Johann Christoph Stürmer von Unternesselbach
Transkription: Dr. Johannes Willers
Anmerkungen: Dr. Hans Gaab
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Beschreibung der auf Kosten und / Angabe des berühmten Astronomus /
Eimmart, von J.C. Landeck verfertigten astronomischen Uhr
Nürnberg, Mens. Januari & Februarius Ao 1809.
Stadtbibliothek Nürnberg: Nor. H 1405

Historische Nachricht von der Kunstuhr Eimmarts

Die große astronomische Uhr, welche der seel. Eimmart auf seine Angabe und auf seine Kosten, von dem künstlichen Johann Carl Landeck machen ließ, verdienet allerdings genau beschrieben zu werden, da sie einem so großen Astronomen zu seiner Zeitbestimmung diente, und noch ein Rest unserer vormaligen von Eimmart 1698[1] errichteten, von Lobitz 1751 aber abgebrochenen Sternwarte ist.

Es war zwar auf diesem Observatorio noch eine andere, aber von Zacharias Landeck verfertigte, vom seel. L. Chr. Rost in seinem astronomischen Handbuch 3te Th[eil] C.[apitel] 5. § 19 u. 30 beschriebene Uhr, allein diese war nur eine gewöhnliche Secunden Pendeluhr,[2] die dermalen zu beschreibende von Johann Carl Landeck aber, lößt auch zugleich verschiedene astronomische Aufgaben.

Beyde Uhren wurden nach abgebrochener Sternwarte, einem jedesmaligen Professor der Mathematik und Physic am hiesigen Auditorio Aegidiano zum Gebrauch und zur Aufbewahrung übergeben.

Nach Lobitz Abgang[3] von hier bleiben sie lange im Vormund=Amt verwahret. Nachdem aber endlich 1763 mit dem seel. Löhe diese Stelle wiederbesetzt wurde, so erhielt sie dieser. Nach dessen Tod bekam sie der gleichfalls verstorbene Dr. von Kordenbusch, und nach dessen Ableben, kamen sie auf mich, dem Verfasser gegenwärtiger Beschreibung; und nun sind sie mir zur Belohnung der 5 Jahre unentgeldl. versehenen Professorsstelle abgefordert; auch übergab ich sie d. 31. Januar (d. J.) an das neue Studien-Rectorat, dem Rector und P. Hegel,[4] wo sie jetzt im Staub ihrer weiteren Bestimmung entgegen sehen, u. nachher wurde daselbst die Pendeluhr gestohlen.


Glaser 1691

Was das Alter der astronomischen Uhr anbelangt, so mag sie wohl nicht früher als 1694 und nicht später als 1704 gemacht worden seyn; denn wäre sie früher vorhanden gewesen, so hätte sie M. Glaser in seiner Epistola eucharistica ad Knorrium[5] welche vom 23. Dec. 1693[6] unterzeichnet ist dieser Uhr gewiß gedacht. Es spricht zwar Glaser auf der 4ten S. von einer auf dem Observatorio befindlichen Uhr, wenn er schreibt:

Automaton, vita quasi Uraniae huius seorsum in pergula, huic loco proxima, Camerae obscurae vice alias fungente, spectatur, minute prima & semisecunda horarum indicans; perpetim, praeter quod triduo pondus elevetur, mobile.[7]

Allein unsere Uhr giebt 1. die Tertien von 15 zu 15 an,[8] 2. gehet sie nach meiner Erfahrung in einer Höhe von 5 Nbg. F: nicht länger als 10 Stunden, folglich hatte sie 22-23 Fuß hoch stehen müßen, um das Aufziehen nur alle 3 Tage nöthig gehabt zu haben, und in einer solchen Höhe wäre sie zum astronomischen Gebrauch nicht bequem gewesen.

Später als 1704 kan sie aber auch nicht gemacht worden seyn, denn bekanntlich starb Eimmart d. 5. Jan. 1705.[9]

Überhaupts finden wir sehr wenig Nachricht von dieser Uhr, in den Schriften hiesiger Gelehrten, nur Doppelmayer in seinen historischen Nachrichten von den Nbgschen Mathem. u. Künstl. gedenkt ihrer p. 124 not. cc, wo er versichert, daß dieses Kunstwerck auf Kosten und Angabe Eimmarts, von J. Landeck gemacht worden.

