayrer als Köchin angestellt. Vgl.:
Wagener, Silke: Pedelle, Mägde und Lakaien: Das Dienstpersonal an der
Georg-August-Universität Göttingen 1737-1866
(= Göttinger Universitätsschriften: Serie A, Schriften; Bd. 17 ).
Göttingen: Univ., Diss. 1994, S. 472.
- ↑ sacrificirt: geopfert.
- ↑ Urthel: altertümlich für Urteil.