Neuerdings redet auch davon unser gelehrter Chr. v. Murr in seinen Merckwürdigkeiten von Nürnberg (Nbg. 1801) p. 331, wo derselbe angiebt, daß dieselbe 300 fl. gekostet hat. Eine Pendul Uhr wie sie daselbst genennt wird, ist sie aber nicht, denn sie hat nur einen kurzen kaum 1 Sch[uh] großen Pendel wie jede große Stockuhr, auch hat sie nichtmal eine Linse, sondern nur einen Bogen von Eisen, nach folgender Figur, und kann dieser um die Uhr schneller oder langsamer in Gang zu bringen nicht geschoben werden.

Dies wäre die historische Nachricht von dieser Uhr; nun soll die genauere Beschreibung folgen, und zwar


Fussnoten

  1. Eimmart gründete seine Sternwarte im Herbst 1678, nicht erst 1698. Dies ist ein offensichtlicher Flüchtigkeitsfehler von Stürmer, da er weiter unten die von 1691 stammende Abbildung der Geräte der Sternwarte anspricht.
  2. Anmerkung von Stürmer am rechten Rand: "Diese Pendeluhr wurde im Haus des Rect. S. P. Hegels der sie aufbewahren sollte im Novbr. 1809 gestohlen. Der Diebstahl wurde aber erst den 27. Merz 1810 entdeckt".
  3. Lowitz wechselte 1755 auf eine Professorenstelle nach Göttingen.
  4. Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) war von 1808 bis 1816 Direktor des Egidien-Gymnasiums.
  5. Martin Knorre (1657-1699) hat u.a. bei Sturm in Altdorf studiert. Ab 1689 war er Professor für niedere Mathematik in Wittenberg.
  6. Glasers Epistola stammt von 1691, nicht von 1693. Vgl. die letzte Seite dieses Briefes.
  7. Die Kunstuhr, gleichsam das Herzstück dieser Sternwarte, kann, wie die Camera obscura und andere beweglich Geräte, abseits im nahe dieses Ortes gelegenen Vorbau besichtigt werden. Sie zeigt die Minuten und halben Sekunden an. Durch das Gewicht aufgezogen, läuft sie kontinuierlich drei Tage lang. Vgl. Glaser 1691, Bl. )(3r.
    Glaser bezieht sich bei seinem Text wahrscheinlich nicht auf Eimmarts Kunstuhr, sondern auf die auf der Sternwarte verwendete Pendeluhr. 1724 schickt Johann Heinrich Müller (1671-1731) eine Auflistung der Geräte Eimmarts an Josef-Nicolas Delisle (1688-1768). Darin unterscheidet er zwischen dem "Automaton, minuta prima et semisecunda horaria indicans" und dem "Horologium Astronomico-geographicum".
  8. Die heute nicht mehr gebräuchliche Einheit Tertie gibt den sechzigsten Teil einer Winkelsekunde an. 15 Tertien sind somit eine Viertelsekunde.
  9. Stürmers Argumentation ist wenig überzeugend: Dass sie nur noch zehn Stunden statt drei Tage läuft ist nach mehr als 100 Jahren nicht unwahrscheinlich. Bleibt nur, dass die Uhr auf Viertelsekunden genau eingerichtet ist, nicht auf halbe Sekunden genau, eine Angabe, die aber leicht von Glaser übersehen werden konnte. Die Uhr, die im Häuschen über dem Aufgang zur Vestnertorbastei auf Glasers Abbildung zu sehen ist, hat große Ähnlichkeit mit Eimmarts Kunstuhr, auch wenn darauf nur zwei der vier Scheiben zu sehen sind. Dass Eimmart zwei verschiedene dieser Uhren anfertigen ließ, ist unwahrscheinlich. Somit ist die Uhr auf vor Oktober 1691 zu datieren. 1690 verkaufte Eimmart sein Planetarium für 300 Gulden an zwei Nürnberger Kaufleute. Möglicherweise hat er dieses Geld in die Uhr investiert, die dann auf 1690/91 zu datieren wäre.